Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
schmackhaft - bis auf die Frijoles.
Gegen Laurens Protest flocht Elena ihr das Haar zu einem
langen Zopf. Dann schlug sie energisch die Laken zurück.
»So, und jetzt legen Sie sich hin und ruhen sich aus, Se
ñorita. Es war ein langer, anstrengender Tag, si?«
»Ja, stimmt.« Sie kletterte ins Bett, derweil Elena leise das
Tablett zusammenräumte und die Gaslampen im Zimmer
herunterdrehte.
»Buenas noches, Señorita«, flüsterte sie und glitt aus dem
Zimmer.
»Gute Nacht, Elena.«
Lauren kuschelte sich unter die Decke. Bis auf die leisen,
unverständlichen Satzfetzen, die gelegentlich von unten zu
ihr hochdrangen, war es totenstill im Haus.
»Ben Lockett, wie konntest du mir das antun?«, murmelte
sie mit einer Mischung aus Frustration und Fassungslosigkeit in ihr Kissen.
Nach den hässlichen Szenen, die man ihr in North Carolina gemacht hatte, war das Angebot des vitalen, gutmütigen
Ranchers ihre Rettung gewesen. Ihre Chance auf einen
Neuanfang mit seiner Familie. Damit war es jetzt vorbei.
Ben war tot. Das fantastische Haus drohte sie zu verschlingen. Und was war mit der kalten, arroganten Frau, die darin
wohnte?
Nach außen hin hatte Bens Witwe keine Gefühlsregung
gezeigt. Aber vielleicht gehörte Olivia zu den Menschen, die
ihren Kummer nicht äußerten und still vor sich hin trauerten. Möglich. Die Vorstellung war befremdlich.
Wie würde Jared Lockett sich fühlen, wenn er erfuhr, dass
sein Vater tot war? Es war Lauren unbegreiflich, wieso sich
ein wohlhabender, einflussreicher Mann hemmungslos betrank und mithin zu einem Ärgernis für die Öffentlichkeit
wurde. Ed Travers hatte angedeutet, dass Jared öfter über
die Stränge schlug.
Na und? Es geht mich nichts an, überlegte Lauren, während sie rigoros die Lider zusammenkniff. Im Übrigen wollte sie auch nichts mit ihm zu tun haben. Er war verflixt
groß, nicht? Sie versuchte das eigenartige Kribbeln auszublenden, das sich bei seiner Umarmung warm in ihrem
Bauch ausgebreitet hatte. Schreck lass nach! Dass er seinen
Kopf an ihre Brüste gedrückt hatte, war gar nicht so unangenehm gewesen. Seine Haare waren hellbraun. Hatte der
häufige Aufenthalt in der sengenden Sonne seinen Brustflaum goldblond gebleicht?
Nach zehn Stunden Schlaf schlug Lauren widerstrebend
die Augen auf. Das Zimmer war erfüllt von strahlendem
Sonnenlicht, das durch die luftig gelben Vorhänge flirrte.
Sie warf die Decken beiseite und tappte ins Bad. Bens
Tod und ihre ungewisse Zukunft waren ihr mächtig aufs
Gemüt geschlagen. Hierbleiben konnte sie nun nicht mehr.
Und eine Rückkehr nach North Carolina war ausgeschlossen.
Als Lauren sich angezogen hatte, glitt Elena ins Zimmer.
»Buenas dias, Señorita«, schmetterte sie fröhlich.
»Guten Morgen, Elena«, sagte Lauren, die eben ihre dichten, schwarzen Haare bürstete.
»Haben Sie gut geschlafen?«, fragte Elena beiläufig, während sie das Bett machte. Sie inspizierte den makellos gepflegten Raum, gab den Blumen frisches Wasser und arrangierte Laurens Frühstück auf dem Tablett.
»Ja, sehr gut.« Lauren dachte an ihre nächtlichen Albträume und schluckte unbehaglich. Zwei stattliche Männer
waren durch ihre Träume gegeistert. Einer war weißhaarig,
mit Bens freundlichen Zügen gewesen. Der andere hatte
zwar seinen großen schwarzen Cowboyhut tief ins Gesicht
gezogen, sie konnte sich jedoch denken, wer sich dahinter
verbarg. Seine Physiognomie war unauslöschlich in ihr Gehirn eingebrannt.
Nach dem reichhaltigen Abendessen hatte sie zwar kaum
Appetit, konnte den saftig frischen Melonenspalten aber
nicht widerstehen. Sie nippte an dem heißen Kaffee - eigentlich mochte sie lieber Tee. Zaghaft fragte sie Elena, ob
sie zum Frühstück vielleicht welchen bekommen könnte.
»Oh, si, si. Meine Mama, sie ist Köchin hier.« Sie lachte
über Laurens verblüfftes Gesicht. »Sie arbeiten für die Locketts schon vor meiner Geburt. Sie heißt Rosa.«
»Ich finde es gar nicht gut, dass du die schweren Tabletts
mit meinen Mahlzeiten aus der Küche hier herauftragen
musst, Elena. Leider hat Mrs. Lockett mich dazu angehalten, das Zimmer möglichst nicht zu verlassen. Bis die Beerdigung vorbei ist und die Gäste wieder abreisen.« Ihr Blick
schweifte wehmütig zu den geöffneten Fenstern. »Das Begräbnis findet morgen statt, nicht?«
»Si«, antwortete Elena weich. »Viele Leute kommen von
weither.«
»Puh, schätze, ich sollte mich mit irgendwas ablenken«,
seufzte Lauren.
Die nächsten Stunden las sie
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