Brown, Dale - Phantomjäger
der Feuereröffnung in MG-Feuer geraten war, hatte die schwersten Verluste erlitten. Von den zwölf Mann der Gruppe lebten nur noch zwei, die ihre Rohre und Werfergranaten verloren hatten. Von den fast hundert Mann, die den Flughafen angegriffen hatten, waren einunddreißig gefallen – aber die Verteidiger hatten über hundert Mann verloren.
»Was machen wir jetzt, Oberst?«, fragte Turabis Stellvertreter. »Turkmenische Verstärkung kann jeden Augenblick eintreffen.«
»Auf die warten wir nicht«, entschied Turabi. Einige seiner Soldaten ließen die Köpfe hängen – aus Erschöpfung oder Scham, das war schwer zu erkennen. »Wir nehmen diese turkmenischen Batterien. Jeder soll sich eine turkmenische Uniform und Munition besorgen und sich zum Angriff bereithalten.«
Etwa eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang kam General Zarazi in die Nachrichtenzentrale gestapft. Hauptmann Aman Orasow setzte seinen Kopfhörer ab, stand auf und kam ihm entgegen. »Nun?«, fragte Zarazi.
»Weiter keine Verbindung zu Oberst Turabi«, meldete Orasow. »Die dritte Kompanie hat nichts mehr von ihm gehört, seit sie in dem Umspannwerk nordöstlich von Sayat in Stellung gegangen ist.«
»Die letzte Meldung war, dass die Kampfgruppe Turabi bei Chod-schajli Feindberührung gehabt hat?«
»Ja, General«, bestätigte Orasow. »Sie ist am Flughafen auf eingegrabene Sicherungstruppen in Kompaniestärke gestoßen. Sieht so aus, als wäre der Oberst geradewegs in einen Hinterhalt marschiert. Angreifer und Verteidiger waren etwa gleich stark, aber Turabi hat an der Umspannstation Verluste gehabt, deshalb war er unterbesetzt.« Er machte eine Pause, dann sagte er: »Diese Kampfgruppe hätte ich führen sollen, General. Ich kenne die Taktik des hiesigen Militärs. Eine Verteidigungsstellung mit Schützenlöchern hätte ich einfach umgangen. Und dass er auf dem Gelände eines Umspannwerks von einem verstärkten Spähtrupp überrascht wurde – wie konnte er das geschehen lassen? Wie war’s möglich, eine so große Truppe auf so überschaubarem Raum nicht zu sehen?«
»Das war nicht Turabis bester Tag«, musste Zarazi eingestehen.
»Als Draufgänger ist der Oberst sehr gut, wenn’s um primitive Guerillataktik gegen paramilitärische Einheiten geht, General, aber einen Angriff in Kompaniestärke gegen reguläre Truppen zu führen, ist etwas ganz anderes«, sagte Orasow.
»Unter Umständen ist Turabis Kampfgruppe völlig aufgerieben worden. Wir sollten unbedingt damit rechnen, dass einige unserer Männer, vielleicht sogar der Oberst selbst, in Gefangenschaft geraten sind. Ist das der Fall, werden ungeheuerliche Methoden angewandt, um sie zum Sprechen zu bringen. Also müssen wir davon ausgehen, dass die Russen und Turkmenen unsere jetzigen Stellungen, unsere Truppenstärke und unseren Schlachtplan kennen.«
Zarazi wandte sich ab und starrte in eine Ecke des Nachrichtenzelts. »Wir ... wir müssen eine Truppenverlagerung vorbereiten ... vorrücken, vielleicht nach Tschauder ...« »Wir müssen unsere Truppen verlagern, das stimmt, General, aber wir sollten nicht weiter vorrücken – wir müssen uns zurückziehen«, sagte Orasow »Unsere Männer im Umspannwerk und in Tschauder sind tot, sobald die Turkmenen ihren Gegenangriff beginnen. Wir sollten nach Esenmengli zurückgehen...«
»Esenmengli? Das wären ... das wären siebzig Kilometer!« »Uns bleibt nicht anderes übrig, General!«, behauptete Orasow. »Turabi hat versagt, und sein Versagen hat unsere gesamte Offensive zum Stehen gebracht. Wir dürfen nicht riskieren, über den Fluss nach Imeni Kalinina zurückzugehen. Werden wir beim Übergang aus der Luft angegriffen, sind wir erledigt. Der einzige befestigte Ort diesseits des Flusses, in den wir uns zurückziehen können, ist Esenmengli.«
Zarazi drehte sich um, nahm die Schultern zurück. »Also gut ... Major«, sagte er. »Schicken Sie zwei Züge den Fluss entlang, damit sie den Rückzug unserer Männer aus Tschauder decken. Dann lassen Sie die Truppe im Eilmarsch nach Esenmengli abrücken.«
»Ja, General«, sagte Orasow stolz. »Sobald wir in sicherer Stellung sind, Sir, ist es mir eine Ehre, die Männer bei einer neuen Offensive zu führen. Die brauchen Sie nur zu befehlen, General.«
»Ich bin von Turabi enttäuscht«, murmelte Zarazi. »Früher war er immer ein guter Kämpfer, aber ich hätte merken müssen, dass er bei diesem Feldzug nicht mit dem Herzen dabei ist. Meine alte Freundschaft zu ihm hat mich für die Realität
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