Brown, Dale - Schattenpilot
Luftwaffenoberstleutnant Joseph Roma, der OSO der B-1B, »jetzt sollen wir wieder alles in Schutt und Asche bomben.« Die anderen drei blieben stumm, äußerten sich nicht dazu. Roma erschien dies alles wie ein Albtraum, wie ein bedrückendes Dejä-vu-Erlebnis. Er kam sich plötzlich vor, als wäre er wieder in den Kalten Krieg versetzt worden.
Joe Roma konnte auf achtzehn Dienstjahre in der U.S. Air Force zurückblicken, war schon in der High School in Corfu, New York, bei der Civil Air Patrol gewesen und hatte als angehender Offizier mit einem ROTC-Stipendium an der Syracuse University studiert. Nachdem er die zweijährige Ausbildung für B-52-Besatzungen absolviert hatte, war er zu einem B-52-Geschwader im Norden Maines versetzt worden. Da es auf der Loring Air Force nicht allzu viel zu tun gab, hatte Roma - groß, schlank, dunkelhaarig und sportlich, aber zu jungenhaft und schlaksig, um von den wirklich hübschen Ladys in Aroostook County, Maine, ernst genommen zu werden - sich die Zeit mit dem Studium der komplizierten Systeme des schon in die Jahre gekommenen Bombers B-52 vertrieben.
Romas Pflichteifer hatte ihm rasche Beförderungen eingebracht: vom Besatzungsstatus E (einsatzbereit) zum Status A (außergewöhnlich), Simulator-Operator, Navigationsausbilder, Status S (super), Team für Standardisierung und Bewertung, dann wieder zur Castle Air Force Base, um eine Zusatzausbildung als Radarnavigator zu erhalten; anschließend in rascher Folge durch Status E, A und S zum Ausbilder für Radarnavigation und wieder zum Team für Standardisierung und Bewertung. Unterdessen war er auf die Andersen Air Force Base auf Guam versetzt worden, wo er sich in karrierefördernde Projekte stürzte, ein halbes Dutzend Fernkurse belegte und sein BWL-Studium mit dem Master's Degree abschloss. Roma machte sich mit großem Elan an jede neue Aufgabe, und die Luftwaffe belohnte seinen Diensteifer mit rascher Beförderung zum Major.
Keine bisherige Stellung war jedoch mit seiner neuesten Aufgabe als Angehöriger des ersten Ausbilderteams für den Bomber B-1B auf der McConnell Air Force Base in Kansas vergleichbar. Die B-1B verkörperte alles, was er sich bei der B-52 immer gewünscht hatte: Sie war schnell, wendig, schwer zu orten, kampfstark,"Zielsicher und zuverlässig. So wurde sie Romas neue Leidenschaft. Roma, noch immer ledig, wurde bald zum Oberstleutnant befördert und später Chef des Teams für Standardisierung und Bewertung der Ausbildungsstaffel für B-1B-Besatzungen - als erster und bisher einziger Navigator in dieser Position. Als Nächstes wurde er als Dozent an die Strategie Warfare School, die Hohe Schule für Luftkriegsplaner und Bomberkommandeure, auf der Ellsworth Air Force Base versetzt. Dort arbeitete Roma mit Brigadegeneral Terrill Samson, dem damaligen Kommandeur der Schule, zusammen und wurde zu einem seiner Bomberexperten, der Einsatzstrategien für weltweite Bombereinsätze entwickelte. Er leistete so gute Arbeit, dass alle damit rechneten, er werde eine einflussreiche Stellung im Pentagon, eine Professur am Air War College oder vielleicht sogar ein eigenes Bombergeschwader erhalten.
Dazu kam es nie, aber das lag nicht an Joe Roma. Strategische Bomber und vor allem der Bomber B-1B erwiesen sich als allzu große Belastung des Verteidigungshaushalts. Obwohl die B-1 der kampfstärkste Bomber der Welt war, waren viele ihrer Spezialsysteme - vor allem ihr System zur elektronischen Kriegsführung - nie zu Ende entwickelt worden, und wegen ihres hohen Leergewichts als Folge des Umbaus der B-1 zur Aufnahme von Cruise Missiles, galten für die Flugparameter der B-1B viele Einschränkungen. Der Kongress war dicht davor, den Bomber zu verschrotten, der nur durch eine erfolgreich bestandene sechsmonatige intensive Bewertung seiner Einsatzbereitschaft gerettet wurde.
Joe Roma kehrte enttäuscht, aber nicht entmutigt zum Seventh Wing auf die Ellsworth Air Force Base zurück, wurde dort Chef des Teams für Standardisierung und Bewertung des Geschwaders und verbrachte mehr Zeit in der Luft oder im Simulator als an seinem Schreibtisch. Das Fliegen bedeutete ihm mehr als eine Beförderung oder ein Kommando, und er hatte unendlich viel Wissen an junge Besatzungen weiterzugeben. Bis Jahresende würden alle Bomber B-1B an die Air National Guard und die Air Force Reserves gehen - und Roma vermutlich mit ihnen. Da alle B-52 ausgemustert wurden, übernahmen die B-1B immer mehr ihre strategische Rolle - auch als
Weitere Kostenlose Bücher