Broughton House - Haus der Sehnsucht
Frau.
Plötzlich fühlte Venice sich erheblich sicherer. Sie hob den Kopf und richtete sich beinahe kämpferisch auf.
„Natürlich brauchen wir die Scheidung, und zwar schnell. Nick wird die alleinige Schuld auf sich nehmen und sich zu dem Ehebruch bekennen. Er wird Ihnen das Haus überschreiben …“ Venice machte eine Kunstpause. „Vorausgesetzt, es gibt keine Probleme, keine Verzögerungen.“ Sie betonte das letzte Wort und sah Fern zum ersten Mal fest an. „Ich bin sicher, er wird finanziell ausreichend für Sie sorgen.“
Erst die Drohung, dann die Bestechung, dachte Fern. Was für eine Frau war diese Venice eigentlich? Glaubte sie im Ernst, sie, Fern, hätte Nick einem langwierigen, bitteren Scheidungsprozess ausgesetzt, wenn sie ihn noch liebte? Liebe bedeutete, dass man die Bedürfnisse des anderen über die eigenen stellte. Nick musste restlos vernarrt in Venice sein, wenn er ihr diesen Vorschlag mit dem Haus und dem Geld machte.
Zum ersten Mal ließ sie ein wenig von ihren eigenen Gefühlen erkennen. „Das ist sehr großzügig von Nick, aber völlig überflüssig“, erklärte Fern kühl. Beinahe hätte sie hinzugefügt, dass sie keinerlei Erinnerung an ihre elende Ehe behalten wollte, schon gar nicht dieses Haus, das Nick immer als sein alleiniges Eigentum bezeichnet hatte.
Venice sah sie verblüfft an. „Heißt das, Sie sind mit einer Scheidung einverstanden?“, fragte sie.
Fern erlaubte sich ein winziges Lächeln. „Wie sollte ich nicht“, antwortete sie scheinbar betrübt. „Um des Babys willen.“
Ihre Zustimmung sowie ihre Weigerung, einen Penny Unterhalt von Nick anzunehmen, verwirrten Venice offensichtlich so, dass sie nicht weiterwusste.
„Was ist mit Nicks Kleidern?“, fragte Fern. „Sie möchten doch sicher … Wenn Sie wollen, können Sie gern warten, bis ich seine Sachen gepackt habe. Oder …“
Venice starrte Fern an. War diese Frau ganz richtig im Kopf? Ihre Verachtung wuchs. Wie konnte jemand so unterwürfig sein.
Fern bemerkte Venices Blick. Die Frau ahnte nicht, dass sie, Fern, alles tun würde, damit Nick nicht zurückkehrte und es sich am Ende noch anders überlegte.
Sie brauchte nicht lange zum Packen, sondern warf die Sachen achtlos in die Koffer. Von nun an bin ich nicht mehr dafür verantwortlich, dass Nicks Hemden knitterfrei, seine Anzüge makellos gebügelt und seine Schuhe blank geputzt sind, überlegte sie befriedigt.
Allerdings konnte Sie sich nicht vorstellen, dass Venice auch nur eine dieser Aufgaben übernahm.
Während sie den letzten Koffer die Treppe hinunterschleppte, kam Venice aus dem Wohnzimmer. Sie hielt eine kleine Broschüre in der Hand.
„Ich habe gerade darin gelesen und festgestellt, dass der Garten von Broughton House von Gertrude Jekyll angelegt worden ist.“ Die Jekyll war eine berühmte englische Landschaftsgärtnerin.
„Ja, das ist er“, stimmte Fern ihr zu. „Mrs Broughton hat mir die Pläne einmal gezeigt.“
„Wissen Sie, wo sie sich jetzt befinden?“, fragte Venice.
„Die Pläne? Ich nehme an, sie sind zusammen mit den anderen Unterlagen bei ihrem Anwalt“, antwortete Fern. Weshalb in aller Welt interessierte sich Venice plötzlich für die Gärten von Broughton House?
„Dann sind wir uns also einig, nicht wahr?“, verkündete Venice, nachdem Fern den letzten Koffer zum Wagen getragen hatte. „Sie widersprechen der Scheidung nicht, und Nick überschreibt Ihnen dafür das Haus und zahlt Ihnen einen monatlichen Unterhalt.“
„Ich werde der Scheidung nicht widersprechen“, antwortete Fern ruhig. Und ich werde gewiss kein Geld für meine Einwilligung annehmen, fügte sie stumm hinzu.
Weshalb hatte Nick nicht gesagt, dass sie die Scheidung wünschte? Wie konnte diese Beziehung gut gehen, wenn Nick Venice schon vor der Ehe derart täuschte? Aber das war nun wirklich nicht ihre Sorge. Zum Glück nicht.
Fern blickte zum Telefon hinüber. Sie musste unbedingt Cressy anrufen und ihr alles erzählen.
Es war unglaublich, wie gut sie sich fühlte. Wie entspannt und erleichtert, wie glücklich und frei sie war.
Venice stieg aus dem Wagen und rannte beinahe ins Haus. Nick saß in einem Bademantel am Frühstückstisch und blickte finster in seine Kaffeetasse.
„Wo, zum Teufel, bist du gewesen?“, fragte er, als sie das Zimmer betrat. „Und wo sind meine Wagenschlüssel?“
„Keine Ahnung. Hast du sie verloren?“ Mit unschuldiger Miene sah Venice ihn an. Die Wagenschlüssel lagen sicher in ihrer
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