Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
historischen Tiefstand. Alle Unternehmen suchen verzweifelt qualifizierte oder lernwillige Arbeiter. Trotzdem geben wir Milliarden Dollar für Waffensysteme aus, die vielleicht niemals im Kampf eingesetzt werden – für Waffen, die für Kriege von gestern entwickelt wurden. Irgendjemand muss diese Geräte bedienen, andere in ihrer Bedienung unterweisen, sie warten, andere für diese Wartung ausbilden, und irgendjemand muss das ganze Zeug verwalten, das für Gebrauch und Wartung dieser Geräte nötig ist. Eine gewaltige Infrastruktur, eine riesige Investition in Personal und Ressourcen – und wofür? Welcher Zweck wurde damit erfüllt? Wir fanden diese Verschwendung sinnlos und haben uns gefragt, was wir dagegen unternehmen könnten. Nun, dies hier können wir dagegen unternehmen.« Der Präsident sah zu General Venti hinüber. »Wie lautet Ihr abschließender Kommentar dazu, General?«
Venti überlegte kurz, wie er seine Antwort formulieren sollte. »Die Zahlen scheinen eine ziemlich eindeutige Sprache zu sprechen, Sir«, antwortete er. »Das Heer gibt pro Jahr 5,3 Milliarden Dollar für die Ausbildung des benötigten Personals und die Wartung von Waffensystemen aus, die noch keinen Krieg erlebt haben. Die Marine braucht pro Jahr zehn Milliarden Dollar für Bemannung, Ausrüstung und Unterhalt einer Flotte von Atom-U-Booten, die noch nie im Einsatz waren. Weitere zwanzig Milliarden Dollar geben wir für den Unterhalt unserer Atomstreitmacht aus, von der wir inständig hoffen, dass wir sie trotz der von China und möglicherweise von Russland ausgehenden Gefahr nie werden einsetzen müssen.«
»Vor allem der emotionale Faktor wird uns zu schaffen machen, Mr. President«, warf Goff ein. »Es gibt noch genügend Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg, Korea und Vietnam, die diesen Plan als Vertrauensbruch auffassen werden. Das werden Ihre politischen Gegner ausnützen. Mehrere frühere Regierungen haben so drastische Haushaltskürzungen vorgenommen, dass Ihr Schritt unvermeidbar ist, aber man wird ihn Ihnen trotzdem verübeln.
Die Gefahren, denen wir uns gegenübersehen, sind nicht geringer geworden, Mr. President«, fuhr Goff fort. »China hat amerikanisches Territorium schon einmal mit Kernwaffen angegriffen, und wir fürchten, dass es das wieder tun wird. Obwohl alle Vorhersagemodelle und sämtliche Analysten das für unwahrscheinlich halten, könnten ehemalige Großmächte wie Japan, Deutschland und Russland zu neuer Bedeutung aufsteigen und amerikanische Interessen bedrohen. Bündnisfreie, theokratische und unberechenbare Staaten könnten amerikanische Interessen jederzeit durch Anschläge gefährden, die von einfachen Entführungen über Hackerangriffe bis zum Einsatz von Kernwaffen reichen. Seit dem Zerfall der Sowjetunion ist die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ums Zehnfache gestiegen.«
»Ich möchte die Meinung des Generals hören, Bob«, sagte der Präsident. Er nickte Venti zu, er solle weitersprechen. Goff wirkte frustriert und leicht verärgert, äußerte sich aber nicht weiter dazu.
»Offen gesagt glaube ich, Sir, dass es langsam Zeit wird, daran zu denken, zukünftige Kriege zu unseren Bedingungen zu führen«, sagte der Luftwaffengeneral. »Wir sollten die relativ friedliche Gegenwart dazu nutzen, uns auf die Kriege des einundzwanzigsten, sogar des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts vorzubereiten. Wir müssen die alten Waffen, die alte Taktik und die alten Ängste und Vorurteile abschaffen.
Außerdem ist unser Land in seiner Auffassung von der Rolle des Militärs irgendwie vom rechten Weg abgekommen«, fuhr Venti fort. »Das Militär war schon immer eine Einrichtung, in die man junge Männer steckte, um ihnen Disziplin beibringen zu lassen, aber in letzter Zeit ist es zu einer Art Erweiterung des Sozialstaats geworden. Die Vorstellung, für sein Land zu kämpfen, vielleicht auch zu sterben, ist dadurch ersetzt worden, dass man beim Militär Schulabschlüsse nachholen, eine Lehre machen und nach der High School einen coolen Job bekommen kann. Wir geben jedes Jahr Millionen Dollar aus, um junge Männer anzuwerben, die aber aus völlig falschen Gründen zu uns kommen. Das Problem ist nicht, dass uns qualifizierte Rekruten fehlen, sondern dass das Militär zu groß, zu aufgebläht ist. Wir haben erlebt, dass es seine Existenzberechtigung beweisen wollte. Wir haben uns Militäreinsätze einfallen lassen, die kaum etwas mit nationaler Sicherheit, aber umso mehr mit politischer Einflussnahme zu tun
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