Brockmann Suzanne
Interessantes wie etwa Ski fahren. Die Person hat Angst vor ihrem eigenen Schatten.‘“
Ohne ihn anzusehen, drehte sie sich um und ging zur Tür hinaus.
Und dann hielt sie inne. Es schneite immer noch. Der Himmel war inzwischen dunkel, und die Schneeflocken tanzten durch die Luft und glitzerten im Licht der Laterne, die den kleinen Gartenpfad erleuchtete.
Nell hob das Gesicht und sah den unzähligen zarten Flocken entgegen, die um sie herum zu Boden fielen.
„Das ist wunderschön“, flüsterte sie. Wenn es etwas gab, das sie in diesen letzten schlimmen Wochen gelernt hatte, dann war es, dass man sich die Zeit nehmen musste, um die Schönheit der Welt um sich herum zu genießen.
„Es ist schon eine Weile her, seit ich Schnee gesehen habe.“
Als sie sich umdrehte, stand Crash hinter ihr. Er hatte tatsächlich eine persönliche Bemerkung gemacht, ohne dass sie ihn dazu genötigt hatte. Und er ließ es nicht einmal dabei bewenden.
„Nur weil Sie vorsichtig sind, heißt das übrigens nicht, dass Sie ein Feigling sind“, bemerkte er. Nell betrachtete nachdenklich den kleinen Berg, der sich hinter dem Stall erhob. Er war von einer ebenmäßigen Schneedecke überzogen, unberührt und einladend.
„Früher bin ich gerne draußen herumgetobt und habe alles Mögliche gemacht, vor dem ich jetzt Angst habe“, stimmte sie ihm zu. „Als ich jünger war, hätte mich bei dem Anblick dieses Schneehügels nichts und niemand halten können. Ich wäre sofort losgerannt und hätte meinen Schlitten geholt.“ Sie drehte sich um und sah Crash direkt an. „Aber heutzutage tritt mir schon beim Gedanken an so etwas wie Ski fahren der Angstschweiß auf die Stirn. Wann bin ich nur zu so einem Hasenfuß geworden?“
„Nicht alle Menschen werden eben zum Abenteurer geboren.“
„Ja, aber genau da liegt das Problem. Ein Teil von mir – der Teil, der enttäuscht ist, dass ich heute nicht mit Daisy und Jake Skilaufen gegangen bin – will unbedingt Abenteuer erleben und hat diesbezüglich ganz unglaubliche Fantasien …“
Eine seiner Augenbrauen schoss ein paar Millimeter in die Höhe, und Nell beeilte sich zu erklären, was sie meinte.
„Fantasien wie zum Beispiel Motorradfahren. Ich habe schon immer von einer Harley geträumt. Ich würde gerne mal zu einem wichtigen Termin auf einer dicken Maschine angefahren kommen. In einer schwarzen Lederjacke mit langen Fransen und einem dieser Helme, durch deren Visier du nicht durchsehen kannst. Ich habe diese sehr lebhafte Vorstellung davon, wie ich den Helm abnehme und mein Haar ausschüttele, bevor ich den Aktenordner vom Rücksitz schnalle und …“ Sie schüttelte den Kopf. „Stattdessen fahre ich einen Kombi und traue mich nicht einmal, Skilaufen zu gehen. Und Sie stehen hier draußen ohne Jacke“, unterbrach sie sich selbst. „Wir sollten hineingehen und Pizza bestellen.“
„Mit extra Käse, Salami, Paprika und Zwiebeln“, orderte Crash. „Es sei denn, Sie mögen keine Salami, Paprika oder Zwiebeln. Dann dürfen Sie den Belag bestimmen. Telefonieren Sie am besten gleich vom Stall aus, während ich meine Jacke hole. Ich treffe Sie dann an der Garage.“
An der Garage? „Wollen Sie die Pizza selbst abholen?“
„Nein, lassen Sie sie liefern.“
„Aber …“
Crash hatte sich bereits lautlos umgewandt und verschwand in Richtung des Haupthauses.
„Warum an der Garage?“, rief sie ihm noch nach, aber er schien schon außer Hörweite zu sein.
Jedenfalls antwortete er ihr nicht. Nicht, dass sie das wirklich erwartet hatte.
Nell traute ihren Augen nicht, als sie Crash mit dem Schlitten vor sich stehen sah. Er hatte ihn wohl aus der Garage ausgegraben.
„Oh nein!“, stöhnte sie lachend. „Nein, so war das aber nicht gemeint …“
Um sie herum fielen immer noch einige Schneeflocken zu Boden. Es war ein perfekter Abend zum Schlittenfahren.
„Der Schnee soll sich noch heute Nacht in Regen verwandeln“, sagte Crash. „Das heißt, bis morgen ist wahrscheinlich alles geschmolzen.“
„Also jetzt oder nie, richtig?“
Crash antwortete nicht. Er sah sie nur an. Der knallrote Schal, den sie trug, unterstrich ihren zarten Teint, und in ihrem honigblonden Haar glitzerten Schneeflocken. An jemand anderem hätte die Mischung aus blasser Haut und mittelblondem Haar vielleicht eintönig gewirkt, doch ihre blauen Augen waren so blau und so warm, und ihr Lächeln war so atemberaubend …
Crash fand sie unglaublich schön. Und ihm war klar, dass sein Plan, mit ihr
Weitere Kostenlose Bücher