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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Trauer um ein Ungeborenes macht die Betroffenen stumm. Um meinen Neffen nicht in Verlegenheit zu bringen, zog ich ihn auf, ob er etwa sein Erspartes auf mein Pferd verwetten wolle. »Keine Angst«, versicherte Larius freimütig. »Anfeuern werden wir deinen Goldschatz – aber gesetzt wird heute auf Ferox!«
     
    Ich ging zur Porta Capena. Niemand in der Familie Camillus empfing Besucher. Ich trug dem Pförtner meine ergebensten Grüße auf, obwohl ich gleich das Gefühl hatte, daß er sie nicht ausrichten würde.
    Als ich an einem Blumenladen vorbeikam, kaufte ich einen Riesenstrauß Rosen zum entsprechenden Preis.
    »Die sind aus Paestum«, flötete das Blumenmädchen wie zur Entschuldigung.
    Ich erklärte sie gnädig für passabel und gab Helenas Adresse an. Ich wußte sehr wohl, daß ihr eine Blume, die ich auf meinem Balkon gezogen hatte, lieber gewesen wäre, denn sie war eine Romantikerin. Aber ihre Mutter sah aus wie eine Frau, der man mit einem teuren Bukett imponieren konnte.
    Helena war inzwischen gewiß wieder bei Bewußtsein, aber man ließ mich trotzdem nicht zu ihr. Also trollte ich mich wieder, ohne etwas anderes mitnehmen zu können als die Erinnerung an ihr starres, weißes Gesicht von gestern.
     
    Da mich niemand liebte, ging ich zum Rennen.
    Gegen Mittag kam ich an, gerade rechtzeitig zum Auftritt der Athleten. In dem äußeren Gewölbe wurden die üblichen kruden Geschäfte abgewickelt, ein befremdlicher Kontrast zu den feinsinnigen Gemälden und Goldornamenten, den Stuck- und Steinmetzarbeiten unter den Arkaden. In den Garküchen und an den Getränkeständen gab es lauwarme, fetttriefende Pasteten und einen Fingerhut voll Wein zu Wucherpreisen. Die Dirnen priesen lauthals ihre Dienste an und wetteiferten mit den Schleppern der Buchmacher um Kundschaft.
    Einen Verbrecher ausgerechnet im größten Stadion von Rom fangen zu wollen war verrückt. Ich kam durch eines der Tore am Aventin. Ganz links von mir, über den Startgattern, lag die Präsidentenloge; gegenüber, vor dem Palatin, der prächtig ausgeschlagene kaiserliche Balkon; zur Rechten die Apsis mit dem Triumphbogen für den festlichen Auszug der Sieger. Auf den ersten beiden Rängen war es mittlerweile unerträglich heiß, und trotz der mittäglichen Flaute empfing mich schier ohrenbetäubender Lärm.
    In früheren Tagen, als Männlein und Weiblein noch kunterbunt durcheinander saßen und der Circus Maximus der beste Ort war, sich eine neue Liebschaft zu suchen, hätte ich keine Chance gehabt, jemanden zu finden, ohne seine Platznummer zu kennen. Und selbst heute, da die Augusteische Verordnung die Geschlechter züchtig voneinander trennte, konnte ich nur die Reihen mit Bestimmtheit ausschließen, die Frauen, Knaben mit ihren Tutoren und den Priesterkollegien vorbehalten waren. Pertinax würde es nicht riskieren, sich auf dem unteren Podium sehen zu lassen, wo einer seiner Senatsbrüder ihn hätte erkennen können. Und da er ein unverbesserlicher Snob war, würde er auch die oberste Galerie meiden, auf der sich die niedrigsten Stände und die Sklaven versammelten. Allein, der Circus erstreckte sich über die ganze Talsohle zwischen dem Viehmarkt und der alten Porta Capena; er faßte eine Viertelmillion Besucher, nicht eingerechnet die emsig hin und her schwirrenden Hilfskräfte, die Ädilen, die als Ordnungshüter über die Menge wachten, die Taschendiebe und Luden, die nach den Ädilen ausspähten, die Parfumfräuleins und Kranzmädchen, die Weinhändler und Nußverkäufer.
    Ich nahm mir einen Block vor und suchte hier das Meer von Gesichtern ab. Mir wurde bald schwindlig, und die Köpfe verschwammen vor meinen Augen zu einem undeutlichen Nebel.
    Das war keine Methode, einen Floh im Hafersack zu suchen. Also huschte ich treppab zu den Arkaden, ging von Stand zu Stand und zeigte überall das kleine Porträt vor, das Larius für mich gezeichnet hatte. Am Ende der Budengasse traf ich auf Famia, der mir etliche Bekannte vorstellte, und ich zeigte ihnen das Bild von Pertinax.
    Danach blieb mir nichts anderes übrig, als anstandshalber die Bemühungen meines Schwagers zu würdigen, der versucht hatte, aus meinem Unglücksklepper ein respektables Rennpferd zu machen.
    Mit hochgebundenem Schwanz, die zerzauste Mähne sauber geflochten, sah Goldschatz so stattlich aus wie möglich und war dennoch eine Katastrophe. Famia hatte eine Satteldecke für ihn aufgetrieben, aber auf die goldenen Fransen und perlenbestickten Brustbänder, mit denen seine

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