Brockmann Suzanne
nicht mitkommen musste, wenn ich nicht wollte, aber …“ Er räusperte sich. „… aber dass Jake und sie sich sehr freuen würden, wenn ich den Sommer bei ihnen verbringen würde.“
Nell konnte sein Herz laut schlagen hören, als er einen Moment lang schwieg.
„Ich denke, ich habe ihr das nicht wirklich geglaubt. Jedenfalls bin ich nicht zu meiner Hütte gelaufen und habe gepackt, während sie ins Büro ging. Ich bin auf der Veranda vor dem Büro stehen geblieben und habe gehört, wie sie mit dem Lagerleiter gesprochen hat. Der weigerte sich, mich ohne die Einwilligung meines Vaters gehen zu lassen. Daisy rief meinen Vater noch aus seinem Büro aus an. Er war in Paris, aber sie konnte ihn nicht erreichen. Er steckte mitten in einer Verhandlung und nahm erst nach dem Wochenende wieder Anrufe entgegen. Niemand wagte es, seine Weisungen zu missachten. Er konnte ziemlich Furcht einflößend sein. Also kam Daisy raus, umarmte mich erneut und sagte, dass sie am nächsten Tag nach dem Abendessen wiederkommen würde. Sie sagte: ‚Wenn ich zurückkomme, hast du gepackt und bist reisefertig. Okay?‘“
Er schwieg wieder für einen kurzen Moment. „Ich erinnere mich noch, wie enttäuscht ich war, als sie das Camp ohne mich verließ. Es war ein ganz merkwürdiges Gefühl, enttäuscht zu werden, weil ich so lange davor gar keine Erwartungen und Hoffnungen gehabt hatte. Aber in dieser Nacht habe ich tatsächlich meine Sachen gepackt. Ich fühlte mich total albern dabei, weil ich nicht wirklich daran glauben konnte, dass sie wiederkommen würde. Aber irgendwas hat mich dazu gebracht, es trotzdem zu tun. Ich muss wohl doch noch ein Fünkchen Hoffnung übrig gehabt haben, obwohl das meiste mir bis dahin bereits ausgetrieben worden war. Ich wünschte mir so sehr, dass sie kommen und mich abholen würde, dass ich kaum atmen konnte.“
Der Regen war stärker geworden, doch Nell hatte Angst, sich zu bewegen, wagte es selbst beinahe nicht zu atmen, um den intimen Moment zwischen ihnen nicht zu stören und ihn zum Schweigen zu bringen.
Doch als er eine Weile nicht weiterredete, hob sie ihren Kopf und sah ihn an. „Konnte sie deinen Vater denn erreichen?“
„Sie konnte niemanden dazu bringen, seine Besprechungen zu unterbrechen. Da ist sie selbst nach Paris geflogen.“ Crash lachte leise, und sein Mund verbog sich zu einem Beinahelächeln. „Sie ist einfach in eines seiner Verhandlungsgespräche hineinmarschiert, hat ihm einen Brief zum Unterzeichnen unter die Nase gehalten und mich aus dem Lager geholt. Ich habe das irgendwann mal durchgerechnet und festgestellt, dass sie ohne Unterbrechung auf den Beinen gewesen sein muss – von dem Zeitpunkt an, als sie das Lager verließ, bis sie mich tatsächlich abholte.“ Er atmete tief durch. „Es war vollkommen unbegreiflich für mich, dass mich jemand so unbedingt bei sich haben wollte, dass er so etwas auf sich nahm“, fuhr er dann leise fort. „Und Daisy wollte mich wirklich bei sich haben. Alle beide – Jake und sie – gaben mir immer das Gefühl, mehr als erwünscht zu sein. Wenn ich an all die Zeit denke, die Jake mit mir in diesem Sommer verbracht hat, bin ich heute noch verwundert. Sie haben sich wirklich gefreut, dass ich da war. Ich war keine Last für sie.“
Nell konnte die Tränen, die ihr in die Augen schossen, nicht länger zurückhalten. Sie vermischten sich auf ihren Wangen mit dem Schneeregen.
Crash strich ihr sanft über die Wange. „Hey! Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen.“
Sie machte sich sanft von ihm los und wischte sich das Gesicht mit ihren Handrücken ab. „Ich weine gar nicht“, schluchzte sie. „Ich weine nie. Ich bin keine Heulsuse, das schwöre ich. Ich bin nur … ich bin nur so froh, dass du mir das erzählt hast.“
„Ich würde alles für Daisy und Jake tun. Alles!“, bekräftigte Crash. „Aber ihr beim Sterben zuzusehen, ist schon schwer genug. Wenn ich ihr helfen muss …“ Er schüttelte seinen Kopf. „Es regnet. Und unsere Pizza wird gerade geliefert.“
So war es. Der Lieferservice kam gerade die Auffahrt hochgefahren.
Nell erhob sich und folgte Crash zum Hauptgebäude. Während er die Pizza bezahlte, räumte sie den Schlitten zurück in die Garage.
Leider war ihr der Appetit vergangen.
„ Was machen wir heute?“
„Wir bekommen Unterricht im Stepptanz“, sagte Daisy und nippte an ihrem Orangensaft.
Nell sah auf. Der Ausdruck auf Crashs Gesicht war beinahe ebenso köstlich wie der auf Jakes.
„Ich
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