Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
boshaft. Aber dann schüttelte er den Kopf. »Nein … nein, General, ich bin kein Soldat. Ich habe keine Ahnung, was sich tun ließe. Ich kann nicht für die Regierung oder den Präsidenten sprechen.«
»Sie sprechen allein mit mir, Pawel Gregorjewitsch«, sagte Schurbenko. »Hier hört uns niemand. Ihre Ausführungen sind kein Hochverrat – man könnte sie viel eher patriotisch nennen. Und obwohl Sie kein Soldat sind, berechtigen hohe Intelligenz und im internationalen Geschäftsleben gesammelte Erfahrungen – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Sie als Sohn eines unserer großen Helden aufgewachsen sind – Sie sehr wohl dazu, eine fundierte Meinung zu äußern. Was würden Sie tun, Pawel Gregorjewitsch? Den Kosovo bombardieren? Albanien bombardieren? Auf dem Balkan einmarschieren?«
»Ich bin kein Politiker, General«, wiederholte Kasakow. »Ich bin nur ein Geschäftsmann. Aber als Geschäftsmann glaube ich Folgendes: Ein Führer, sei er nun Kommandeur, Präsident oder Firmenchef, muss Verantwortung übernehmen und ein Führer, kein Mitläufer sein. Unsere Regierung, unsere Kommandeure müssen wirklich führen . Sie dürfen sich keine Bedingungen diktieren lassen. Nicht vom Westen, nicht von Rebellen, von niemandem. «
»Dem kann niemand widersprechen, Pawel Gregorjewitsch«, sagte Schurbenko. »Aber was erwarten Sie von uns? Dass wir den Tod Ihres Vaters rächen? Auf der Suche nach seinen Mördern den Kosovo, vielleicht auch Albanien durchkämmen? Oder ist Ihnen egal, wer die Mörder waren? Wollen Sie sich nur an irgendwelchen Muslimen rächen?«
»Verdammt noch mal, General, wieso provozieren Sie mich so?«, fragte Kasakow. »Macht Ihnen das etwa Spaß?«
»Ich versuche nur, Ihnen begreiflich zu machen, mein junger Freund, dass es leicht ist, anklagend den Finger zu heben und den zornigen jungen Mann zu spielen – aber unvergleichlich schwieriger, Antworten zu finden, Lösungen anzubieten«, sagte Schurbenko. »Glauben Sie denn, dass es Sicherheitsberater Jejsk und Staatssekretär Lianow leicht gefallen ist, zu ihren Dienstwagen zurückkehren zu müssen, ohne ein Wort mit den trauernden Hinterbliebenen gesprochen zu haben? Diese Männer, der gesamte Kreml, das gesamte Oberkommando leiden nicht weniger als Sie, nicht weniger als Ihre Mutter. Der tiefe Schmerz, den Sie jetzt empfinden, ist nichts anderes als der Schmerz, den wir seit Jahren empfinden, während wir hilflos zusehen müssen, wie unser geliebtes Russland immer weiter ins Chaos abgleitet.«
»Wozu soll ich Ihnen raten, General?«, fragte Kasakow. »Einen Atomkrieg anzufangen? Zum Kommunismus zurückzukehren? Den Westen in einen weiteren Kalten Krieg zu verwickeln? Nein. Die Welt hat sich seit damals verändert. Auch Russland ist jetzt anders.«
»Anders? Wie anders?«
»Wir haben zugelassen, dass unsere Freunde, unsere ehemaligen Trabanten, unsere ehemaligen Protektorate sich von uns lossagen. Wir haben diese kleinen Republiken zu Staaten aufgebaut. Wir hätten sie nicht gehen lassen müssen. Jetzt wenden sie sich gegen uns, nähern sich dem Westen an.« Kasakow schwieg einen Augenblick, trank einen kleinen Schluck Whiskey und sagte dann: »Sie haben sich für die Unabhängigkeit entschieden, aber wir sollten sie dazu zwingen, sich der Gemeinschaft wieder anzuschließen.«
»Gut gebrüllt, Pawel Gregorjewitsch«, stimmte Schurbenko lächelnd zu. » Zwingen , aber wie?«
»Zuckerbrot und Peitsche … dann plomo o plata , Blei oder Gold«, antwortete Kasakow.
»Wie meinen Sie das?«
»Erdöl«, sagte Kasakow. »Sehen Sie sich an, was wir über Jahre hinweg gebaut haben, all die Orte, an denen die Sowjetunion investiert hat, um zu versuchen, dem Westen Konkurrenz zu machen – nur um dann alles zu verlieren. Verladeterminals und Raffinerien in der Ukraine, in Moldawien, Bulgarien und Georgien. Jugoslawien hat von uns Milliarden für den Bau von Terminals und Raffinerien und Pipelines in Makedonien, in Montenegro, im Kosovo und in Serbien erhalten. Alle diese Einrichtungen verfallen jetzt oder gehen an kapitalistische Blutsauger aus dem Westen.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Pawel Gregorjewitsch?«
»General, ich war mit der Entsendung unserer Truppen, mit der Entsendung meines Vaters in den Kosovo einverstanden, weil Russland nach meiner Überzeugung auf dem Balkan berechtigte Interessen zu verteidigen hat – vor allem den Transportweg für russisches Öl nach Westen.«
»Welches Öl?«
»Öl vom Kaspischen Meer«, sagte
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