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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mir!«
    Ich holte tief Luft. »Sie erwarten doch wohl nicht, daß ich Ihnen gratuliere, Senator. Und Sie werden mir auch nicht gratulieren wollen …« Wenn das verärgert klang, dann deshalb, weil ich mich auf einmal regelrecht hintergangen fühlte.
    »Wäre es denn so furchtbar?«
    »Einfach entsetzlich!« sagte ich, und es war die reine Wahrheit.
    Der Senator lächelte gequält. Er traute mir zu, daß wir, sollte seine Tochter mich wollen, uns schon durchschlagen würden – auch ohne die üblichen Segnungen wie Geld für die Brötchen oder elterliche Unterstützung … Er legte mir die Hand auf den Arm. »Habe ich Sie aus der Fassung gebracht?«
    »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.«
    Camillus wollte mich als Bundesgenossen. »Es hätte wenig Sinn, wenn ich wie ein altmodischer Censor meine Senatsrechte geltend machen wollte. Was geschehen ist, war nicht illegal …«
    »Aber es hilft auch keinem!« rief ich.
    »So etwas dürfen Sie nicht sagen! Helena hat in ihrer Ehe mit Pertinax schon genug gelitten. Diese Heirat war ein Fehler, und ich habe mir geschworen, den nicht zu wiederholen. Ich möchte, daß meine Tochter glücklich wird!« Er klang verzweifelt. Natürlich liebte er seine Tochter über alles – aber das tat ich schließlich auch.
    »Ich kann Helena Justina nicht vor sich selbst schützen.« Ich stockte. »Nein, das ist unfair. Ihr gesunder Menschenverstand verblüfft mich immer wieder …« Ihr Vater wollte etwas einwenden, doch ich winkte ab. »Nein, nein, sie hat schon recht, Senator! Sie verdient ein besseres Leben, als ich ihr je bieten könnte. Ihre Kinder verdienen etwas Besseres – und, um die Wahrheit zu sagen, meine auch! Senator, verzeihen Sie mir, aber wir können nicht darüber reden. Schon deshalb nicht, weil sie fuchsteufelswild wäre, wenn sie wüßte, daß wir hier über ihre Zukunft beratschlagen. Wollen wir nicht das Thema wechseln? Sie haben vorhin Atius Pertinax erwähnt, und um ihn geht es. Kennen Sie seine Lage?«
    Camillus Verus schnaubte zornig; der Senator hatte nichts übrig für seinen Schwiegersohn. Nun empfinden zwar die meisten Väter so, aber in seinem Fall war die Einstellung berechtigt. Seine Tochter war zu gut für diesen Nichtswürdigen.
    Der Senator wußte, daß Pertinax noch am Leben war. Ich warnte ihn, der Flüchtige sei wahrscheinlich in Rom.
    »Im Rückblick gesehen war es nicht gut, Helena hierher zu schicken. Doch nun ist es nicht mehr zu ändern. Geben Sie mir Ihr Wort, Senator, daß Sie Ihre Tochter nicht aus dem Haus lassen, bis ich Pertinax festgenommen habe?«
    »Selbstverständlich … soweit es in meiner Macht steht. Aber ihr Zustand sollte sie daran hindern, in der Stadt herumzuflanieren.«
    Ich schluckte. »Ist sie wohlauf?«
    »Mir sagt ja keiner was!« klagte ihr Vater. Immer wenn er von seinen Damen sprach, mimte Camillus Verus den Unterdrückten, als müsse er daheim die traditionelle Rolle des Paterfamilias spielen: die Rechnungen bezahlen, viel Lärm machen, ohne daß jemand auf ihn hört – und von allen an der Nase herumgeführt werden. »Aber sie sieht sehr angegriffen aus.«
    »Ja, das ist mir auch aufgefallen.«
    Wir tauschten einen sorgenvollen Blick.
     
    Nach dem abschließenden Erfrischungsbad gingen wir hinaus in den Umkleideraum und zogen uns an. Oben auf der Treppe vor dem Gymnasium reichten wir einander die Hand. Wenn Camillus Verus wirklich der kluge Kopf war, für den ich ihn hielt, dann konnte er an meinem Gesichtsausdruck meine Verbitterung erkennen.
    Er zögerte verlegen. »Werden Sie kommen und Helena besuchen?«
    »Nein.« Wie man es auch drehte oder wendete, mit der Antwort hatte ich mich zur feigen Ratte degradiert. Ein einsames Leben. »Aber richten Sie ihr aus …«
    »Ja, Falco?«
    »Schon gut. Lieber nicht.«
    Hier war Vernunft angesagt. Kein Mensch konnte verlangen, daß eine hochwohlgeborene Römerin – Vater im Senat, zwei Brüder im diplomatischen Dienst, standesgemäße Erziehung, leidlich hübsches Gesicht, eigenes Vermögen im Wert von einer Viertelmillion – sich in aller Öffentlichkeit zu einem Techtelmechtel mit einem gewöhnlichen unzivilisierten Briganten wie mir bekannte.

LXXVIII
    Es war spät. Bald würde es ganz dunkel sein. Ich war ruhelos, ein Mann, der Sehnsucht nach seiner Herzensdame hat, ihr aber nicht gegenübertreten kann. Die naheliegende Alternative wäre gewesen, in einer Weinschenke einzukehren und so viel zu trinken, daß ich nachher bis zu meiner Wohnung torkeln oder stockbesoffen

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