Brooklyn
Konversation ungezwungener, aber sie hatte noch immer das Gefühl, auf dem Präsentierteller zu sitzen und sich jedes Wort, das sie sagte, genau überlegen zu müssen. Als sie sie nach zu Hause fragten, versuchte sie, so wenig wie möglich zu sagen, und sorgte sich anschließend, sie könnten glauben, sie habe etwas zu verbergen. Jetzt fiel ihr auf, dass Frank sie jedesmal, wenn sie etwas sagte, anstarrte und alles in sich aufnahm, als müsste er es auswendig lernen. Als die Mahlzeit vorüber war und Tony noch immer nicht zurückgekehrt war, sagten Laurence und Maurice, sie würden jetzt gehen und ihn aus den Klauen Mrs. Brunos und ihrer Tochter befreien. Tonys Eltern lehnten Eilis’ Angebot ab, ihnen beim Abräumen zu helfen, und Tonys Abwesenheit schien ihnen inzwischen peinlich zu sein.
»Ich dachte, er wäre nur ganz kurz weg«, sagte seine Mutter. »Es muss etwas Ernstes gewesen sein. Es ist immer schwer, den Leuten nein zu sagen.«
Als Tonys Eltern sich vom Tisch entfernt hatten, machte ihr Frank ein Zeichen, näher zu kommen.
»War er mit Ihnen schon auf Coney Island?« flüsterte er.
»Nein«, sagte sie, ebenfalls flüsternd.
»Mit seiner letzten Freundin war er da, und sie sind Riesenrad gefahren, und sie hat sich mit Hotdogs vollgekotzt und hat gesagt, das wär seine Schuld, und ist nie wieder mit ihm ausgegangen. Er hat einen Monat lang kein Wort geredet.«
»Ist das wahr?«
»Francesco, steh auf und geh nach draußen«, sagte sein Vater. »Oder geh deine Hausaufgaben machen. Was hat er gerade gesagt?«
»Er hat mir erzählt, dass es auf Coney Island im Sommer sehr schön ist«, sagte Eilis.
»Das stimmt, da hat er recht«, sagte sein Vater. »War Tony nicht mit Ihnen dort?«
»Nein.«
»Ich hoffe, das tut er noch«, sagte er. »Es wird Ihnen gefallen.«
Sie entdeckte ein Lächeln auf seinem Gesicht.
Frank beobachtete sie mit großen Augen, wohl deshalb, weil sie seinem Vater nicht erzählt hatte, was er wirklich gesagt hatte. Als sein Vater sich umdrehte, schnitt sie ihm eine Grimasse, und er starrte sie verblüfft an, bevor er seinerseits eine Grimasse schnitt und das Zimmer verließ, gerade als Tony in seinem Overall zusammen mit seinen zwei Brüdern zurückkehrte. Er stellte seinen Werkzeugkasten ab und hielt die Hände hoch: Sie waren schmierig.
»Ich bin ein Heiliger«, sagte er und grinste.
Als Eilis Miss Fortini erzählte, Tony wolle sie jetzt, wo das Wetter mild wurde, an einem der nächsten Sonntage an den Strand von Coney Island mitnehmen, zeigte sich Miss Fortini besorgt. »Ich glaube nicht, dass Sie auf Ihre Linie geachtet haben«, sagte sie.
»Ja, ich weiß«, erwiderte Eilis. »Und einen Badeanzug habe ich auch nicht.«
»Italienische Männer!« sagte Miss Fortini. »Im Winter ist es ihnen egal, aber im Sommer muss man am Strand tadellos aussehen. Mein Freund würde nie an den Strand gehen, wenn er nicht schon braun ist.«
Miss Fortini sagte, eine Freundin von ihr arbeite in einem anderen Kaufhaus, das qualitativ hochwertige Badeanzüge verkaufte, viel bessere als diejenigen, die im Bartocci’s angeboten wurden, und sie lasse ein paar zur Ansicht kommen, so dass Eilis sie anprobieren könnte. Bis dahin empfahl sie ihr, mehr auf ihre Linie zu achten. Eilis versuchte zu sagen, sie glaube nicht, dass Tony allzuviel Wert auf Sonnenbräune lege oder darauf, wie sie am Strand aussehe, aber Miss Fortini unterbrach sie und sagte, jedem Italiener sei es wichtig, wie seine Freundin am Strand aussehe, gleichgültig, wie perfekt sie in sonstiger Hinsicht auch sei.
»In Irland schaut niemand hin«, sagte Eilis. »Das wäre ungezogen.«
»In Italien wäre es ungezogen, nicht hinzuschauen.«
Ein paar Tage später teilte Miss Fortini Eilis am Morgen mit, dass die Badeanzüge am Nachmittag geliefert werden würden und Eilis sie nach der Arbeit, wenn Bartocci’s geschlossen sei, anprobieren könne. Da im Geschäft gegen Abend viel los war, hatte Eilis die Sache fast schon wieder vergessen, bis sie Miss Fortini mit dem Paket in ihrer Nähe herumstehen sah. Sie warteten, bis alle gegangen waren, und dann informierte Miss Fortini den Wachdienst, dass sie noch eine Weile da sein würden, dass sie die Lichter selbst ausschalten würde und sie das Gebäude durch einen Seitenausgang verlassen würden.
Der erste Badeanzug war schwarz und schien die richtige Größe zu haben. Eilis zog den Vorhang auf und trat aus der Umkleidekabine, damit Miss Fortini ihn sehen konnte. Miss Fortini wirkte
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