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Brombeersommer: Roman (German Edition)

Brombeersommer: Roman (German Edition)

Titel: Brombeersommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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Giovanni stieß die Fensterläden auf. Spinnweben zerrissen, Holz seufzte. Sonnenstrahlen fielen, gefiltert durch das Grün, auf den steinernen Boden, den Holztisch in der Mitte des Raumes und ein paar Stühle mit hohen Lehnen und Sitzen aus Korbgeflecht. Über einem steinernen Schüttstein ein Brett, darauf einige Teller aus Steingut, ein paar Becher, zwei, drei Töpfe und Pfannen, angebrochene Flaschen Öl und Essig, gut verschlossene Gläser mit Zucker, Kaffee und Reis. Giovanni zog die Tischschublade auf und deutete auf die Bestecke, einige weiße Stearinkerzen und Streichhölzer.
    Viola fröstelte fast. Das waren die dicken Steinmauern, die im Sommer die Hitze abhielten.
    Sie folgten Giovanni über die Außentreppe hinauf in den oberen Stock, wo sich zwei Schlafkammern befanden. In der ersten standen nur ein Bett und eine Kommode, ein Stuhl und ein kleiner Tisch. Das war Karls Zimmer. Giovanni sah zur Decke hinauf, wiegte den Kopf und sagte, bei Regen könne es vielleicht ein wenig durchs Dach tropfen. Im Raum daneben drängten sich zwei Betten aneinander. An der Kopfseite der alten Bettgestelle blühten schwarzeiserne Rosen. Es gab einen Schrank, zwei Stühle und auch hier einen Tisch, auf dem ein verwelkter Blumenstrauß stand.
    Karl setzte sich auf die Steintreppe vor seinem Zimmer, schaute auf die Tessiner Landschaft und glaubte, geradewegs aus dem Himmel auf die Welt hinunterzublicken. Nebenan öffnete Viola vorsichtig die Balkontür. Aufgeschreckt huschte eine braungrüne Eidechse über das Geländer und verschwand mit leisem Rascheln im rankenden Laub der Glyzinie, die am Haus hochwuchs. Viola befühlte den knorrigen, gewundenen Stamm und steckte die Nase in eine der schweren Blütendolden.
    »Das ist unbeschreiblich schön«, sagte sie.
    Nur Theo war nicht so richtig glücklich. Man musste sich nämlich in der Küche waschen, und das angebaute Toilettenhäuschen beherbergte ein Plumpsklo.
    »Mensch, Theo«, sagte Karl, »gib dir einen Ruck. Nie wieder wirst du in einem Scheißhaus mit so göttlicher Aussicht sitzen. Und hinterher kannst du im Bach und in dem Steinbecken baden, ohne Badehose und ganz allein, so lange du willst.«
    Lebensmittel und Wein konnte man in Ronco einkaufen, dort gab es einen kleinen Laden. Alles andere müsse man in Ascona besorgen, erklärte Giovanni, übergab ihnen die Bettwäsche, die seine Frau ihm für die Gäste eingepackt hatte, und machte sich an den Abstieg. Theo und Karl begleiteten ihn. Sie wollten das Gepäck aus dem Auto holen und den kleinen Laden inspizieren. Wein brauchten sie, Brot und Käse.
    Viola blieb auf ihrem Balkon über dem Lago Maggiore und schaute und schaute und wollte ewig dort oben sitzen bleiben.
     
    »Das Wasser könnt ihr ranschleppen«, grummelte Theo, »dafür habe ich euch hierhergefahren. Jetzt seid ihr mal dran.« Niemand protestierte. Während Karl mit zwei Eimern loszog, um Wasser vom Bach zu holen, schenkte sich Theo einen Becher Wein ein und ließ sich auf der Bank vor dem Haus nieder. Bei einem gewissen Pegel Rotwein im Blut machte es ihm vielleicht nicht mehr so viel aus, sich auf den Donnerbalken im Plumpsklo zu setzen, dachte er.
    Viola pflückte einen Blumenstrauß aus blühendem Unkraut. Auspacken konnte sie irgendwann. Aber als der Strauß so schön auf dem Küchentisch stand, nahm sie den Reisigbesen aus der Ecke und kehrte den staubigen Küchenboden. Gekocht wurde heute nicht, es gab Brot, Tomaten, Käse und Wein. Karl und Viola trugen Tisch und Stühle vors Haus. Sie saßen und aßen und tranken und schwiegen. Langsam wurde auch Theos Schweigen friedlich. Die Insekten summten, hier und da hörte man das Klatschen einer Hand, die eine Mücke auf Arm oder Bein erwischte. Der zu ungewohnter Stunde reichlich genossene Wein machte alle Zungen schwer. Schläfrig wurden sie alle drei.
    Schön kühl war es im Haus, sie sanken auf die Betten und schliefen ein und träumten und waren unendlich weit entfernt von der Welt, die sie kannten und in der sie aufgewachsen waren.
    Es war schon später Nachmittag, als sie wieder aufwachten. Karl öffnete leise die Tür zum Nebenzimmer. Theo hatte seinen Arm über Viola gelegt, als wolle er sie am Weglaufen hindern. Viola, vom leichten Knarren der Tür aufgewacht, blinzelte mit den Augen, aber Karl schlossdie Tür vorsichtig wieder und ging hinunter, schöpfte mit den Händen Wasser aus dem Eimer und wusch sich das Gesicht.
    Seitlich des Hauses fand er zu seiner Überraschung einen alten,

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