Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
für die Mädchen.
    Nach halbstündiger vergeblicher Suche blieben wir entmutigt stehen.
    »Das ist doch sinnlos!«
    »Gib nicht auf. Ich finde ihn schon!« Die Stimme in mir, die losschnauben wollte, daß ich ihn auch allein finden würde, verstummte bereitwillig vor dem Ruf der Leidenschaft. Wenn Helena Justinas Augen so vor Entschlossenheit blitzten, war sie einfach unwiderstehlich …
    »Hör auf damit, Falco!«
    »Womit denn?«
    »Mich so anzusehen, daß es mir bis in die Zehen kribbelt!«
    »Wenn ich Sie ansehe, Gnädigste, dann muß ich so schauen!«
    »Ich hab das Gefühl, als würdest du mich gleich rücklings in ein Gebüsch zerren …«
    »Da könnte ich mir einen besseren Platz vorstellen«, sagte ich und zog sie auf ein leeres Sofa.
     
    Das kapriziöse Fräulein strampelte sich los, kaum, daß ich sie genüßlich im Clinch hatte. Ich landete in der Stellung auf den Polstern, die die Parzen am liebsten an mir sehen: platt auf der Nase.
    »Natürlich!« rief sie. »Er wird sich ein Séparée besorgt haben! Daß ich darauf nicht gleich gekommen bin!«
    »Wie? Hab ich was verpaßt?«
    »Mach schnell, Falco! Steh auf und setz deinen Kranz gerade!«
    Zwei Minuten später hatte sie mich ins Atrium zurückgezerrt, wo sie Crispus’ Kammerdiener energisch den Weg zum Ankleidezimmer seines Herrn entlockte. Drei Minuten danach standen wir in einem Schlafzimmer mit tiefroter Decke, vor dessen Fenstern das Meer rauschte.
    In den fünf Sekunden seit unserem Auftritt in sein geliehenes Boudoir hatte ich zwei Dinge über Aufidius Crispus begriffen. Seine Kleidung ließ keinen Zweifel an seinen Ambitionen: Er trug ein Festgewand, das mit dem Saft abertausender tyrischer Schnecken zu jenem leuchtend violetten Purpur eingefärbt war, von dem die Kaiser glauben, daß er ihren Teint besonders vorteilhaft zur Geltung bringt. Im übrigen waren ihm anscheinend die Parzen gewogener als mir: Als wir eintraten, hatte er die hübscheste der spanischen Tänzerinnen rücklings auf ein Bett niedergeworfen und bearbeitete, ihre Rose hinterm Ohr und ihre halbe Brust im Mund, mit atemberaubender Kraft ihr Tambourin.
    Ich barg Helenas Gesicht an meiner Schulter, um ihr den peinlichen Anblick zu ersparen.
    Dann wartete ich, bis er fertig war. In meinem Beruf macht sich Höflichkeit immer bezahlt.

LII
    Die Tänzerin schlüpfte an uns vorbei nach draußen; die Rose nahm sie zur gefälligen Wiederverwendung mit. Das Ständchen war offenbar rasch und routinemäßig vonstatten gegangen.
    »Bitte um Vergebung, Senator, habe ich Sie aus dem Takt gebracht?«
    »Ehrlich gesagt, nein!«
    Helena Justina setzte sich rasch und noch kerzengerader als sonst auf einen Schemel. Sie hätte draußen warten können, aber ich war froh, daß sie blieb und mir zur Seite stand. Crispus streifte sie mit mäßig interessiertem Blick. Dann ließ er sich in einem Lehnsessel nieder, strich seine Purpurfalten zurecht, setzte einen Lorbeerkranz auf und bedeutete mir mit einem Wink, daß die Audienz eröffnet sei.
    »Senator! Ich würde Ihnen gern für die Einladung zu Ihrem erlesenen Symposion danken, aber ich kam in Begleitung von Aemilia Fausta, und so kann von ›Einladung‹ wohl kaum die Rede sein!« Er lächelte matt.
    Er war Mitte fünfzig, hatte aber noch immer ein fast jungenhaftes Gesicht. Mit seinem dunklen Teint sah er trotz der schon etwas fülligen Züge sehr gut aus (und war sich dessen offenbar hinreichend bewußt). Seine auffallend gleichmäßigen Zähne sahen aus, als putze er sie mit zerstoßenem Horn. Unter dem Kranz (den er trug, als wäre er damit auf die Welt gekommen) bewunderte ich die kunstvolle Haartracht, die sein Friseur ihm verpaßt hatte. (Wahrscheinlich erst heute nachmittag, so jedenfalls schloß ich aus dem fettigen Geruch gallischer Pomade, der über dem Gemach hing.)
    »Was kann ich für Sie tun, junger Mann? Zuerst einmal: Wer sind Sie?«
    »Marcus Didius Falco.«
    Er stützte nachdenklich das Kinn in die Hand. »Sind Sie der Falco, der meinen Freund Maenius Celer mit Magenkrämpfen und ein paar abenteuerlich schillernden blauen Flecken heimgeschickt hat?«
    »Schon möglich. Vielleicht hat Ihr Celer auch bloß eine schlechte Auster erwischt und ist außerdem gegen eine Mauer gerannt … Ich bin Privatermittler. Und ich bin einer der Kuriere, die schon seit geraumer Zeit versuchen, Ihnen einen Brief von Vespasian auszuhändigen.«
    Man spürte die Spannung förmlich, als er sich jetzt aufmerksamer zurechtsetzte.
    » ›Sie gefallen

Weitere Kostenlose Bücher