Bronzeschatten
in eine Unterredung mit ihrem Gatten eingewilligt und möchte zuvor mit Ihnen sprechen!‹ Bearbeitest du einen Scheidungsfall, Marcus?«
»Das Glück hätte ich gern. Wann soll ich denn dort sein?«
»Das ist der Haken – der Diener, der die Nachricht brachte, hat gesagt, heute morgen. Ich hätte dir schon mittags Bescheid gesagt, aber du warst ja nicht da …«
Ich stieß einen halblauten Fluch aus und rannte wie der Blitz aus dem Haus meiner Schwester, ohne ihr einen Kuß zu geben, mich für das gestrige Abendessen zu bedanken oder ihr ein Wort der Erklärung zu gönnen.
Der Quirinal, auf den Helena und Pertinax nach ihrer Hochzeit gezogen waren, zählte nicht zu den vornehmsten Vierteln, auch wenn es den Leuten, die in diesem hübschen und luftigen Bezirk wohnten, selten so schlecht ging, wie sie behaupteten. Als Vespasian noch ein junger Politiker war, kam sein Jüngster, Domitian, der Wermutstropfen in der Erfolgsgeschichte des Kaisers, in einer kleinen Wohnung in der Granatapfelstraße zu Welt. Später bauten sich die Flavier auf dem Quirinal ihren Familiensitz, von dem aus sie dann den Kaiserpalast eroberten.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, zu diesem Haus zurückzukehren, in dem ich gearbeitet hatte, als wir Pertinax noch für tot hielten. Merkwürdig auch, daß Helena ihr altes Zuhause als neutrales Terrain ansah.
Nach der Haushaltsauflösung war das Gebäude unverkauft geblieben; Geminus nannte so was »eine Gelegenheit, die auf den richtigen Kunden wartet«, und im Klartext heißt das: zu groß, zu teuer und mit dem üblen Ruf belastet, Gespenster zu beherbergen.
Wie wahr.
Ich hatte einen Mann aus dem Palast als Pförtner hier abgestellt, bis die Eigentumsfrage geregelt sein würde. Auf mein dringendes Klopfen hin erschien er fast sofort. Mir sank das Herz: Das bedeutete womöglich, daß ihn heute schon vor mir jemand aus seinem gewohnten Dienstschlaf geweckt hatte.
»Falco!«
»Ist ein gewisser Pertinax hier gewesen?«
»Ich habe doch gleich gewußt, daß mit dem was nicht stimmt! Er hat gesagt, er wäre ein Käufer …«
»O Jupiter! Ich hab Ihnen doch ausdrücklich gesagt, Sie sollen keine Spekulanten reinlassen! Ist er noch da?«
»Nein, Falco …«
»Und wann kam er?«
»Vor Stunden.«
»Mit einer Dame?«
»Die kam allein …«
»Sie ist doch nicht mit Pertinax fort?«
»Nein, Falco …«
Ich ließ mich auf den Schemel des Pförtners fallen, preßte die Hände an die Schläfen, bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte, und ließ ihn der Reihe nach erzählen, was passiert war.
Zuerst hatte Pertinax Einlaß begehrt. Er war aufmerksam wie ein potentieller Käufer herumgegangen, und da es nichts mehr zu stehlen gab, hatte der Pförtner ihn sich selbst überlassen. Dann kam Helena. Sie fragte nach mir, trat aber ohne Zögern ein.
Bei ihrer Begrüßung wirkten sie und Pertinax wie ein Paar – wahrscheinlich, dachte sich der Pförtner, eins von denen, die einander praktisch noch fremd sind, weil ihre Verwandten die Heirat erst vor kurzem arrangiert haben. Jedenfalls gingen sie nach oben, und dort hörte der Pförtner sie streiten – nichts Ungewöhnliches, wenn zwei Menschen sich ein Haus ansehen: Einem gefällt immer die Aussicht, während der andere die Lage unmöglich findet. Mein Mann hielt also still, bis die Stimmen oben immer heftiger wurden. Gleich darauf fand er Helena Justina geisterbleich und zitternd, während Pertinax von der Galerie herunterbrüllte. An dem verdutzten Pförtner vorbei rannte sie aus dem Haus. Pertinax lief ihr nach, überlegte es sich aber im letzten Moment anders.
»Hat er etwas gesehen, was ihn stutzig machte?«
»Die Dame sprach draußen mit einem Senator. Der merkte, wie aufgeregt sie war, half ihr in die Sänfte und befahl den Trägern, sich zu beeilen …«
»Hat er sie begleitet?«
»Ja. Pertinax lungerte am Eingang rum, bis er sie zusammen aufbrechen sah, dann verschwand er.«
Zuerst hielt ich den Senator für Helenas Vater, doch erwies sich das als Irrtum. Ein heftiges Klopfen, und Milo, der Hundezähmer, stand in der Tür.
»Falco – endlich!« keuchte er atemlos. »Ich habe schon überall nach Ihnen gesucht. Gordianus bittet Sie dringend, sofort zu kommen …«
Gordianus hatte ebenfalls ein Haus auf dem Quirinal; auf dem Weg dorthin erzählte Milo, der Oberpriester sei nach Rom gekommen, weil er immer noch fest entschlossen sei, den Tod seines Bruders zu rächen. Da der Quirinal ein respektabler Bezirk war, hatte Gordianus
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