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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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hatte, noch Wildschweine hausten. Als der Weg zu steil wurde, stiegen wir ab, banden unseren Grauschimmel an einen Baum und gingen zu Fuß in Richtung Gipfel. Das letzte Stück führte über eine Geröllhalde und war sehr beschwerlich; Helena blieb stehen.
    »Zu anstrengend für dich?«
    »Ein bißchen. Ich warte unten beim Esel auf dich.«
    Sie kehrte um. Ich ging weiter. Ich hatte mir eingebildet, ich wäre gern ein Weilchen allein, aber sowie sie fort war, fühlte ich mich einsam.
    Ich hatte den Gipfel bald erreicht, begutachtete das Panorama, entschied, das historische Erlebnis habe den Einsatz nicht gelohnt, und stieg wieder zu Helena hinab.
    Sie hatte ein Cape ausgebreitet und saß, die Sandalen aufgebunden, gedankenverloren da. Als sie sich umblickte, ließ ich sie spüren, daß ich gewissermaßen Bestandsaufnahme machte. Sie trug ein lindgrünes Kleid, in dem sich sehr schön zeigte, daß sie etwas herzuzeigen hatte. Ihr Haar war gescheitelt und so zurückgekämmt, daß die Ohren freiblieben – genau, wie ich es früher so gern gehabt hatte. Falls sie unter meinem Blick errötete, merkte ich es ihr jedenfalls nicht an. Wie schade, daß ich mir nicht einreden konnte, sie hätte dieses hübsche Tableau eigens für mich inszeniert.
    »Bist du bis zum Gipfel gekommen? Wie war’s denn?«
    »Oh, ein Kegel mit einer riesigen Felskuhle und gewaltigen, mit wildem Wein überwucherten Schründen. Dorthin hat die Rebellenarmee wohl fliehen können, nachdem Crassus sie aufgebracht hatte …«
    »Ist Spartakus eins deiner Idole?«
    »Jeder, der gegen das System kämpft, ist für mich ein Held.« Ich war kurz angebunden, weil das alles im Moment unwesentlich schien. Wir hatten wahrhaftig Wichtigeres zu besprechen. »Willst du mir nicht endlich sagen, wozu diese Spritztour gut sein soll?«
    »Ich wollte unbeobachtet mit dir sprechen.«
    »Über Barnabas?«
    »Ja und nein. Ich habe ihn gestern getroffen«, gestand Helena. »Es ging hochanständig zu. Wir saßen im Garten, und ich aß Honigkuchen. Er hatte mich dringend um ein Gespräch gebeten. Zum einen hat er nämlich kein Geld mehr …«
    Das machte mich wütend. »Du bist von seinem Herrn geschieden worden. Da hat er kein Recht, bei dir zu schnorren!«
    »Nein«, sagte sie nach einer unbehaglichen Pause.
    »Du hast ihm doch nicht etwa Geld gegeben?«
    »Nein.« Ich wartete. »Die Lage ist ziemlich kompliziert«, sagte sie und klang ganz erschöpft. Ich brachte sie mit meinem strengen Ermittlerblick unnachsichtig weiter in Verlegenheit. »Aber ich bin vielleicht bald selber knapp …«
    Helena in finanzieller Bedrängnis, das konnte ich mir nicht vorstellen. Sie hatte von einer Verwandten Land geerbt, und nach der Scheidung hatte ihr Vater ihr einen Teil der Mitgift übereignet, die ihr Ex-Mann zurückzahlen mußte. Pertinax selbst hatte ihr ein kleines Vermögen in Form kostbarer Gewürze überschrieben. Sie war also reicher als die meisten Frauen, und Helena Justina war nicht der Typ, der sein Geld für Tiaren hinauswirft oder es an eine zwielichtige religiöse Sekte verschwendet.
    »Falls du nicht vorhast, mit einem sehr anspruchsvollen Ballettänzer anzubandeln, kann ich mir nicht vorstellen, daß du pleite gehst!«
    »Ach, weißt du … aber lassen wir das. Ich möchte, daß du mir eine Frage beantwortest: Was ist in der Villa Poppaea passiert, was dich so aufgebracht hat?«
    »Nichts von Bedeutung.«
    »Hatte es mit mir zu tun?« bohrte sie unbeirrt weiter.
    Gegen Helenas Eindringlichkeit war ich immer machtlos. Und so platzte ich heraus: »Schläfst du mit Aemilius Rufus?«
    »Nein«, sagte sie.
    Sie hätte antworten können: Natürlich nicht; wie kannst du so etwas Törichtes denken? Das hätte viel emphatischer geklungen, aber ich hätte ihr weniger geglaubt.
    So glaubte ich ihr. »Vergiß die Frage. Hör zu, wenn du das nächste Mal mit Barnabas Honigkuchen schnabulierst, dann werde ich hinter der Pergola stehen.« Ihr Schweigen zerrte an meinen Nerven. »Prinzessin, er ist ein Mörder auf der Flucht und –«
    »Nicht jetzt, Marcus, bitte! Ich werde schon mit ihm fertig. Irgend jemand muß ihn in die Wirklichkeit zurückholen …«
    Ich war hingerissen von ihrer Beharrlichkeit. »Helena Justina, du kannst doch nicht jedes Problem im Reich zu deinem eigenen machen!«
    »Aber ich fühle mich verantwortlich …« Ihr Gesicht wirkte seltsam entrückt. »Ich habe wahrhaftig genug Sorgen, quäl du mich nicht auch noch …«
    »Was denn für Sorgen?«
    »Ach, nichts.

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