Brown, Dale - Phantomjäger
mit, denke ich, aber der Rest ist nirgends zu sehen – und Bravo sechs erst recht nicht.«
»Bravo sechs, euer Standort? Habt ihr den feindlichen Verband in Sicht? Er müsste ungefähr zehn Kilometer vor euch stehen.« Keine Antwort. Verdammt, fluchte Turabi, diesmal stumm. Sie sind abgehauen, wahrscheinlich auf der Straße zurück zu unserem befestigten Munitions- und Nachschublager in Ravnina. Das sollen sie mir büßen! »Bravo vier, habt ihr...«
»SAM-12, Bravo zwo ... SAM-12, Bravo zwo, Südwest!«
»Grün eins, viele schnelle Flugzeuge von Südwesten, alle sehr tief!« Die Russen hatten gewartet, bis ihre Kampfhubschrauber Mi-24 Hind das Gefechtsfeld verlassen hatten und die linke Flanke des Gegners ungeschützt war. Jetzt griffen sie mit starken Jagdbomberkräften an.
»Einnebeln! Einnebeln!« Turabi wollte den Fahrern einen Stellungswechsel befehlen, aber dann fiel ihm ein, dass die Fahrer tot, dass Motorraum und Fahrerkabine des Befehlswagens zerfetzt waren. Sie saßen hier fest – ein leichtes Ziel für einen Jagdbomber. Er hämmerte mit der Faust an die Plexiglastafel. »Das Fahrzeug räumen! Los, los, raus hier!« Die Techniker hinter der Tafel brauchten keine weitere Aufforderung. Sie stießen die Luke auf und sprangen hinaus, bevor die Stahlleiter angelegt war. Turabi dachte noch daran, ein Tornisterfunkgerät und seine Kartentasche mitzunehmen, bevor er ihnen folgte.
Der künstliche Nebel schmeckte widerlich ölig und war so dicht, dass Turabi zuerst nicht wusste, in welche Richtung er flüchten sollte. Aber dann kamen wieder Detonationen, und er rannte von ihnen weg, bis eine Detonation ihn von den Beinen holte, als sei der hart gebackene Wüstenboden ein Teppich, der ihm ruckartig unter den Füßen weggezogen worden war. Er spürte, wie weiß glühende Metallsplitter seine Uniform zerfetzten und von seinem Stahlhelm abprallten, während die Sohlen seiner Stiefel so heiß wurden, als wollten sie schmelzen. Die nächste Detonation fühlte sich an, als treffe ihn ein hundert Kilogramm schwerer Sandsack, und er konnte nichts anderes mehr tun, als die Augen zu schließen und zu kreischen.
Sobald das Ohrensausen etwas abgeklungen war, zwang er seine Beine dazu, sich wieder zu bewegen, und schaffte es, zu seinem Befehlswagen hinüberzukriechen. Der Zwölftonner lag nach einem Volltreffer mit geplatzten Reifen auf der linken Seite. Motorraum und Fahrerkabine schienen tatsächlich von einer kleinen Lenkwaffe zerstört worden zu sein. Da der ziemlich tiefe Bombentrichter nicht mehr rauchte, kroch Turabi hinein. Die Höhe der Trichterwände war ideal – nur sein Stahlhelm ragte noch über sie hinaus. Seinen Gefechtsstand in einem feindlichen Bombentrichter einzurichten, kam ihm etwas seltsam vor, aber damit konnte er sich jetzt nicht aufhalten. Er stellte das Funkgerät so auf, dass die Antenne über den Trichterrand ragte, breitete eine Karte der näheren Umgebung aus und beschwerte ihre Ränder mit Bombensplittern.
Auf der Befehlsfrequenz herrschte unheimliche Stille. Das war ein schlimmes Vorzeichen. »Bravo eins, hier Grün eins.«
»Grün eins, hier Bravo eins.« Schon wieder eine andere Stimme, diesmal viel jünger und hörbar in Panik – der Kompaniechef und vermutlich einige der Zugführer waren offenbar bereits gefallen.
Plötzlich herrschte auf der Befehlsfrequenz wieder Stimmengewirr, als hätten alle Einheiten darauf gewartet, dass jemand wieder den Befehl übernahm. Das konnte er seinen Männern nicht verübeln. Noch vor einem Monat waren seine besten und kampferprobtesten Kommandanten kaum mehr als halb verhungerte Banditen gewesen, die mit Toyota Pick-ups durch die Wüste fuhren. Sie hatten lernen müssen, Panzerkommandanten zu sein, indem sie beobachteten, zuhörten, Befehle ausführten und den Mut hatten, den Kampf in die Reihen des Feindes zu tragen. »Der Gefechtsstand ist nach einem Treffer ausgefallen, die Besatzung ist auseinander gelaufen«, sagte Turabi, nachdem er wieder Funkstille durchgesetzt hatte. »Wie ist die Lage bei euch?«
»Wir greifen weiter die rechte Flanke der Turkmenen an«, berichtete die junge Stimme. »Die verdammte Bravo vier ist endlich auch da und greift von links an. Die Staffeln zwo und drei versuchen, einen Durchbruch in der Mitte zu verhindern. Bisher keine Meldung von Bravo drei und Bravo sechs.«
Sie kämpften also weiter – gut. Das bewies, dass erfahrene Soldaten auch effektiv kämpfen konnten, wenn sie nicht alle fünf Minuten aus dem
Weitere Kostenlose Bücher