Broken Lands
worden.»
«Wenn irgendjemand Schuld hat, dann du!», fauchte Sawyer zurück. «Du sagtest, du würdest sie warnen. Es hat fast einen ganzen Tag gedauert, bis du jemanden geschickt hast.» Er schoss Susannah einen hasserfüllten Blick zu. «Und du! Sie ist wegen dir gestorben.»
«Meine Entscheidung ist nicht für ihren Tod verantwortlich», sagte Hawks kalt, «und auch Susannah trifft keine Schuld. Was Arabella für sie tat, geht nur diese beiden etwas an. Was zum Henker ist in dich gefahren? Hast du eine Ahnung, in welchen Schwierigkeiten wir stecken?»
«Ja, natürlich», knurrte Sawyer. «Die Sache ist nur die: Es ist mir egal. Soll doch der Teufel diese Stadt holen. Arabella ist tot, und jemand muss dafür bezahlen.»
Etwas lag in der Luft, ein neuer Ton, eine Ahnung – etwas in seiner Stimme erweckte in Sam das Verlangen, wegzurennen.
Auch Hawks spürte es. «Diejenigen, die sie getötet haben, werden dafür bezahlen, Sawyer», sagte er bedächtig.
«Darauf vertraue ich nicht, und so lange will ich auch nicht warten.» Der blonde Mann steckte die Hand in die Tasche. Als er sie wieder herauszog, hielt er eine kleine Pistole in der Hand. «Ich finde, du solltest bezahlen, Hawks, du und diese Mulattin.»
Es geschah so schnell, dass Sam kaum Zeit blieb, Susannah zu Boden zu reißen, ehe vier Schüsse fielen und die Luft zerrissen. Sie schienen von überall her zu kommen.
Als sich der Rauch verzog, senkte Mike im Türrahmen das Gewehr, und James Hawks und Sawyer lagen hustend und blutend und sterbend auf dem Boden. Innerhalb weniger Sekunden war der Stadt nur noch eine Beschützerin geblieben: Susannah Asher, die sich jetzt aus Sams Griff befreite, sich aufrappelte und hinter die Bar taumelte, wo sie sich übergab.
Jin bog vom Strand aus in die Mammon’s Alley ein und achtete kaum auf ihre Umgebung. Sie hielt das aufgeschlagene Zunderbuch des Flammenmeisters in einer Hand; sie hatte willkürlich ein Rezept herausgesucht und las es wieder und wieder durch, wobei ihr selbst nicht klar war, ob sie tatsächlich hoffte, dass es in ihrem Kopf ganz plötzlich Klick machen und die Formel einen Sinn ergeben würde, wie es bei den anderen gewesen war, oder ob sie wünschte, sie würde unverständlich bleiben. Die Augen fest auf das Buch geheftet, wäre sie beinahe an Sam, Mike und Tom Guyot vorbeigelaufen, ohne sie zu bemerken.
«Jin!», rief Sam und sprang von dem Stapel leerer Fässer herunter, auf dem er gesessen hatte. Tom schaute von seiner Gitarre auf, nickte ihr zu und zupfte dann weiter an den Saiten.
«Oh! Hallo.» Unverzeihlich. Ausgerechnet in einer solchen Situation hatte sie ihre wichtigste Regel für den Aufenthalt an fremden Orten gebrochen. Sie war so über sich selbst verärgert, dass es noch ein paar Sekunden dauerte, bis sie den Ausdruck auf den Gesichtern der anderen bemerkte. «Was ist los?»
«Hawks und Sawyer sind tot», sagte Sam dumpf. «Sie haben sich gegenseitig erschossen. Vor unseren Augen.»
« Was? »
Mike, der zusammengesunken auf einem Fass gehockt hatte, stand abrupt auf und ging steif und wortlos um die Ecke. Sam wurde knallrot und vergrub das Gesicht in den Händen. «Was für ein Schlamassel», murmelte er. «Der Rest von Hawks’ irischen Schlägern ist in die Points zurückgelaufen, fast noch bevor sein Körper auf dem Boden aufschlug. Mike ist dageblieben, weil er meinte, Hawks’ letzte Anweisung habe gelautet, er solle mir helfen, komme was wolle.» Er presste die Handflächen gegen die Augen und stöhnte.
Jin schaute von Sam zu Tom, der sich nicht an dem Gespräch beteiligte, und weiter zu der Ecke, hinter der Mike verschwunden war. «Warum ist er jetzt weggegangen?»
«Mike hat Sawyer erschossen», sagte Sam. Seine Worte klangen undeutlich, weil er immer noch das Gesicht in den Händen vergraben hatte. «Er hat versucht, Hawks zu retten. Und Sawyer wollte auch Susannah töten.»
Jin starrte auf die Hausecke. Nach all dem, nach allem, was sie getan hatten, um Sawyer zu warnen, um Susannah in Sicherheit zu bringen. «Aber … warum?»
«Scheint so, als ob er Hawks und Susannah für Arabella van Cortelens Tod verantwortlich machte.»
«Aber das … das ist …»
«Idiotisch, ich weiß.» Sam rieb sich über das Gesicht und schaute auf. «Aber jetzt ist nur noch Susannah übrig.»
«Wo ist sie? Wie geht es ihr?»
«Ich glaube, sie steht irgendwie unter Schock. Wie wir alle. Aber sie ist unverletzt. Hast du bekommen, was du wolltest?»
Sie schüttelte den Kopf.
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