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Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann

Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann

Titel: Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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Sender in ihrem Walkman zu aktivieren und …
    Aber als sie danach greifen wollte, merkte sie, dass sie ihren Walkman nicht mehr hatte. Der erste Sicherheitsbeamte musste ihn ihr bei dem kurzen Handgemenge vom Gürtel gerissen haben.
    Nach einigen herzhaften Flüchen auf Englisch, Kreolisch und Russisch beruhigte Linda Mae sich wieder. Der Notruf war nicht wirklich wichtig. Der Aufruhr in dem Stützpunkt würde die Fluchthilfeorganisation bestimmt längst alarmiert haben. Sie brauchte nur noch einen der vier Treffpunkte zu erreichen, Verbindung mit der Kontaktperson aufzunehmen und dann alle Anweisungen genau zu befolgen, bis sie in Sicherheit war.
    Als Erstes musste sie den auffälligen Streifenwagen loswerden. Sie entschied sich für den etwa fünfzehn Kilometer vom Stützpunkt entfernten Abstellplatz eines Entsorgungsunternehmens, auf dem sie ihn zwischen zwei großen Fahrzeugen versteckte, die offenbar schon lange nicht mehr bewegt worden waren. Nachdem sie festgestellt hatte, dass noch drei Patronen im Magazin waren, behielt sie die Pistole, ließ aber das Schnellfeuergewehr, das viel schwerer war, als sie gedacht hatte, im Wagen zurück. Dann überquerte Linda Mae den Abstellplatz und erreichte wieder die Fernstraße. Sie war natürlich versucht, nach Osten zum nächsten Treffpunkt zu trampen, aber davon hatte ihr Führungsoffizier ihr dringend abgeraten, denn bei derartigen Fluchtversuchen wurden viele Leute geschnappt.
    Südlich der Straße lag eine Kette von Gewerbebetrieben mit beleuchteten Parkplätzen, aber auf ihrer Nordseite gab es vor allem Felder, auf denen Winterweizen im Schneematsch stand, und weiter nördlich einen kleinen Fluss zwischen kahlen Bäumen. Sie überquerte die Straße an einer dunklen Stelle, stapfte ungefähr einen Kilometer geradeaus weiter und bog dann parallel zur Straße nach Osten ab. Unterwegs kam sie an ein paar Betrieben und Parkplätzen vorbei, die zwischen ihr und der Straße lagen, aber die Lichter und Zäune reichten nicht weit in die Felder hinein, sodass sie keine großen Umwege machen musste. Das hatte ihr Führungsoffizier ihr eingeschärft: Straßen, Flüsse, Eisenbahnen, Überlandleitungen, jegliche Art von Verkehrswegen unbedingt meiden!
    Einige Stunden später erreichte sie eine Kreuzung, an der eine Brücke nach Norden über den Fluss führte; dort stand eine Kneipe, in der sie manchmal mit Freunden gewesen war – auch um diese Zeit noch einladend geöffnet. Linda Mae glaubte sogar, auf dem Parkplatz die Autos von Freunden zu sehen, von guten alten Freunden, die sie seit vielen Jahren kannte. Sie war müde, ausgepumpt, hungrig, durchgefroren, von Ästen und Brombeerranken mit Kratzern übersät und hatte Schnittwunden von Stacheldrahtzäunen, die sie hatte überklettern müssen. Sie konnte sich am Rand des Parkplatzes verstecken, auf die Rückkehr ihrer Freunde warten, sie um Hilfe bitten, sich vielleicht bis in die nähere Umgebung des Treffpunkts fahren lassen …
    Nein, nein, nein , ermahnte sie sich selbst. Auch das hatte ihr Führungsoffizier ihr eingebläut: Sie musste sich von allen Menschen fern halten, so nahe sie ihr auch stehen und so vertrauenswürdig sie auch sein mochten. Also schlurfte sie widerstrebend, vor Schmerzen, Angst und Erschöpfung fast wimmernd, durch den halb gefrorenen knöcheltiefen Schlamm hinter der Kneipe und achtete darauf, möglichst im Schatten zu bleiben. Sie folgte einem Trampelpfad zum Fluss und stieß auf einen weiteren Pfad, der unters Widerlager der Brücke führte. Dort lagerten ein paar Obdachlose, die sich in verschlissene Decken gehüllt an winzigen Feuern in Blecheimern wärmten, Wodka tranken und Reste aus der Mülltonne der Kneipe aßen. Sie überlegte wieder, ob sie diese Leute um Essen oder Kleidung bitten sollte. Sie konnte die Pistole gegen Essen eintauschen oder diesen Leuten drohen, einen von ihnen zu erschießen, wenn sie ihr nicht halfen. Aber sie hielt sich fern, machte einen Bogen um die Obdachlosen, die sie nicht bemerkten, und verzichtete sogar darauf, die den Fluss entlangführende schmale Straße zu benutzen. Selbst auf diese kleine Erleichterung verzichten zu müssen, kostete sie mehr Überwindung als jeder andere Verzicht in ihrem bisherigen Leben.
    Aber als sie wieder im Dunkel verschwand, hörte sie hinter sich Sirenen. Zwei Streifenwagen kamen mit eingeschaltetem Blinklicht herangerast und hielten vor der Kneipe. Wäre sie hineingegangen, um sich nur für ein paar Minuten zu wärmen, wäre sie

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