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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Umgang mit Bauingenieuren gelehrt hat, auch Irre höflich zu behandeln.
    Über den Problemen mit meinem Neffen hatte ich ganz vergessen, mich nach der Ankunft des Schiffes zu erkundigen, aber wenn der Kaiser befiehlt, daß ein Schiff von Ostia nach Sarnus gebracht wird, dann darf man darauf vertrauen, daß die Mannschaft in See sticht, ohne vorher noch um ein Meeresnymphchen zu würfeln.
    Die Circe lag bereits im Hafen vor Anker. Sie war eins der Langboote, die Atius Pertinax in Tarentum hatte bauen lassen – ein riesiger Rahsegler mit dreißig Fuß tiefem Laderaum und zwei großen Steuerpaddeln rechts und links vom Heck, das so elegant geschwungen war wie ein Schwanenhals. Die Circe war stabil genug, daß man mit ihr den Indischen Ozean hätte durchsegeln und sie mit Elfenbein, Pfeffer, Tragantgummi, Bergkristall und schimmernden Perlen vollbeladen zurückbringen können. Aber sie hatte seit ihrer Jungfernfahrt ein härteres Leben geführt; Pertinax hatte sie letztes Jahr rund um Gallien geknüppelt. Und jetzt war sie bis zu den Schandeckeln mit kühler atlantischer Fracht beladen – mit rechteckigen Barren britischen Bleis.
    Ventriculus pfiff anerkennend, als wir an Bord gegangen waren und ich die Luken öffnete.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, worum es sich handelt«, bemerkte ich, als er die Barren verwundert untersuchte.
    »Ich hoffe doch«, meinte er rundheraus, »daß die nicht dem Staatsschatz abhanden gekommen sind?«
    »Bloß aussortiert«, antwortete ich.
    »Gestohlen? «
    »Nicht von mir.«
    »Und wie sind Sie drangekommen?«
    »Die sind Teil einer Betrugsaffäre, in der ich ermittelt habe. Sie wissen ja, wie das so geht. Die Barren hätten als Beweisstücke dienen können und wurden deshalb erst einmal an einem sicheren Ort verwahrt, während die hohen Herren sich den Kopf zerbrachen, ob sie einen Prozeß anstrengen oder den Skandal doch lieber vertuschen sollten.«
    »Und was ist dabei rausgekommen?«
    »Gar nichts. Man hat das Interesses verloren. Eines Tages bin ich dann über die Dinger gestolpert. Es gibt keine Frachtpapiere dazu, und der Schatzkämmerer im Saturntempel wird den Verlust nie bemerken.« Naja, vielleicht.
    »Ist da noch Silber drin?« erkundigte sich Ventriculus, und als ich den Kopf schüttelte, machte er ein enttäuschtes Gesicht.
    Petronius starrte in die offene Ladeluke mit dem aschfahlen Gesicht dessen, der sich verbittert daran erinnert, wie man ihn einst auf einen gottverlassenen Grenzposten in eine Provinz am Ende der Welt abgeschoben hat: nach Britannien, wo einem Regen und Wind ständig ins Gesicht peitschten. Er haßte Britannien fast genauso wie ich. Aber eben doch nur fast. Er schwärmte noch immer von den berühmten Austern der Ostküste, und seine Augen leuchten, wenn eine Frau mit rotgoldenem Haar vorbeigeht.
    »Weiß Vespasian, daß du dir das Zeug unter den Nagel gerissen hast?« fragte er besorgt. Er hatte einen verantwortungsvollen Beruf mit anständigem Gehalt; seine Frau hing fast ebenso an dem Gehalt wie Petronius an seinem Posten.
    »Ich hab ’ne Sonderkonzession!« versicherte ich ihm munter. »Vespasian macht gern einen raschen Denar nebenher.«
    »Hast du ihn gefragt , ob er mit dir halbe-halbe macht?«
    »Er hat nie nein gesagt.«
    »Aber auch nicht ja! Falco, also wirklich …«
    »Petro, es besteht wirklich kein Grund zur Sorge!«
    »Du hast sogar das Schiff geklaut!«
    »Das Schiff«, korrigierte ich würdevoll, »wird auftragsgemäß dem Millionär zurückgegeben, der es für seinen Sohn gekauft hat; sobald wir fertig sind, werde ich dem alten Trottel mitteilen, wo seine schwimmende Immobilie vor Anker liegt. Und jetzt sollten wir endlich zupacken, wir haben hier allerhand zu schleppen … O Parnassus! Wo ist der Bengel hin?«
    Von plötzlicher Angst erfaßt, sprang ich an Deck und suchte mit den Augen den Hafen nach Larius ab. Da kam dieser grüne Junge auch schon über den Kai geschlendert und beglotzte sich in aller Seelenruhe die anderen Schiffe. Ich entdeckte ihn sofort – und ganz in seiner Nähe einen runzligen Schauermann, dessen ledernes Gesicht aussah wie neunzig Jahre Sonnenbrand und der uns von einem Poller aus sehr aufmerksam beobachtete.

XXVI
    Es wurde ein harter Tag.
    Den Morgen brachten wir damit zu, die Barren auf unseren Ochsenkarren umzuladen. Ventriculus hatte eine Werkstatt im Theaterbezirk gemietet; das Stabianische Tor lag am nächsten, doch der Weg dort hinauf war so steil, daß wir statt dessen einen Riesenumweg über die

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