Brockmann Suzanne
verlassen und nach Hause gehen, ohne dich umzusehen. Denk nicht an mich und sprich mit niemandem über mich. Tu so, als hättest du mich nie getroffen. Vergiss am besten, dass ich existiere.“
Sie schloss ihre Augen. „Jetzt lauf schon! Sieh zu, dass du hier wegkommst, bevor sie dich erwischen, verdammt noch mal!“
Nell hörte keine Schritte, doch als sie die Augen wieder öffnete, war Crash wie vom Erdboden verschluckt.
Vier Stunden. Es waren beinahe vier Stunden vergangen, und noch immer durfte niemand das Gerichtsgebäude betreten oder verlassen.
Keine dreißig Sekunden, nachdem Crash im Treppenhaus spurlos verschwunden war, war ein Alarm losgegangen. Und innerhalb von fünf Minuten war das gesamte Gebäude abgeriegelt gewesen. Die Polizei hatte jeden Winkel nach dem Flüchtigen abgesucht.
Es schien unglaublich, dass er nicht gefasst worden war, aber Crash war unwiderruflich weg. Als hätte er sich in Luft aufgelöst.
Crashs Anwalt war lange Zeit von FInCOM-Agenten verhört worden. Doch nun saß Captain Phil Franklin alleine an einem Tisch in der Cafeteria und las Zeitung.
Nell setzte sich ihm gegenüber. „Entschuldigen Sie, Sir. Mein Name ist Nell Burns. Ich bin eine gute Freundin ihres verschwundenen Klienten.“
Franklin sah sie über den Rand seiner Zeitung mit unbeeindruckten, dunkelbraunen Augen an. „Eine Freundin?“
„Ja, eine Freundin. Und ich weiß sicher, dass er Admiral Robinson nicht umgebracht hat.“
Franklin ließ seine Zeitung auf den Tisch sinken. „Das wissen Sie also sicher, hm? Waren Sie etwa dabei, Miss … Entschuldigen Sie, wie sagten Sie, war Ihr Name?“
„Nell Burns.“
„Waren Sie dabei, Miss Burns?“, fragte er erneut.
Nell schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich war letztes Jahr dabei. Ich war Daisy Owens – Daisy Robinsons – persönliche Assistentin, bis zu dem Tag, an dem sie starb. Ich habe mit Jake und Daisy und mit William Hawken vier Wochen lang im selben Haus gelebt. Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass Billy Jake umgebracht hat. Es tut mir leid, Sir, aber der Mann den ich damals kennengelernt habe, liebte Jake über alles. Er wäre lieber selbst gestorben, als den Admiral zu verletzen.“
Franklin trank einen Schluck Kaffee und musterte sie dabei aus seinen beunruhigend dunklen Augen. „Die Staatsanwaltschaft hat Zeugen, die letzten Januar einen Streit zwischen dem Admiral und Lieutenant Hawken mitbekommen haben“, erwiderte er schließlich. „Bevor ihr Freund Billy das Land damals für längere Zeit verlassen hat, soll es heftig zwischen ihnen geknallt haben.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, wie es dazu gekommen sein soll“, hielt sie entgegen. „Diese Zeugen müssen da etwas missverstanden haben. Während all der Zeit, in der Crash und ich zusammengelebt haben – ich meine natürlich nicht zusammengelebt “, verbesserte sie sich schnell. „Was ich sagen wollte, ist, dass ich während der Zeit, in der wir unter einem Dach gewohnt haben …“ Sie errötete, aber fuhr trotzdem unbeirrt fort. „Während all dieser Zeit habe ich nie gehört, dass Lieutenant Hawken jemals seine Stimme erhoben hat.“
„Die Zeugen behaupten, dass es in dem Streit zwischen den beiden Männern um eine Frau ging.“
„Was?“ Nell schnaubte verächtlich. Ihre Nervosität wich ihrer Ungläubigkeit. „Das ist nicht möglich. Es gab nur eine Frau im Leben der beiden, und das war Daisy. Und sie war ein paar Tage nach Weihnachten verstorben.“ Sie lehnte sich vor und sagte eindringlich: „Captain, ich möchte eine Aussage vor Gericht machen. Ich möchte als Leumundszeugin auftreten – so nennt man das doch, oder?“
„Ja, so nennt man das. Aber wenn der Angeklagte den Wachen entkommt und die Handschellen mit einer Büroklammer öffnet …“ Franklin schüttelte den Kopf. „Der Mann ist geflohen, Miss Burns. Sollten sie ihn jemals kriegen, sollten wir tatsächlich jemals vor Gericht landen, wage ich zu bezweifeln, dass ein Leumundszeuge Ihrem Billy irgendetwas nutzen wird. Jemand, der flüchtig ist, wirkt in den Augen von Richter und Jury meist ziemlich schuldig.“
„Er flieht nicht.“ Nell zweifelte keine Sekunde daran. „Er versucht, den Mann zu finden, der wirklich für Jakes Tod verantwortlich ist.“
Franklin sah sie eindringlich an. „Wissen Sie etwa, wo er ist?“
„Nein. Und ich glaube auch nicht, dass man ihn finden wird, bevor er von selbst zurückkommt. Und Sie sollten mir besser glauben, wenn ich sage, dass er, wenn er
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