Brown, Dale - Phantomjäger
blind gemacht.«
»Das Defizit war auf Turabis Seite, General, nicht auf Ihrer«, versicherte Orasow ihm. »Aber noch ist die Schlacht nicht verloren. Wir können noch immer ...«
In diesem Augenblick hörten sie in der Ferne einen lauten Abschussknall, dem rasch weitere Explosionen folgten. »Artillerie!«, kreischte Orasow. »Die turkmenischen Batterien in Chodschajli – sie schießen wieder! Das kann nur der Auftakt eines Großangriffs auf unsere Stellungen sein! Wir müssen schleunigst abhauen!«
»Die Kampfhubschrauber sollen sofort starten! Ihr Auftrag:
diese Artilleriestellungen und gegen uns vorrückende Panzer mit allen verfügbaren Mittel bekämpfen!«, befahl Zarazi laut.
»Sämtliche Bataillone alarmieren! Sie sollen ...« Er machte eine Pause und horchte. In der Ferne war weiterhin Geschützdonner zu hören – aber bisher war nicht eine Granate eingeschlagen. »Was hat das zu bedeuten? Wessen Artillerie ist das?«
Orasow stülpte sich wieder seinen Kopfhörer über, um die Meldungen ihrer Aufklärer und Spähtrupps mitzuhören.
Schon nach wenigen Sekunden wurden seine Augen vor Überraschung groß und größer.
»Was gibt’s, Major?«
»Der Aufklärungshubschrauber meldet, dass die Artillerie in Chodschajli ... dass sie Tschardschu beschießt!«, rief Orasow aus. »Die Spähtrupps melden, dass zahlreiche Flugzeuge und auf dem Flugplatzgelände bereitgestellte Panzer zerstört sind.
Und sie melden...« Er machte eine Pause, lauschte angestrengt. »General, Einheiten der turkmenischen Infanterie sind auf der Flucht! Ganze Kompanien ... nein, Bataillone! ...
ziehen sich nach Norden in Richtung Faryab und Imeni Stalina zurück ... einige scheinen sogar die Grenze nach Usbekistan zu überschreiten!«
Orasow hörte weiter zu, dann verzog er angewidert das Gesicht. Er nahm seinen Kopfhörer ab und hielt ihn Zarazi hin. »Oberst Turabi, General. Er verlangt, dass wir alle verfügbaren Kräfte sofort vorrücken lassen – nach Chodschajli.
Er ist jetzt am Flugplatz und hat ihn unter Kontrolle. Bis wir Chodschajli erreichen, will er den Flughafen Tschardschu besetzt haben. Abgesandte der Stadtverwaltung, Vertreter von TransCal und Oberst Borokow, der russische Garnisonskommandeur, haben schon Verbindung mit ihm aufgenommen, um wegen der Übergabe der Stadt mit ihm zu verhandeln.«
Zarazi stürmte aus dem Nachrichtenzelt, um seinen Truppen Befehle zu erteilen, und ließ Orasow zurück. Die anderen Männer im Zelt starrten den turkmenischen Überläufer an, und er konnte die Anklage in ihren Blicken sehen:
Du bist hier der Feigling, Orasow, nicht Turabi. Jalaluddin Turabi hatte neuerlich bewiesen, dass er Respekt und Bewunderung verdiente. Für Orasow hatten sie nur Verachtung übrig.
Es gibt nur eine Möglichkeit, General Zarazis Vertrauen zurückzugewinnen, sagte Orasow sich: Du musst Jalaluddin Turabi beseitigen.
Im Kreml, Moskau
An diesem Morgen
»Die Meldungen sind bestätigt, Herr Präsident«, berichtete Armeegeneral Nikolai Stepaschin, der Chef des Ministeriums für Staatssicherheit der Russischen Föderation und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, als er das Präsidentenbüro betrat.
Der Präsident, der sein Telefon mit Freisprecheinrichtung benutzte, quittierte diese Aussage seines Geheimdienstchefs mit finsterer Miene. »Die Stadt Tschardschu befindet sich in diesem Augenblick in der Hand der Guerillas.«
»Endlich bestätigen Sie, was ich Ihnen schon seit Tagen erzähle, Herr Präsident!«, rief die Stimme am anderen Ende der Leitung, die dem turkmenischen Präsidenten Kurban Gurisow gehörte. »Und ich sage Ihnen jetzt, dass sie weiter auf die Stadt Mary vorstoßen. In weniger als drei Tagen sind sie hier! Ich brauche Hilfe, um diese Taliban-Hundesöhne zu vernichten, und ich brauche sie sofort!«
Walentin Gennadijewitsch Senkow, der Präsident der Russischen Föderation, schnaubte angewidert, was seinem Außenminister Iwan Iwanowitsch Filippow galt. »›Keine Bedrohung‹ – haben Sie das nicht behauptet, Iwan Iwanowitsch?«, fragte Senkow hämisch. »Diese Taliban sind bloß eine Räuberbande? Strauchdiebe? Wüstenratten? Haben Sie uns das nicht erst vor zwei Tagen erzählt?«
»Herr Präsident, das Verteidigungsministerium und das Ministerium für Staatsicherheit haben meiner Einschätzung zugestimmt, diese Taliban seien nur eine kleine, isolierte Gruppe, die von amerikanischen und UN-Truppen aus Afghanistan vertrieben worden ist«, sagte Filippow. »Die turkmenische
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