Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)

Meer zeigte.
    Weil Stig immer noch außer Atem war, sprang Jesper weiter für ihn ein, indem er die Schlagzahl für seine Kameraden ansagte. Inzwischen zeigte der Tümmler ebenfalls mit dem Bug zur offenen See. Die Ruder schlugen ins Wasser wie lange weiße Flügel.
    »Schneller, Jesper!«, rief Hal, und Jesper erhöhte die Schlagzahl. Die sieben Kameraden gaben ihr Bestes, um die Ruder schneller zu bewegen. Die Wellen schlugen immer heftiger gegen den Rumpf.
    »Gib alles, Ingvar!«, bat Hal. Ingvar schloss die Augen und legte seine ganze Kraft in die Züge. Hal glich den einseitigen Zug auf dessen Seite mit dem Steuer aus und der Seevogel legte an Geschwindigkeit zu.
    Doch so schnell sie auch ruderten, der Tümmler holte auf. Hal hörte, wie Tursgud seiner Mannschaft Kommandos zurief. Er hörte, wie die Ruderbefehle noch schneller kamen. Dann nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Der Tümmler überholte sie. Der Bug befand sich nun auf Heckhöhe des Seevogels und schob sich weiter an ihnen vorbei. Hal drehte den Kopf und sah Tursguds spöttischen Gruß.
    Als sie schließlich den Schutz der Bucht verließen, lag Tursguds Schiff bereits eineinhalb Schiffslängen vor ihnen. Hal spürte den starken Nordwestwind an seiner rechten Wange.
    »Ruder einholen!«, schrie er. »Backbordsegel hoch!«
    Das Klappern der Ruder, die nicht ordentlich verstaut, sondern nur abgelegt wurden, war zu hören. Dann kletterte die Mannschaft über die Ruderbänke, um zu den Tauen zu gelangen. Kurz darauf stieg der Backbordbaum am Mast hoch und der Wind füllte die Segel.
    Der Seevogel bekam Schlagseite, als sie das Segel strafften. Der Wind war jetzt viel stärker und die dunklen Wolken waren bereits näher gekommen.
    »Leinen fieren!«, rief Hal, und Stig und seine Mannen an den Tauen gehorchten. Sobald der Druck auf dem Segel nachließ, richtete der Seevogel sich wieder auf und schien jetzt beinahe zu fliegen. Sie segelten nun direkt vor dem Wind – die besten Voraussetzungen.
    Hal brauchte keinen Kompass, um den richtigen Kurs einzuschlagen. Er konnte die Küste von Skandia sehen und er konnte die Sonne sehen. Der Kurs hieß West und er schlug ihn ein.
    Der Seevogel tauchte in ein Wellental ein, schien dort kurz zu verharren, löste sich dann jedoch und stieg über den Kamm der nächsten Welle. Mit einem mächtigen Gischtregen durchschnitt er die Welle, fast ein Drittel des Rumpfs stieg dabei aus dem Wasser, bevor das Schiff wieder nach unten ins Wellental glitt und sich das Ganze wiederholte.
    Auch der Tümmler hatte die Segel gesetzt, und da er ebenfalls vor dem Wind segeln konnte, war er schnell. Aber der Seevogel war schneller. Als das kleine Schiff sich an seinem größeren Rivalen vorbeischob, jubelte die Mannschaft des Seevogels und rief Beleidigungen übers Wasser.
    Hal seufzte. Zum ersten Mal auf dieser Fahrt fiel ein Teil der Anspannung von ihm ab. Stig trat zu ihm und sie klopften sich gegenseitig auf die Schultern.
    »Sie können uns jetzt nicht mehr schlagen«, sagte er begeistert. Hal hob warnend den Finger. Es war seiner Meinung nach nie gut, sich zu früh zu freuen.
    »Ich klopfe auf Holz«, sagte er und klopfte auf die Ruderpinne.
    Stig grinste. »Ich klopfe auch auf Holz«, antwortete er und pochte gegen Hals Kopf.
    Genau in diesem Moment erfasste sie ein starker Windstoß und brachte den Seevogel in Schräglage, sodass Wasser hereinschwappte. Noch bevor Stig einen Befehl brüllen konnte, waren die Zwillinge schon dabei, Wasser zu schöpfen. Er blickte hoch zu den Wolken, die sich jetzt aus Nordwest kommend über ihnen zusammenballten.
    »Der Wind nimmt zu«, stellte er fest.
    Hal machte ein sorgenvolles Gesicht. »Es müsste trotzdem alles klappen«, sprach er sich und seinem Freund Mut zu. »Wir müssen eigentlich nur geradeaus zur Küste, dann wenden wir, um in den Hafen zu kommen. Wir sind in Sicherheit, bevor der Wind richtig heftig wird.«
    »Klopf auf Holz«, sagte Stig, und Hal nickte.
    »Klopf auf Holz.«
    Kaum hatten sie das gesagt, knarrte der Baum, der das Segel hielt, verdächtig. Sowohl Stig als auch Hal blickten nach oben.
    »Ist der Baum nicht stärker gebogen als sonst?«, fragte Stig.
    Hal schüttelte den Kopf. »Das passt schon«, sagte er nicht sonderlich überzeugend. Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr und sah Gort neben sich stehen. Auch er beobachtete, wie der Baum sich unter dem Druck des Windes bog. Wieder kam ein starker Windstoß und wieder war ein ein dumpfes Knarren zu