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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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italienischen Stiefels, ich wandte mich nach Westen, auf die große Zehe zu. Jetzt war ich auf der Via Popilia, Richtung Rhegium und Sizilien, und würde kurz vor der Straße von Messina wieder abbiegen.
    Ich mußte Latium, die Campania und Lucania durchqueren und weit nach Bruttium hinein – also halb Italien durchwandern; die Reise dauerte ewig. Nach Capua kamen Nola, Salernum, Paestum, Velia, Buxentum, dann ein langer Marsch an der Tyrrhenischen Küste entlang bis zur Straße nach Cosentia im tiefen Süden. Sowie ich von der Hauptstraße abschwenkte, um die Halbinsel zu überqueren, wurde das Gelände plötzlich steil. Ausgerechnet da machte das Maultier, das ich auf der letzten Zwischenstation eingetauscht hatte, Zicken und bewies mir, daß ich mich zu Recht vor einer Gebirgstour gegraust hatte.
    Cosentia: Provinzhauptstadt der Bruttier. Eine bucklige Ansammlung einstöckiger Hütten. Der Ort lag in den Bergen, war schwer zugänglich und jahrhundertelang nicht so bedeutend gewesen wie Bruttiums zweite Stadt, Kroton. Trotzdem war Cosentia die Hauptstadt; alter Stamm, diese Bruttier.
    Ich übernachtete in Cosentia, machte aber kaum ein Auge zu. Dies war Magna Graecia ; Großgriechenland. Rom hatte die Magna Graecia längst erobert; theoretisch. Trotzdem war ich auf der Hut, solange ich durch dieses unwirtliche Territorium ritt.
    Die Straßen waren jetzt fast menschenleer. In Cosentia war außer mir nur noch ein anderer Reisender im Gasthof abgestiegen – ich bekam den Mann nie zu Gesicht. Der Bursche hatte sein eigenes Paar Pferde, und die erkannte ich wieder; ein kräftiger Rotschimmel, der fast ein Rennpferd war, und einen Schecken als Lasttier. Seit Salernum, wenn nicht schon länger, hatten wir den gleichen Weg genommen, aber ich war immer schon auf und davon, bevor er morgens erschien, und wenn er mich abends eingeholt hatte, lag ich bereits im Bett. Hätte ich gewußt, daß wir in Cosentia immer noch zusammen sein würden, ich hätte mich bemüht, wachzubleiben und ihn kennenzulernen.
    Ich hasse den Süden. All diese altmodischen Städte mit den wuchtigen Tempeln zu Ehren von Zeus und Poseidon; all diese Philosophenschulen, die einem Minderwertigkeitskomplexe einflößen; all diese düster dreinblickenden Athleten und die grüblerischen Bildhauer, die sie in Stein hauen. Ganz zu schweigen von den irrsinnigen Preisaufschlägen für Fremde und den schlechten Straßen.
    Wenn man der Äneis glaubt, so wurde Rom von einem Trojaner gegründet; während ich durch den Süden reiste, kribbelte mir ständig die Kopfhaut, als hätten diese griechischen Kolonisten mich zu ihrem alten Feind mit der phrygischen Mütze auserkoren. Die Leute hatten anscheinend nichts anderes zu tun, als an ihren staubigen Portalen herumzulungern und Fremde zu beobachten. Cosentia war schon schlimm genug; Kroton, das sich für bedeutender hielt, würde demnach noch schlimmer sein.
    Der Weg nach Kroton bedeutete ernsthaftes Alpintraining. Die Temperatur fiel so tief, wie mein Weg steil war. Die dichten Kastanien- und Türkischen Eichenwälder der Ebene von Sila wurden in höheren Lagen von Buchen und Weißtannen abgelöst; Erlen und Espen klammerten sich in die Felsspalten der Gipfelregion. Die Einheimischen nannten diesen abenteuerlich gewundenen Pfad eine gute Straße. Ich unterbrach meine Reise stets vor Einbruch der Dunkelheit; selbst am hellichten Tag war mir, als könnte ich Bergwölfe heulen hören. Einmal, als ich auf einer sonnigen, von wilden Erdbeeren bestandenen Lichtung rastete, schlängelte sich plötzlich eine Viper unter meinem Bein hervor und verschwand blitzschnell hinter einem Felsen. Beschimpfungen von den römischen Callgirls im Circus Maximus waren mir lieber.
    Dieses Kaff war Hannibals letzte Zuflucht in Italien gewesen. Ich schätze, wenn ein Heide wie Hannibal hier noch mal durchkäme, wäre man immer noch bereit, ihn mit einem Bankett auf Gemeindekosten zu begrüßen. Für mich dagegen gab es hier kein freundliches Willkommen.
    Schweißbäche rannen mir zwischen den Schulterblättern herab, als ich ankam. Der Wirt der städtischen Mansio war ein hagerer Mensch mit Schlitzaugen, der mich für einen Buchprüfer vom Schatzamt hielt; ich erklärte ihm hochnäsig, daß ich so tief noch nicht gesunken sei. Er nahm mich trotzdem gründlich unter die Lupe, bevor er sich dazu bequemte, mir ein Zimmer zu geben.
    »Bleiben Sie lange?« winselte er.
    »Das habe ich eigentlich nicht vor. Ich suche einen Priester mit Namen

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