Broken Heart Vampires 02 - Ein Vampir zum Dinner
wie ich es mir ausgemalt hatte. Michaels Frau war am Apparat, die mit fröhlicher Stimme ihren Mann ans Telefon rief.
„Evangeline?“ Michael schien sich zu freuen, klang aber auch überrascht.
Vor etwa sechs Monaten hatte ich einen Brief von dem Vater meiner Tochter erhalten. Dieser Brief war das ein zige Geheimnis, das ich vor Tamara hatte. Ich hatte auf den Brief nicht geantwortet; gute und weniger gute Gründe waren für dieses Verhalten verantwortlich. Michael hatte kein Recht auf Tamara, fand ich. Schließlich hatte er seine Position vor sechzehn Jahren sehr klargemacht. Darum gehörte Tamara mir allein, und ich wollte sie auch nicht teilen. Und dann kam noch dazu, dass ich jetzt ein Vampir war - wie sollte ich ihm das erklären? Ich seufzte.
Ich glaubte zwar auch an die Macht der Vergebung, aber irgendwie hatte ich mich Michael gegenüber nie dazu durchringen können.
Doch jetzt blieb mir keine andere Wahl. Tamara hatte die Chance, in einer Welt aufzuwachsen, in der die Eltern nicht Blut zum Frühstück tranken.
„Ich will ganz ehrlich sein“, sagte ich. „Ich hätte nie gedacht, dass ich dich jemals anrufen würde.“
„Ich weiß, dass du mir keine zweite Chance geben wirst.“
Doch, auch du verdienst eine zweite Chance. Wie wir alle.
„ Ich kann nur sagen, ich war jung und naiv. Meine Eltern - na ja, sie haben es mir leicht gemacht, dich zu verlassen, Eva.“
In seinem Brief hatte mir Michael berichtet, dass er inzwischen ein erfolgreicher Architekt war. Er hatte seine College-Freundin geheiratet, und die beiden hatten zwei gemeinsame Kinder, einen vierjährigen Jungen und ein zehnjähriges Mädchen. Michael hatte einen Privatdetektiv engagiert, um mich ausfindig zu machen. Der Detektiv fand meine Adresse heraus, und daraufhin hatte Michael mir den Brief geschickt. Er wollte Tamara kennenlernen - und an ihrem Leben teilhaben. Er bot sogar an, Unterhalt für sie zu zahlen, auch rückwirkend.
Dass ich mich darüber freute, am längeren Hebel zu sitzen und Michael gewissermaßen meine Marionette war, war wohl eine recht menschliche Empfindung, oder? Doch diesen Gedanken verdrängte ich schnell - das war zu billig. In Wirklichkeit war ich vollkommen angsterfüllt, meine Tochter zu verlieren, dafür hatte ich mich zu lange allein um sie gekümmert. Es war ganz klar: Ich war nicht bereit, Tamara mit irgendwem zu teilen.
„Evangeline?“
„Tut mir leid.“ Ich hatte einen Kloß im Hals und wieder das Bedürfnis zu weinen. „Ich habe noch nicht mit Tamara gesprochen und ihr auch nichts von deinem Brief gesagt.“
„Ich verstehe.“
„Ich muss sterben, Michael. Ich brauche ... könntest du ... Scheiße. “
„Kann ich etwas für dich tun? Was brauchst du?“
„Könntest du ihr Vater sein, wenn ich ... wenn ich nicht mehr bin. Bitte nimm sie zu dir und hab sie lieb.“ Ich räusperte mich und drückte den Telefonhörer so fest, dass er einen Sprung bekam. „Würdest du das tun?“
„Ja.“ Kein Zögern. Ich pries ihn insgeheim, weil seine Reaktion dieses Gespräch für mich so viel einfacher machte. „Wann wirst du mit ihr sprechen?“
„Bald. Ich wollte ihr bisher nur keine Hoffnungen machen.“
„Ich weiß, wie schwer dir das fällt, Eva. Aber du sollst wissen, dass mir alles unendlich leid tut. Ich hoffe, Tamara kann mir verzeihen. Und du auch.“ Er seufzte, und in diesem Seufzer schwangen Schmerz, Leid und Sorge mit. Michael war weder der Teufel in Person noch ein zweidimensionaler Idiot. Er hatte seine Fehler gemacht und Entscheidungen getroffen wie jeder andere Mensch auch. Wenigstens versuchte er, sie wieder gutzumachen. Wenn er mir die Hand reichte, würde ich sie ergreifen. Das war doch klar.
Aber würde auch Tamara ihm verzeihen? Als Teenager machte sie ohnehin gerade eine schwere Phase durch - das fing mit einem Pickel an und hörte bei einem The-Cure-Song auf. Aber das Wissen darum, dass der eigene Vater sie und ihre Mutter sitzen gelassen hatte ... Oje. Michael würde sich mächtig reinhängen müssen, damit diese Verletzung heilen konnte.
Und ich würde ihm nicht mehr dabei helfen können.
„Evangeline?“
„Entschuldige. Meine Gedanken schweifen immer wieder ab. Ich werde mit Tamara sprechen, dann melde ich mich wieder.“ Ich zögerte. „Wie heißt eigentlich deine Frau?“
„Susan.”
„Ist sie ... Ich meine: Wie ist sie denn so?“
„Sie ist intelligent, nett und lustig.
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