Broughton House - Haus der Sehnsucht
beeindruckendes Mädchen wie Vanessa war?
Marcus, der nach den Mädchen die Diele betreten hatte, war verärgert und gereizt. Als er die Koffer abstellte, drehte Vanessas Freundin sich zu ihm und lächelte aufreizend.
„Komm, Sasha. Mein Zimmer ist oben“, verkündete Vanessa und beachtete Eleanor nicht. Nach einem weiteren aufreizenden Blick zu Marcus folgte die Freundin ihr die Treppe hinauf.
„Sag jetzt nichts“, warnte Marcus Eleanor, nachdem sich die Tür hinter den beiden Mädchen geschlossen hatte. „Vergiss nicht, dass es deine Idee war und nicht meine.“
Eleanor war zu müde, um ihn darauf hinzuweisen, dass sie nur den Anruf seiner Exfrau entgegengenommen hatte. Sie war ebenso wütend wie verletzt.
Das Wochenende wurde zu einem Albtraum. Als Marcus seiner Tochter verbot, mit ihrer Freundin einen Nachtklub zu besuchen, den das Mädchen offensichtlich kannte, schloss Vanessa sich in ihrem Zimmer ein. Sie drehte die Musik so laut auf, dass Eleanor das Gefühl hatte, die Grundmauern des Hauses erbebten.
Schließlich verkündete Sasha, wenn Vanessa nicht mitkommen dürfe, könne sie ebenso gut zu Hause bleiben. Sie schien eher belustigt über das Verbot zu sein. Aus ihren Bemerkungen ging hervor, dass sie erst seit Kurzem in Vanessas Schule war und in einem Jugendheim wohnte.
„Mum gefiel es nicht, dass ihr neuer Freund mich mochte. Deshalb ging sie zum Jugendamt und behauptete, sie würde nicht mehr mit mir fertig“, erzählte sie gleichgültig.
Am Montagmorgen wusste Eleanor nicht mehr aus noch ein. Als sie den Mädchen erzählte, sie hätte eine Besprechung mit dem Architekten in Broughton House und wolle die beide mitnehmen, protestierte Vanessa heftig.
„Wir sind doch keine Kinder“, erklärte sie verbittert. „Du brauchst nicht ständig wie eine Glucke über uns zu wachen.“
Sasha beugte sich über den Tisch und flüsterte der Freundin etwas zu. Vanessa errötete und lachte leise. Marcus war schon ins Büro gefahren, bevor die Mädchen heruntergekommen waren.
„Außerdem bist du nicht meine Mutter“, fügte Vanessa herausfordernd hinzu. „Du hast mir nichts zu sagen.“
Beinahe hätte Eleanor erwidert, dass sie auch nicht verpflichtet wäre, sich ihr schlechtes Benehmen gefallen zu lassen.
Stattdessen ging sie nicht auf Vanessas aggressiven Ton ein, sondern antwortete ruhig: „Es wäre mir sehr recht, wenn du mitkommen würdest, Vanessa. Ich dachte, du möchtest dir das Haus vielleicht ansehen. Wir könnten irgendwo anhalten und nett zum Mittag essen.“
„Ich weiß nicht recht … Was meinst du, Sasha?“
Eleanor versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, als das andere Mädchen lässig seinen Kaugummi von einer Seite zur anderen schob.
„Meinetwegen“, sagte Sasha schließlich. „Wo ist das Haus denn?“
„In Wiltshire“, antwortete Eleanor freundlich. „Unmittelbar außerhalb eines sehr hübschen Provinzstädtchens.“
„Auf dem Land – du liebe Zeit. Mich bekämen keine zehn Pferde aus diesem Haus heraus. Es liegt einfach toll“, fügte sie bewundernd hinzu. „Genau in der Mitte von London. Auf dem Land ist es doof.“
Eleanor hörte die Verachtung in Vanessas Stimme, während sie den Marktplatz betrachteten.
„Ja, dies ist die Stadt Avondale“, sagte Eleanor so ruhig wie möglich. „Ich dachte, wir könnten in dem Pub da drüben zu Mittag essen. Es stammt aus dem fünfzehnten Jahrhundert und …
„Genauso wie die Leute, die hier leben“, unterbrach Sasha sie und deutete kichernd auf zwei junge Mädchen auf der anderen Seite. „Die sehen vielleicht dämlich aus. Guck dir bloß diese Klamotten an!“
„Weshalb essen wir nicht in der Imbissstube?“, protestierte Vanessa, als Eleanor die beiden Mädchen in den Speisesaal schob. „Hier ist es so spießig.“
Die Imbissstube war ziemlich überfüllt. Doch selbst wenn dort Platz gewesen wäre, hätte Eleanor die Ruhe des Speisesaals dem Lärm und der Unbequemlichkeit im vorderen Raum vorgezogen.
Sie hatte schon bei einem früheren Besuch in diesem Pub gegessen, und der Kellner erkannte sie wieder. Er war noch jung und ein bisschen nervös, aber sehr nett und höflich.
Im Gegensatz zu Vanessa und Sasha, die sich flüsternd unterhielten und ständig kicherten.
Wäre Vanessa ihre Tochter gewesen, hätte sie dieses flegelhafte Benehmen nicht geduldet. Etwas in der Imbissstube schien die Mädchen zu amüsieren. Da Eleanor mit dem Rücken zum offenen Durchgang saß, konnte sie nicht sehen, worum es sich
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