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Broken (German Edition)

Broken (German Edition)

Titel: Broken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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neben der Ruine. Kein seltener Anblick im Atlanta dieser Tage. Der Immobilienmarkt, der vor einigen Jahren zusammengebrochen war, hatte noch kein Comeback gefeiert. Projekte wie das hier waren zum Erliegen gekommen.
    Rauser zog einen Stapel Fotos aus der Innentasche seiner Jacke, stieg dann aus und warf die Jacke auf den Sitz. Er kam um den Wagen herum, und als er seine Hemdsärmel hochkrempelte, spannten sich seine langen Unterarmmuskeln. Pheromone sprangen nur so aus ihm raus und machten einen Stepptanz in meine Richtung.
    Wir folgten dem Gehweg, an dem Grundstück vorbei. Gardenienduft stieg mir in die Nase. Die Blüten sind so zart wie Rosen, aber der Duft ist vielschichtig und komplex – Mandelplätzchen mit einem Hauch von Vanille und gebräunter Butter, dazu Regen, wenn er auf Asphalt trifft. Tatsächlich – eine lange Reihe von Gardenien säumte das nächste Grundstück. Jetzt merkte ich, wo wir waren. Im Fernsehen hatte ich es aus einer anderen Perspektive gesehen – die Rolltrage des Gerichtsmediziners, die in jener Nacht aus den Sträuchern geschoben worden war, eine Mutter, die geschrien hatte. Sie würde eine Gardenie nie wieder unbefangen riechen können. Das wusste ich. Gerüche und Traumata sind eine schlechte Kombination. Ich kann heute noch nicht in die Nähe von Cranberrys kommen, ohne dass sich mir der Magen umdreht, obwohl es viele Jahre her ist, seit die Saftflasche auf dem Boden zerbrach, wo meine Großeltern in ihrem Blut lagen und starben.
    Rauser hatte eine Hand in die Tasche geschoben und blickte auf die Sträucher. Das gelbe Absperrband war entfernt worden, ebenso wie sämtliche Nummerntafeln, die die Techniker für Fotos aufstellen. Nichts deutete mehr darauf hin, dass hier ein brutaler Mord geschehen war, außer dass in diesem kleinen Bereich der ganze Müll und Schutt aufgesammelt worden war. Eine saubere Fläche rund um die Stelle, wo ein dreizehnjähriger Junge erwürgt worden war.
    Rauser gab mir die Tatortfotos. Ich sah sie mir mit neuen Augen an. Ich hatte oft über diesen Tatort nachgedacht, seit Rauser mir die Fotos aufs Bett geworfen hatte. Und gestern Abend hatte ich wieder darüber nachgedacht, nachdem ich in Mikis Haus spaziert war und einen alten Mann am Türrahmen hatte hängen sehen.
    Ich betrachtete den Kreidekreis auf dem Gehweg, suchte das entsprechende Foto heraus. Rauser beobachtete mich. «Hundeleckerli», erklärte er. «Der Junge hat den Hund Gassi geführt. Junger Hund. Kein Schutz.»
    Ich ging die Fotos einzeln durch – die Hundeleckerli, ein vager Abdruck in den Kiefernnadeln auf der anderen Seite des Vinylzauns, Schleifspuren im Sand, der Junge mit dem Gesicht nach unten, die Würgemale von der Schnur, die als Garrotte benutzt und um den Hals belassen worden war, Müll und Schutt. «Ist er regelmäßig mit dem Hund Gassi gegangen?»
    Rauser nickte. «Jeden Abend. Und noch was. Die Mutter des Jungen hat gesagt, dass in den letzten paar Wochen ihre Post mehrmals geöffnet worden war. Also hab ich gefragt, ob Post dabei war, die mit dem Jungen zu tun hatte. Sie sagte, ja. Ein Brief von seinem Baseballcoach, der ihnen geschrieben hatte, dass er Troy für ein unglaubliches Talent hielt. Er hat ihnen irgendeinen bekannten Trainer empfohlen. Der Junge konnte anscheinend in jeder Sportart glänzen. Er hatte Chancen, in die Auswahl für die Jugend-Olympiade zu kommen. Ein paarmal wurde auch die Mülltonne der Delgados durchstöbert. Mrs. Delgado dachte, es wäre ein Waschbär oder so, aber bei den Nachbarn gab es weder mit dem Müll noch mit der Post irgendwelche Vorfälle. Die Eltern waren übrigens sehr kooperativ, haben gestern den Lügendetektortest bestanden.»
    Ich stand eine Weile da und blickte auf den Tatort. Ich schloss die Augen und atmete die Gardenien ein, stellte mir den Abend vor, wie der Junge mit dem Hund den Gehweg hinunterging. «Er hat sich da drüben versteckt», sagte ich zu Rauser, und er folgte mir von der Reihe Sträucher zurück zu der Baustelle. «Wo ihr die Abdrücke gefunden habt. Es ist trocken, es gibt also keine klaren Spuren. Das weiß er. Er macht sich keine Sorgen. Er wartet einfach. Er hat die Delgados beobachtet. Und er hat ihre Post und ihren Müll durchstöbert. Er kennt ihre Gewohnheiten, weiß, wo sie einkaufen, tanken, Geld ziehen. Auf Quittungen sind Datum und Uhrzeit abgedruckt. Er weiß, dass der Junge den Hund Gassi führen wird. Er kennt die Strecke. Und er weiß, dass das Kind allein sein wird.»
    «So sehe ich das

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