Broken (German Edition)
sichern», erwiderte ich. «Wie Sie sehen können.»
«Offensichtlich gibt es bei diesen Morden gewisse Merkmale, die Ihre Aufmerksamkeit erregt haben, sonst wären Sie nicht hier. Um welche …»
«Es ist immer ratsam abzuwarten, bis die zuständigen Ermittler Informationen an die Öffentlichkeit geben, und zwar auf eine Weise, die die Ermittlungen nicht gefährdet», unterbrach ich. «Mit anderen Worten, von mir erfahren Sie nichts.»
Hier und da ertönte gequältes Lachen, dann erhob sich eine Stimme über die anderen. «Sind Sie nüchtern? Wie steht es um Ihre Genesung von der Sucht?»
Mikrophone schoben sich noch näher.
«Die Freunde und Familien der achtzehn Millionen trockenen Alkoholiker in diesem Land könnten Ihnen wahrscheinlich erklären, dass Genesung von der Sucht ein Prozess ist. Man geht die Dinge Tag für Tag neu an. Ich bin jetzt seit über vier Jahren trocken.»
«Um sieben findet im Besprechungsraum der City Hall East eine Pressekonferenz statt.» Rauser sah auf seine Uhr. «In weniger als einer Stunde.»
«Gibt es schon einen Verdächtigen für die Geburtstagsmorde?»
«Wir haben einen Tatverdächtigen für die Morde an einer Frau aus Clarkston und an zwei männlichen Opfern aus Atlanta identifiziert. Bis der hiesige Tatort vollständig ausgewertet wurde, können wir keinen Tatzusammenhang bestätigen.» Mir fiel auf, dass er sich weigerte, den Namen zu benutzen, den die Presse Jesse Owen Richards verpasst hatte – der Geburtstagskiller. «Wir werden die Identität des Verdächtigen auf der Pressekonferenz bekannt geben, zusammen mit einem Führerscheinfoto und einem Überwachungsvideo, das erst gestern aufgenommen wurde. Wir benötigen Ihre Hilfe, um die Bilder zu veröffentlichen. Vielen Dank.»
Wir gingen zu Rausers neuem Wagen, stiegen ein, saßen dann einen Moment einfach da und starrten durch eine makellos klare Windschutzscheibe. Ich stand leicht unter Schock. Die Sonne ging auf und beleuchtete einen schlierigen Himmel mit staubgelben Wolkenstreifen. Im Laufe des Tages wurden Gewitter erwartet, fiel mir ein. Na toll.
«Hey, du hast das prima hingekriegt mit den Reportern. Hast du gemerkt, wie still die geworden sind? Du hattest ihre volle Aufmerksamkeit. Die mögen ehrliche Antworten.»
Ich sagte nichts. Dass es da vorhin, vor diesem blutigen Tatort, plötzlich nur noch um mich gegangen war, behagte mir nicht. Ich musste unentwegt an diese beiden jungen Menschen denken, ermordet und im Tod aneinandergefesselt – an ihre Angehörigen und Freunde, die eine Hochzeit geplant hatten, die nie stattfinden würde. Wie schnell das alles mit einer einzigen Frage in den Hintergrund getreten war. «Dr. Street, sind Sie nüchtern?»
Rauser rief den Officer an, der bei ihm zu Hause auf Miki aufpasste, sagte ihm, dass ich unterwegs zu ihnen sei, und setzte mich dann am Krankenhausparkplatz ab. Ich stieg in den blauen Knubbel von Auto, legte einen kurzen Zwischenstopp im Georgian Terrace ein, um zu duschen und frische Sachen anzuziehen. Dann stellte ich White Trash einen gut gefüllten Futternapf hin, entschuldigte mich für die Vernachlässigung und gelobte Besserung. Die Frage war nur, wann ich die Dinge wieder im Griff haben würde. Ich hatte beschlossen, als kleine Privatdetektivin meine Kohle zu verdienen und als Beraterin aus meinen FBI-Erfahrungen Profit zu schlagen. Im Augenblick war ich übermüdet und ausgehungert und nicht besonders glücklich über meine Entscheidungen. Es war halb sieben am Morgen, und schon jetzt dachte ich daran, wie ein Schuss Jameson in meinem Kaffee schmecken würde, wie es sich anfühlen würde, wenn er mir durch die Kehle glitt und anfing, mir die Nackenmuskeln zu lockern. Ich brauchte Seeluft und ein großes Badetuch am Strand. Und Sex – langen, trägen Nachmittagssex –, Kino, schicke Restaurants, Baseballspiele – ich brauchte eine Pause, Herrgott noch mal. Stattdessen hatte ich eine Cousine mit einem mehrfach gebrochenen Bein, die Mahlzeiten und Zuwendung und Bewachung rund um die Uhr benötigen würde, einen Killer, der es auf uns beide abgesehen hatte, ein vernachlässigtes Büro, einen Geschäftspartner im Krankenhaus, bergeweise unerledigten Papierkram, unbeantwortete Nachrichten und eine verbitterte Katze. Und für das alles war ich selbst verantwortlich – was mir wirklich zu denken gab. Dr. Shetty hatte ihre eigenen Ansichten darüber, warum ich mein Leben so aus dem Ruder laufen ließ, warum ich beteuerte, mal eine Auszeit zu
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