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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sich nach der schwülen Nacht unbegleitet auf einen Morgenspaziergang gewagt. Dabei hatte er Pertinax erkannt, war ihm bis zum Haus gefolgt, hatte Helena ankommen und kurz darauf in äußerster Erregung wieder hinauseilen sehen. Und dann hatte er sie in aller Eile heimgebracht.
    »Sie meinen, in sein Haus?«
    »Nein, zu ihr nach Hause …«
    Ich blieb wie angewurzelt stehen.
    »Obwohl sein eigenes mit allen Dienern nur drei Straßen entfernt liegt? Er, ein Senator, ist zu Fuß durch die ganze Stadt bis zur Porta Capena gelaufen? Warum diese Eile? Warum war die Dame so verzweifelt? War sie krank? Am Ende gar verletzt?« Milo wußte auf all diese Fragen keine Antwort. Unterdessen konnten wir schon die Straße sehen, in der Gordianus wohnte, aber ich rief: »Nein Milo, da muß etwas geschehen sein! Sagen Sie Ihrem Herrn, ich werde später zu ihm kommen …«
    »Falco! Wo wollen Sie denn hin?«
    »Zur Porta Capena!«

LXXXIV
    Der alptraumhafte Weg quer durch Rom dauerte eine geschlagene Stunde.
    Endlich erreichte ich die friedliche Porta Capena. Wie üblich wollte mich der Türsteher nicht einlassen.
    Ich drohte; er zuckte die Achseln. Er sah aus wie ein König, und ich kam mir vor wie ein Flegel. Er stand drinnen; ich blieb draußen auf der Schwelle.
    Inzwischen war ich so erhitzt von meinem Lauf und so von Sinnen vor Angst, daß ich den Burschen beim Kragen seiner Tunika packte, ihn gegen den Türpfosten stieß und mir gewaltsam Zutritt verschaffte. Falco: immer gut für einen zarten Wink.
    »Wenn du dir einen Gefallen tun willst, Freundchen, dann fang an, dir die Freunde des Hauses zu merken!«
    Eine scharfe Frauenstimme erkundigte sich, wer da solchen Lärm mache. Im Nu fand ich mich in einem Empfangssalon wieder, Auge in Auge mit der edlen Julia Justa, der Frau des Senators.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte ich gepreßt. »Aber der Mensch da draußen wollte mich einfach nicht vorlassen …«
    Helena Justinas Mutter und ich standen nicht gerade auf freundschaftlichem Fuß miteinander. Was mir am meisten zu schaffen machte (da ihre Mutter mich, um ehrlich zu sein, nicht leiden konnte), war, daß Helena zwar Gestik und Mienenspiel von ihrem Vater geerbt hatte, im Aussehen aber ganz der Mutter nachschlug. Wenn diese wohlvertrauten, klugen Augen mich mit so ganz anderem Blick ansahen, war es mir direkt unheimlich.
    Julia Justa, eine sehr gut gekleidete Frau mit einem Gesicht, das mit den besten Ölen und Salben gepflegt wurde, die es für eine Millionärsgattin zu kaufen gab, wirkte heute bleich und abgespannt. Auch schien sie nicht recht zu wissen, wie sie sich mir gegenüber verhalten solle.
    »Falls Sie«, begann Helenas Mutter zögernd, »falls Sie gekommen sind, um meine Tochter zu besuchen …«
    »Julia Justa, ich habe schreckliche Dinge gehört. Bitte, wie geht es Helena?«
    »Sie ist nicht ganz wohl.« Wir standen beide. Es schien entsetzlich stickig im Zimmer. Ich konnte kaum atmen. »Helena hat das Kind, das sie erwartet, verloren«, sagte ihre Mutter. Dann musterte sie mich mit gequälter Miene, ungewiß darüber, was von mir zu erwarten sei – und gleichwohl sicher, daß es nur etwas Unangenehmes sein könnte.
    Der Gattin eines Senators in deren eigenem Hause den Rücken zu kehren ist unerhört, aber ich interessierte mich auf einmal lebhaft für eine Delphinstatuette, die als Lampe diente. Ich zeige meine Gefühle nun mal nicht gern vor anderen Leuten, ehe ich sie nicht selbst ergründet habe.
    Der Delphin war ein niedlicher kleiner Kerl, aber mein Schweigen bekümmerte ihn. Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Frau des Senators zu.
    »Also, Didius Falco! Was haben Sie dazu zu sagen?«
    »Mehr als Sie denken.« Meine Stimme schepperte, als hätte ich in ein Metallgefäß gesprochen. »Ich werde alles Helena sagen. Darf ich sie sehen?«
    »Vorläufig nicht.«
    Sie wollte mich aus dem Haus haben. Gute Manieren und schlechtes Gewissen geboten eiligsten Rückzug. Um gute Manieren habe ich mich noch nie viel geschert. Ich beschloß, nicht von der Stelle zu weichen.
    »Julia Justa, werden Sie Helena sagen, daß ich da bin?«
    »Das geht nicht, Falco – der Arzt hat ihr ein starkes Schlafmittel gegeben.«
    Ich sagte, in dem Fall wolle ich keine Umstände machen, aber falls Julia Justa nicht ausdrücklich dagegen sei, würde ich warten.
    Ihre Mutter war einverstanden. Wahrscheinlich ahnte sie, daß es nur Ärger mit der vornehmen Nachbarschaft geben würde, wenn man mich hinausgeworfen hätte und ich

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