Broken (German Edition)
wenn du lila gewesen wärst.»
Wir saßen einen Moment schweigend da, bequem zurückgelehnt, und schauten in die Sterne.
«Erinnerst du dich an die Graureiher am Teich?», fragte ich Mutter.
«Natürlich.»
«Ich bin seit Jahren nicht mehr da gewesen», sagte ich wehmütig. «Die Streifzüge mit dir und Jimmy fand ich immer toll.»
Die Stimme meiner Mutter war sanft, als sie antwortete. «Ich auch, Schätzchen. Lass uns bald mal ein Picknick da unten machen.»
Ich stand auf und gab beiden einen Kuss. «Ich rufe morgen früh an, um zu hören, wie’s euch geht.»
«Er hat sie nie verlassen, Keye.» Mutters Stimme hielt mich auf, als ich schon an der Tür zur Küche war. Ich drehte mich um und sah, wie sie sich an meinen Dad lehnte. «Der männliche Reiher. Die beiden sind am Teich zusammen alt geworden.»
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13
I ch sah ihn, als ich aus dem Aufzug trat. Er unterhielt sich mit einer der Reinigungsfrauen, die wir auf der Party am Hotelpool kennengelernt hatten. Sie hieß Bogdana, fünfundvierzig, starker Akzent, ein großer Karren, der mit Putzmitteln beladen war, und ein ganz schön dicker Hintern. Er sah mich und lächelte. Er trug eine aschgraue Hose, ein anthrazitfarbenes Sakko und ein weißes Hemd mit steifem Kragen, keine Krawatte. Ich konnte seinen Adamsapfel und einen Ansatz von Brusthaar über dem obersten Knopf sehen. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss zu geben, und roch sein Aftershave. Er legte seine Arme um mich.
«Hast du überhaupt geschlafen?» Ich hatte es um drei ins Bett geschafft.
«Sieht man das?», fragte er. «Ich wusste, ich hätte heute Morgen etwas Make-up auflegen sollen.»
Wir gingen durch die Lobby. «Und, wie komme ich zu der Ehre, mit dem meistbeschäftigten Mann der Stadt frühstücken zu dürfen?»
Wir traten durch die glänzenden polierten Türen des Georgian Terrace, und die achtzig Prozent Luftfeuchtigkeit klatschten uns ins Gesicht. Rausers Crown Vic stand direkt vor der Tür. Cop-Privilegien. Gerade mal neun Uhr am Morgen, und die Sonne war schon brütend heiß. Dampf stieg vom Asphalt auf der Peachtree auf. Rauser hielt mir die Autotür auf. Ich sah einen Becherhalter mit zwei vollen Bechern Kaffee und ein paar Sandwiches in gelbem Papier.
«Ich hätt’s wissen müssen», sagte ich. «Kein echtes Frühstück.»
Rauser stieg auf der Fahrerseite ein. «Ich dachte, wir verbringen ein bisschen Zeit miteinander, ehe der alltägliche Wahnsinn wieder losgeht.» Er packte ein Sandwich aus und biss in geschmackloses Ei und künstlichen Käse.
Ich fand einen Stapel Servietten in seinem Handschuhfach und reichte ihm eine. «Du bist ein lausiger Lügner, Aaron Rauser.»
«Okay, ich dachte, wir könnten uns ein bisschen an zwei Tatorten umsehen.»
Ich lächelte, hob den Plastikdeckel von einem der Kaffees. «Du kleiner Charmeur.»
Rauser machte das manchmal, wenn er einen Fall hatte, der ihm keine Ruhe ließ. Er fuhr wieder und wieder zum Tatort und versuchte, daraus schlau zu werden. Ich war einige Male mitgefahren. Er hatte gern ein zweites Augenpaar dabei. Und er sprach gern alles gründlich durch.
Der Polizeifunk war auf ein Murmeln runtergedreht. Rauser stand auf klassischen Rock. Hendrix lief, Hey, Joe . Wir fuhren die Tenth Avenue runter am Piedmont Park vorbei, die Fenster geöffnet. Der Crown Vic stotterte vor der roten Ampel an der Kreuzung vom Monroe Drive. Rauser trat aufs Gaspedal, damit der Motor nicht ausging.
«Du fehlst mir, wenn ich so dermaßen viel um die Ohren hab wie jetzt, Street», sagte er und nahm sich noch ein Sandwich. Ich griff mit einer Serviette zu ihm rüber und wischte ihm einen Krümel aus dem Mundwinkel. Ich hatte Lust, ihn zu küssen. Okay, eigentlich hatte ich Lust, über ihn herzufallen. Ich tat es natürlich nicht, aber nur, weil wir auf dem Weg zu einem Tatort waren.
Wir rollten durch kleinere Straßen Richtung Orme Park und dann weiter zur Amsterdam Avenue. Zwischen den Ahornbäumen und Eichen fielen warme Flecken Sonnenlicht auf den Wagen. Rausers Cop-Blick inspizierte die Gegend. Am King’s Court hielt er vor einem leeren Grundstück, um das sich ein knallorangeroter Vinylmaschendrahtzaun zog. Die Hausnummern hier überstiegen die Neunhundert. Von dem Haus hinter dem orangeroten Zaun stand nur das Fundament. Dem alles überwuchernden Unkraut, dem Efeu und Kudzu nach zu urteilen, ruhten die Arbeiten schon länger. Ein schweres Baufahrzeug stand mit riesigen schlammverkrusteten Reifen
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