Brockmann Suzanne
kaum erwarten, den Himmel wiederzusehen.
Und vor allem konnte er es kaum erwarten, den Mann zu finden, der Jake umgebracht hatte. Er würde ihn direkt in die Hölle schicken.
Nur noch ein paar Minuten, dann war er endlich frei.
Als das Gericht zu tagen begann, schaltete Crash ab. Er ließ das Prozedere über sich ergehen, ohne dass er irgendetwas davon mitbekam. Die Stimmen der Anwälte nahm er nur als leises Grummeln im Hintergrund wahr. Doch die ganze Zeit über fühlte er, wie die Blicke seiner ehemaligen Kameraden heiß auf seinem Rücken brannten. Auch Blues Aufmerksamkeit war ununterbrochen auf ihn gerichtet, das spürte er.
Und wenn er seine Augen schloss und ganz tief einatmete, konnte er sogar Nells Parfum riechen.
Als Crash von zwei Wächtern aus dem Saal geführt wurde, betete Nell, dass er den Kopf drehen und ihre Anwesenheit irgendwie zur Kenntnis nehmen würde.
Sie erwartete kein Lächeln. Noch nicht einmal ein Nicken. Alles, was sie sich erhoffte, war, dass er ihr für einen kurzen Moment in die Augen sah.
Um aus der grauen Menschenmenge in farblosen Wintermänteln irgendwie herauszustechen, hatte sie extra einen roten Rollkragenpullover angezogen. Sie wusste , dass er sie gesehen hatte. Er hatte genau in ihre Richtung geguckt, als er den Gerichtssaal vorhin betreten hatte – nur hatte er ihren Blick nicht erwidert.
Und jetzt verließ er den Saal, ohne auch nur in ihre Richtung zu sehen. Sein Verhalten schien seine Worte von vor drei Tagen zu unterstreichen. Geh weg.
Aber Nell konnte einfach nicht.
Und sie würde auch nicht.
Sie stand auf und zwängte sich an den Knien derjenigen vorbei, die noch sitzen blieben, um Crashs Kautionsanhörung mitzuerleben. Dieses Ereignis war vom Richter gerade auf heute Nachmittag verschoben worden.
Es würde vorbei sein, bevor es überhaupt angefangen hatte. Crashs Anwalt würde Kaution beantragen – immerhin hatte sein Mandant auf „nicht schuldig“ plädiert.
Aber dann würde der Richter einen Blick auf Crash werfen, wie er, einem Monster gleich, gefesselt vor ihm saß. Und dann würde er feststellen, dass ein ehemaliger SEAL mit Leichtigkeit das Land verlassen und irgendwo untertauchen könnte. Und dann würde er den Antrag ablehnen.
Nell hängte sich ihre Handtasche über die Schulter und trat, mit ihrer Lederjacke unter den Arm geklemmt, hinaus auf den Korridor des Gerichtsgebäudes.
Crashs Anwalt, Captain Phil Franklin, ein großer schwarzer Mann in einer Uniform, die über und über mit Orden behängt war, musste hier irgendwo sein. Und sie war entschlossen, mit ihm zu sprechen.
Sie sah gerade noch, wie der Captain in den Aufzug stieg.
Weil zu viele Menschen darauf warteten, nach oben oder unten zu fahren, konnte Nell nur noch beobachten, wohin der Lift fuhr.
Er fuhr nach unten, genau vier Stockwerke, in den Keller. Sie wusste, dass es dort unten eine Cafeteria gab. Mit etwas Glück würde sie Captain Franklin dort antreffen.
Nell öffnete die Tür zum Treppenhaus und wurde beinahe von einem Mann umgerannt. Er kam die Treppe hinuntergestürmt, hatte zwei oder drei Stufen gleichzeitig genommen und konnte nicht mehr rechtzeitig anhalten.
Er erkannte sie im gleichen Moment wie sie ihn. Und er schien vor Schreck beinahe zu erstarren.
Als sie aufblickte, sah sie direkt in Crashs stahlblaue Augen. Er war alleine. Keine Wächter weit und breit. Und auch keine Hand- und Fußfesseln mehr.
Sie wusste sofort, was passiert war: Er war geflohen. Sie streckte ihm ihre Jacke entgegen. „Nimm!“, sagte sie. „Meine Autoschlüssel sind in der Tasche.“
Er rührte sich nicht.
„Lauf!“, befahl sie ihm. „Nimm schon und lauf !“
„Das geht nicht“, sagte er, endlich aus seiner Starre erwachend. Er trat erst einen Schritt zurück, dann einen zweiten. „Ich werde nicht zulassen, dass sie dich einsperren, weil du mir geholfen hast.“
„Ich sage einfach, dass du dir meine Jacke geschnappt und davongelaufen bist.“
Seine Mundwinkel zuckten. „Genau! Als ob sie das glauben werden, bei unserer Vergangenheit.“
„Wie sollen sie denn davon erfahren? Ich habe nie jemandem von dieser Nacht erzählt.“
Irgendetwas flackerte in seinen Augen auf. „Ich spreche von unserer Freundschaft“, erwiderte er ganz leise. „Davon, dass wir einen ganzen Monat lang im selben Haus gelebt haben.“
Nell spürte, wie sie errötete. „Ja, sicher.“
Crash schüttelte seinen Kopf. „Du musst dich von mir fernhalten! Du wirst jetzt dieses Gerichtsgebäude
Weitere Kostenlose Bücher