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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Curtius Gordianus. Kennen Sie ihn?«
    »Nein.«
    Ich war mir sicher, daß er log. In der Magna Graecia gehört es zum guten Ton, römische Beamte anzulügen.
    Ich war zwar in meinem eigenen Land, fühlte mich aber wie ein Fremder. Die ausgedörrten alten Städte des Südens sind voller Staub, heimtückischer Insekten und korrupter Familienclans, die den Kaiser nur dann respektierten, wenn es sich finanziell lohnte. Die Leute sahen griechisch aus, ihre Götter waren griechisch, und sie sprachen griechische Dialekte. Auf meinem ersten Spaziergang durch Kroton kriegte ich prompt schon in der ersten halben Stunde Ärger.

XIII
    Eine Toga wäre in Kroton fehl am Platz gewesen. Nur die Magistrate bei Gericht besaßen überhaupt Gesellschaftskleidung. Zum Glück ist es nicht meine Art, eine fremde Stadt durch zu vornehme Kluft zu beschämen. Ich trug eine ungebleichte Tunika unter einem langen grauen Staubmantel, dazu schlichte Ledersandalen und einen weichen, geflochtenen Gürtel. Die Überreste eines guten römischen Haarschnitts waren dezent, niemand konnte daran Anstoß nehmen, da mein Kopf unter etlichen Lagen weißen Stoffs verborgen war. Ich hatte keine Angst vor einem Sonnenstich; ich war als Priester verkleidet.
    Ein Forum ist der rechte Platz, um Leute zu finden. Also wanderte ich, höflich den Bürgern von Kroton die schattige Straßenseite überlassend, dorthin. Arrogantes Pack, diese Leute.
    Kroton war eine ausufernde Angelegenheit und viele Häuser von etlichen Erdbeben arg ramponiert. Hunde, die aussahen wie Wölfe, streunten auf der Suche nach etwas Eßbarem durch die Höfe oder jagten in jaulenden Rudeln durch die Nebenstraßen. Auf den Balkonen über mir warteten übergewichtige junge Frauen mit zusammengekniffenen Augen und protzigen Klunkern, bis ich vorbei war, ehe sie ihre obszönen Kommentare über mein Äußeres abgaben; ich verkniff mir jede Antwort, denn mutmaßlich waren diese damenhaften Töchter Krotons mit den höchsten Männern der Stadt verwandt. Außerdem war ich als Priester zu fromm für witzigen Straßenklatsch.
    Lebhaftes Geschnatter und durchdringender Fischgeruch wiesen mir den Weg zum Forum.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Immerhin hatte dieser Markt gesunde Sachen anzubieten. Es gab Sardinen, Sprotten und Anchovis, alle hellglänzend wie neue Zinnleuchter, und frisches Gemüse, das selbst meine Mutter, kritischer Sproß eines Kleinbauern in der Campania, prall und saftig genug gefunden hätte. Der übliche Tinnef fehlte freilich auch nicht: Stapel unglaublich blanker Kupferkessel, die ihren Glanz gleich beim ersten Ausprobieren einbüßen, und haufenweise billige Tunikalitze, deren häßliche Farben in der Wäsche zerlaufen. Weiter hinten türmten sich Berge von Wassermelonen, Tintenfische und Seeschlangen; frische Girlanden für die Bankette heute abend und von gestern übriggebliebene Lorbeerkränze zu Schleuderpreisen; riesige Honigtöpfe und daneben gebündelt die Kräuter, von denen sich die Bienen genährt hatten.
    Ich fragte einfach nur nach dem Preis für Süßholzwurzeln. Jedenfalls glaubte ich das.
    In der Magna Graecia wurde Griechisch gesprochen. Dank eines verbannten maltesischen Kaufmanns, der früher bei meiner Mutter logierte und mein vierteljährliches Schulgeld zahlte – eine der kleinen Geschenke des Lebens –, hatte ich die Grundlagen einer römischen Erziehung genossen. Griechisch war meine Zweitsprache; ich konnte mich in Positur stellen und sieben Verse von Thukydides rezitieren und wußte, daß Homer nicht nur ein Hundename war. Aber mein thrakischer Lehrer mit dem schütteren Bärtchen hatte den praktischen Wortschatz ausgelassen, den man braucht, um sich mit einem Friseur in Buxentum über Rasiermesser zu unterhalten, einen verschlafenen Kellner in Velia um eine Schneckengabel zu bitten – und um niemand zu beleidigen, wenn man in Kroton um würzige Kräuter feilscht. Ich war überzeugt, daß ich wüßte, was Süßholzwurzel heißt; andernfalls hätte ich mich nicht einmal meiner Mutter zuliebe (die ein Geschenk aus dem Süden erwartete und mir vorsorglich empfohlen hatte, was ich kaufen solle) auf diesen Handel eingelassen. Tatsächlich muß ich aus Versehen eine saftige griechische Zote gerissen haben.
    Der Standinhaber glich einer zwergenwüchsigen Saubohne, die am Stock gehangen hat, bis sie in der Schote geschrumpelt ist. Er stimmte ein Geheul an, das drei Straßen weit zu hören war. Menschen strömten herbei und drückten mich gegen den Stand wie

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