Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)
Kehle gelegt. Blut tropfte herab, wo die Klinge die Haut des Jungen berührte. »Lass die Waffe fallen«, sagte Zavac glatt. Einen Augenblick lang überlegte der Nordländer, ob er die Möglichkeit hatte, den Piraten niederzustrecken und seinen Neffen zu retten. Doch dann musste er sich eingestehen, dass es hoffnungslos war.
»Der Junge wird sterben«, sagte Zavac leise, als hätte er seine Gedanken gelesen.
Mit einem Knurren ließ Arndak seine Axt los. Sie fiel schwer auf das Deck.
»Den Schild auch«, befahl Zavac.
Arndak ließ den Schild sinken. Er schlug auf dem Deck auf und rollte in die Ruderbänke.
»Jetzt fesselt sie beide«, wies Zavac seine Mannschaft an.
Ein halbes Dutzend Piraten umzingelte Arndak. Sie rissen seine Arme zurück, banden die Hände mit Lederschnüren und zogen ihn dann achtern. Sie stießen ihm die Füße unter dem Körper weg und fesselten ihn an einen Schiffsbalken. Seinem Neffen erging es nicht viel besser.
Zavac sah dabei zu, dann zog er einen kleinen Hocker zu ihnen heran und setzte sich.
»Durchsucht das Schiff«, befahl er seinen Männern. »Er muss irgendwo an Bord eine Geldtruhe versteckt haben.«
Die Piraten beeilten sich, seinem Befehl Folge zu leisten. Arndak hörte, wie sie mit Äxten in das Holz schlugen und Planken zertrümmerten auf der Suche nach der Geldtruhe. Nach einigen Minuten war ein Triumphschrei zu hören.
»Her damit«, rief Zavac, ohne sich umzudrehen.
Zwei seiner Männer hoben die schwere Truhe hoch und ließen sie vor ihm aufs Deck fallen. Er öffnete den Deckel und lächelte beim Anblick von Gold und Silber.
»Sehr schön«, sagte er. »Ein guter Lohn für die Arbeit eines Tages.«
»Für mich und meine Männer waren es Monate«, sagte Arndak bitter.
Zavac lächelte ihn wieder mit diesem kalten Lächeln an.
»Ja. Aber nun sind alle tot, nicht wahr?«
»Genau wie ich es bald sein werde«, erwiderte Arndak. Er sagte es ohne ein Zeichen von Furcht. Er hatte sein Schicksal akzeptiert. »Aber verschont bitte den Jungen.« Er hatte keine große Hoffnung, dass die Piraten der Bitte entsprächen, aber er musste schon seiner Schwester zuliebe wenigstens den Versuch machen. Zu seiner Verwunderung nickte Zavac nachdenklich.
»Vielleicht tue ich das sogar. Aber dafür möchte ich natürlich eine Gegenleistung.«
»Und was wäre das?«, fragte Arndak.
Der Pirat beugte sich vor, bis sein Gesicht ganz nahe vor dem des Skirl war.
»Ich habe Gerüchte von einem unglaublichen Schatz gehört, den ihr in eurem Hafen von Hallasholm aufbewahrt«, sagte er leise.
Arndak verschlug es den Atem. Der Pirat konnte sich nur auf eines beziehen: den Andomal.
Der Andomal war Hallasholms bestgehüteter und wertvollster Schatz. Niemand wusste so genau, wie der Andomal eigentlich entstanden war. Er war vor einigen hundert Jahren in einem Fischernetz geborgen worden. Es war ein riesiges Stück Bernstein, von der Größe eines Kopfes. Durch die Kraft der Gezeiten war es zu einer fast perfekten Kugel geschliffen worden.
Allein schon seine Größe machte ihn wertvoll. Aber in seinem Inneren befand sich darüber hinaus die gedunkelte Klaue einer Art Rieseneidechse. Eine beliebte Legende besagte, dass es ein Drachenfuß war. Deshalb war der Andomal von unschätzbarem Wert. Er war einzigartig und ehrfurchteinflößend. So etwas gab es nicht noch einmal auf der Welt.
Die Unsicherheit darüber, woher er stammte, hatte zu seinem Namen geführt. In der alten Sprache bedeutete Andomal »Ding«.
Zavac beobachtete Arndak und sah seine Reaktion.
»Ich sehe, du weißt, wovon ich spreche«, sagte er. Als Arndak sich weigerte zu antworten, blickte der Pirat auf den Jungen neben ihn. »Ein eigenartiger Schatz, der mehr wert ist als das Leben eines Jungen«, sagte er.
Ernak funkelte ihn böse an. »Sag es ihm nicht, Onkel«, zischte er wütend.
Zavacs Lächeln wurde breiter.
»Onkel?«, wiederholte er. »Dieser Junge ist dein Neffe? Und es liegt in deiner Macht, ihn zu retten. Erzähl mir von diesem Schatz, und ich schwöre, ich nehme den Jungen mit. Ich werde ihn irgendwo an der Küste Skandias absetzen.«
Arndaks Gedanken rasten. Der Andomal war ein gut behüteter Schatz. Der Schrein, in dem er aufbewahrt wurde, befand sich auf einem steilen Hügel oberhalb der Stadt und er wurde Tag und Nacht von einer Ehrengarde von sechs Kriegern bewacht, die speziell wegen ihres Mutes und ihrer Tapferkeit für diese Aufgabe ausgewählt worden waren. Nur die tapfersten Krieger wurden zur Bewachung
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