Brockmann Suzanne
Gewächshaus.“
„Ich will dir ja den Glauben an die Fähigkeiten deiner Mutter nicht nehmen, Burns, aber das liegt wahrscheinlich eher an der Sauerstoffzufuhr als an etwas anderem.“
„Ja, ja“, scherzte Nell. „Dann glaubst du das eben.“ Es war ein grauer Morgen, und sie schaltete das Deckenlicht ein.
Unter einer der Tannen, die Crash und Nell dekoriert hatten, standen vier Schuhkartons ordentlich aufeinandergestapelt.
Die Steppschuhe. Zwei Paar Männerschuhe und zwei Paar Damenschuhe. Sie waren alle aus schwarzem Leder, und die Frauenpaare hatten kräftige Absätze.
Irgendwoher kannte Daisy Nells Schuhgröße. Sie setzte sich auf den Boden und zog ihre Stiefel aus. „Es ist schon ein Weilchen her, dass ich gesteppt habe“, sagte sie und sah zu Crash auf, während sie die Tanzschuhe anzog. „Ich habe es auf der Highschool gelernt. Ich wollte gern Schauspielerin werden. Du weißt schon – ich war bei allen Schulaufführungen dabei, aber nie gut genug, um eine Hauptrolle zu kriegen. Ich konnte ganz gut tanzen, aber eben nicht gut genug, um später an einer Schauspielschule angenommen zu werden. Zumindest nicht an einer, auf die ich auch gehen wollte.“
Sie stand auf. Es war typisch Daisy, dass sie hochwertige Schuhe gekauft hatte. Sie saßen wie angegossen.
Nell erhaschte einen Blick auf sich selbst in der Spiegelwand. Sie kam sich seltsam vor in Jeans, Pullover und Tanzschuhen. Und noch seltsamer kam sie sich vor, weil Crash an der Wand gegenüber lehnte und sie mit verschränkten Armen erwartungsvoll ansah. Sie wusste, er würde sie nicht auslachen – wenigstens nicht laut.
Sie sah ihn über ihre Schulter hinweg an. „Du weißt schon, dass du das hier eigentlich nicht von mir verlangen dürftest. Wir sind Freunde“, sagte sie. „Du solltest mir glauben und darauf vertrauen, dass ich dir die Wahrheit gesagt habe.“
Er nickte. „In Ordnung: Ich glaube dir. Und jetzt tanz schon.“
„Nein, was du eigentlich sagen solltest, ist, dass du mir vertraust und dass du deshalb gar nicht sehen musst, wie ich tanze.“
„Aber ich will dich tanzen sehen.“
„Okay, aber ich warne dich: Es ist Jahre her, und selbst als ich Unterricht hatte, war ich nie sehr gut.“
Crash drehte sich zum Fenster. „Was war das?“
„Was?“
Er richtete sich auf und trat einen Schritt von der Wand weg. „Eine Sirene.“
„Ich höre nichts …“ Doch dann hörte sie sie auch. Sie kam immer näher.
Nell spurtete zur Tür, doch Crash war noch schneller als sie. Er riss sie auf und rannte los. Ihre Steppschuhe klapperten auf dem Schotter, als sie ihm folgte. Irgendjemand hatte die Küchentür abgeschlossen, und sie rannten ums Haus herum zur Vordertür. Als sie dort ankamen, hielt der Krankenwagen gerade direkt vor dem Haus.
Himmel, was war nur passiert? Es war doch noch keine fünfzehn Minuten her, dass sie Daisy und Jake in der Küche zurückgelassen hatten.
„Jake!“ Crash stürmte ins Haus.
„Im Atelier“, rief der Admiral zurück.
Nell hielt die Tür für die Sanitäter auf. „Am Ende des Korridors auf der linken Seite“, gab sie ihnen Richtungsanweisungen und trat dann zur Seite, um sie vorzulassen. Sie beeilten sich, und Nell lief hinterher.
Bitte, lieber Gott … Nell blieb in der Tür zum Atelier stehen und sah zu, wie die drei Sanitäter sich über Daisy beugten.
Sie lag auf dem Boden, als sei sie hingefallen. Jake kniete neben ihr, und Crash hockte auf ihrer anderen Seite. Nell hielt sich im Hintergrund, da ihr auf einmal bewusst wurde, dass sie nicht zur Familie gehörte.
„Sie ist ohnmächtig geworden“, erklärte Jake den Sanitätern. „Es ist schon mal vorgekommen, aber so noch nie. Dieses Mal konnte ich sie kaum aus der Bewusstlosigkeit zurückholen.“ Seine Stimme klang brüchig. „Ich dachte schon …“
„Mir geht es gut“, hörte Nell Daisy flüstern. „Alles in Ordnung, Baby. Ich bin noch hier.“
Nell zitterte. Sie hatte ihre Arme fest um ihren Oberkörper geschlungen. Sie wusste, was Jake befürchtet hatte. Jake hatte Angst gehabt, Daisy sei ins Koma gefallen. Oder schlimmer.
Die Ärzte diskutierten heftig mit Daisy und Jake. Sie wollten Daisy mit ins Krankenhaus nehmen, um ein paar Untersuchungen durchzuführen.
„Nell.“
Sie hob den Blick und sah, dass Crashs Augen auf sie gerichtet waren. Er war aufgestanden und streckte ihr eine Hand entgegen – eine wortlose Einladung, sich zu ihm zu gesellen.
Sie akzeptierte sowohl seine Einladung als auch seine Hand
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