Broken (German Edition)
kann Ihnen nur eines sagen», antwortete Rauser. «Je länger das alles weitergeht, desto schlimmer wird’s. Wenn er sich meldet, sagen Sie ihm, er soll sich umgehend stellen, bei mir. Nur so kann ich für seine Sicherheit garantieren.»
«Eine letzte Frage», sagte ich. «Haben Sie seit dem Tod seiner Mutter jemals seinen Geburtstag gefeiert?»
«Sie war unsere Tochter!», erwiderte Mrs. Etheridge mit Vehemenz. «Wie hätten wir den Tag, an dem der Unmensch sie uns genommen hat, je wieder feiern können?»
Wir gingen zusammen zum Wagen, nachdem wir die Etheridges schweigend und mit aschfahlen Gesichtern am Tisch hatten sitzen lassen. «Na toll», grollte Rauser. «Kleine aufgehängte Puppen und vernichtete Briefe und irgendein Freund in irgendeiner Landschaftsbaufirma, an deren Namen sich kein Schwein erinnert. Glaubst du den beiden irgendwas davon?»
«Bin mir noch nicht sicher», sagte ich, öffnete die Beifahrertür und stieg ein. «Sie waren irgendwie komisch, was sein Zimmer betrifft. Irgendwas passte da nicht. Aber die Fotos haben sie echt geschockt. Das heißt natürlich nicht, dass sie nicht wissen, wo er ist. Was sie über sein manipulatives Verhalten erzählt haben, über seine rücksichtslosen Drohungen, seinen Mangel an Empathie, seine gewalttätigen Wutausbrüche, dass er in die Luft geht, wenn er nicht kriegt, was er haben will, seine Unfähigkeit zu Nähe – das alles gehört in das Cluster psychopathischer Verhaltensweisen. Die beiden waren ziemlich hilflos. Du hast ihnen ganz schön zugesetzt.»
Rauser ließ den Motor seines ramponierten Crown Vic an. Der Wagen fuhr stotternd vom Haus der Etheridges los. «Sie wussten, dass der Mistkerl gefährlich ist. Er hat mit all seinen kranken Verhaltensweisen unter ihrem Dach gelebt, während er sein Spielchen mit Fatu Doe trieb, ihr eine Wohnung versprach oder was auch immer und überlegte, wie er sie umbringen wird. Ich meine, hallo? Die zwei sind entweder hoffnungslos ahnungslos, große Verdränger oder Lügner. Mal sehen, was sie jetzt machen. Ich denke, ich kriege durch, dass ihr Telefon abgehört wird.»
«Drei Jahre verschwunden und nachweislich ohne Job», sagte ich. «Aber er muss von irgendwas leben und irgendwo wohnen. Er hat einen Hund. Er bettelt nicht auf der Straße. Er arbeitet entweder, oder er wird unterstützt. Könnt ihr auch die Finanzen der Etheridges überprüfen?»
«Klar können wir das.»
Rauser hielt an einer Ampel. Die nachmittägliche Rushhour hatte eingesetzt. Der Verkehr bewegte sich im Schneckentempo.
«Er könnte unter falschem Namen leben», sagte ich.
«Vor drei, vier Jahren war so was nicht besonders schwer. Wenn du eine verfügbare gültige Sozialversicherungsnummer kanntest, war die Sache geritzt. Nächster Halt, Straßenverkehrsamt.»
«Besonders wenn du eigenhändig dafür sorgst, dass die Sozialversicherungsnummer verfügbar ist», sagte ich.
«Nehmen wir also an, er bringt jemanden um», sagte Rauser und spann den Gedanken weiter. «Den Typen, mit dem er zusammengearbeitet hat, glaubst du? Ich meine, Richards versteht es, Leute zu manipulieren, richtig? Er schmeißt sich also an den Burschen ran, gewinnt irgendwie dessen Sympathie. Sagen wir, er hat ungefähr dieselbe Größe oder Statur. Owen verschafft sich den richtigen Haarschnitt, behauptet, er hat seinen Führerschein verloren, zeigt die Sozialversicherungsnummer. Kinderspiel. Auf alten Führerscheinen ist auch noch kein Daumenabdruck drauf. Wenn er erst seinen Abdruck auf dem neuen Führerschein hat, kann’s losgehen. Neues Leben. Das gefällt mir, Street.»
Der Fahrer in dem Wagen hinter uns drückte auf die Hupe. Ohne sich dran zu stören, holte Rauser sein Handy hervor. «Williams, wir brauchen die Bankunterlagen von Melinda und Fred Etheridge. Wir suchen nach regelmäßigen Überweisungen an eine einzelne Person. Und jemand soll die Vermisstenmeldungen etwa ab dem Zeitpunkt durchforsten, an dem Jesse Owen Richards von der Bildfläche verschwunden ist. Fangt mit Fällen in der näheren Umgebung an und weitet die Suche dann aus. Möglich, dass Richards die Identität von jemand anderem geklaut hat. Beschränkt euch auf Männer, die mindestens eins siebenundachtzig groß sind. Haar- und Augenfarbe lassen sich verändern, aber fangen wir mit braun an. Außerdem hat er für eine Garten- oder Landschaftsbaufirma gearbeitet, die nicht aufgetaucht ist, als wir ihn durch den Computer laufen ließen. Irgendwas mit Landschaftsarchitektur oder
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