Brown, Dale - Feuerflug
waren an der Untergangsstelle der Katharina schon ein halbes Dutzend libyscher Kriegsschiffe versammelt, die den Ägyptern weit überlegen waren. Patrick fragte Wendys subkutanen Minisender ab, um ein Lebenszeichen von ihr und vielleicht sogar ihre Position zu bekommen, aber die erhoffte Antwort blieb aus.
Patrick konnte es nicht ertragen, die Untergangsstelle der Katharina zu verlassen. Ihm war es egal, ob alle Welt einen Kommandosoldaten in futuristisch aussehendem Ganzkörperpanzer schluchzen hörte.
2
Blytheville, Arkansas Früh am nächsten Morgen
»Heute kann ich keinen Besuch empfangen. Sehen Sie nicht, dass es hier zugeht wie im Irrenhaus?«, rief Jon Masters, als seine Assistentin Suzanne ihn zum dritten Mal innerhalb einer Stunde störte.
»Jon, die Duffields warten seit gestern ...«
»Ich habe um eine Verschiebung des Termins gebeten.« »Sie haben ihn schon zweimal verschoben«, erinnerte Suzanne ihn. »Sie sind jedes Mal eigens aus Nevada hergeflogen. Sie geben sich wirklich Mühe, Ihnen in jeder Beziehung gefällig zu sein.«
»Dann sollen sie sich eben noch mehr Mühe geben.« Er wies mit dem Daumen in Richtung Tür, um ihr zu bedeuten, sie solle verschwinden, und diktierte seinem Computer dort weiter, wo er unterbrochen worden war.
Suzanne ging seufzend hinaus, aber als sie das Büro verließ, kam Jons Frau Helen, die Vorstandsvorsitzende der Hightechfirma Sky Masters Inc. herein. Helen war einige Jahre älter als ihr Ehemann, aber dieser Altersunterschied war kaum bemerkbar. Sie trug ihr schwarzes Haar etwas kürzer, was ihren schlanken Hals, ihr schmales Gesicht und ihre geheimnisvollen dunklen Augen betonte; durch die Wunder der Laserchirurgie konnte sie seit einiger Zeit auf die matronenhaft wirkende dicke Brille verzichten, die sie seit ihrer Kindheit getragen hatte.
»Jon, wir können die Duffields nicht noch einmal vertrösten.
Also komm jetzt!«
»Ich habe Suzanne eben gesagt ...«
»Ich weiß, was du Suzanne gesagt hast, aber ich sage dir,
dass wir diese Sache nicht weiter hinausschieben können«, unterbrach Helen ihn. »Nur ein paar Stunden, länger dauert es nicht. Ein rascher Rundgang, ein paar Erläuterungen zum Geschäftsbericht, vielleicht einige Worte zur geplanten Reorganisation ...«
»Helen«, begann Jon, indem er sich mit den Fingerspitzen die Schläfen massierte, »gib mir ‘ne Chance, okay?« Er beugte sich nach vorn und setzte die Massage fort, während Helen geduldig wartete. Jon Masters war erst Mitte dreißig, aber sein kurzes, krauses, nicht sehr sorgfältig gekämmtes Haar schien an den Schläfen bereits grau zu werden, und manche vermuteten, er reibe sich immer häufiger die Schläfen, um das Grau wegzureiben. Er hatte sich abgewöhnt, Baseballmützen zu tragen und wie ein Schuljunge Pepsi aus großen PET-Flaschen zu trinken, und Helen, die erst seit wenigen Jahren mit ihm verheiratet war, stellte fest, dass ihr jüngerer Mann offenbar sein Alter zu fühlen begann.
Wird allmählich Zeit, dachte sie. Jon Masters’ ganzes bisheriges Leben war eine einzige Kette von Abenteuern gewesen: mit zehn Jahren das erste von mehreren hundert Patenten; mit elf erstmals ein Jahreseinkommen von über einer Million Dollar; mit dreizehn sein erster Doktortitel am Massachusetts Institute of Technology; vor seinem dreißigsten Geburtstag Mehrheitsaktionär der eigenen Firma, für die er so lange geschuftet hatte. Jon hatte die Kindheit praktisch übersprungen und war vom Kleinkind zum Erwachsenen geworden. In seinem jungen Leben hatte er nie wirklich Misserfolge hinnehmen müssen – er hatte die Dinge stets unter Kontrolle gehabt. Selbst bei seinem unbeholfenen, jungenhaften, aber doch charmanten Werben um Helen hatte er es geschafft, rasch genug dazuzulernen, um sie nicht zu verlieren. Und er hatte es verstanden, ihr das entscheidend wichtige Gefühl zu geben, nicht einfach nur eine weitere Eroberung zu sein.
»Falls du’s vergessen haben solltest, Helen«, murmelte Jon, »Paul ist tot, Wendy wird vermisst, und Patrick, Hal und Chris sind vermutlich in Ägypten inhaftiert.« Sky Masters Inc. war der wichtigste geheime Waffen- und Technologielieferant der von dem ehemaligen Präsidenten Kevin Martindale gegründeten Night Stalkers. Das war kein besonders gut gehütetes Geheimnis:
Wendy und Patrick McLanahan, Hal Briggs und Chris Wohl waren bei Sky Masters Inc. angestellt, und Paul McLanahan, der in Kalifornien als Anwalt praktizierte, arbeitete seit Jahren eng mit Sky
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