Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
»Nein. Sie ist immerhin meine Frau, und ich entscheide, was gemacht wird. Wenn sie
jemand nach Hause bringt, dann ich.«
Rudy verkniff sich eine gepfefferte Entgegnung. Jared
fasste Lauren unter den Achseln und zog sie auf die Füße.
Sie riss sich von ihm los, stapfte nach einem vernichtenden
Blick auf ihn zu Charger und schwang sich in den Sattel.
Kerzengerade und starr wie eine Statue saß sie vor Jared,
der hinter ihr aufsaß. Rudy schaute den beiden kopfschüttelnd nach.
Schweigend ritt das junge Paar zurück zur Ranch. Als sie
in den Hof trabten, sprach Jared als Erster.
»Die Flitterwochen sind vorbei«, meinte er sarkastisch.
»Herzlichen Glückwunsch, Lauren. Du bist die Erste, die es
geschafft hat, sich zwischen meinen Bruder und mich zu
stellen. Bevor du noch mehr Porzellan zerschlägst, möchte
ich von hier verschwinden. Morgen früh reiten wir los. Sorg
dafür, dass du rechtzeitig fertig bist.«
»In Ordnung«, erwiderte sie und glitt zu Boden. Ohne ihn
noch eines Blickes zu würdigen, strebte sie ins Haus.
Nach einem tränenreichen Abschied von den Mendez`
fand Lauren sich schweren Herzens damit ab, dass sie nach
Coronado zurückkehren musste. Ihr grauste vor Olivia, der
Leere und Einsamkeit in dem großen Haus. Der einzige
Lichtblick war die Geburt von Elenas Baby - ein kleines
Mädchen, hatte der strahlende Carlos vor ein paar Tagen
verkündet.
Trotz ihrer unvorhergesehenen Rückkehr stellte Olivia
keine Fragen, vermutlich hatte sie dafür ihre Gründe. Lauren wusste inzwischen, wieso sie die Familie auf der Ranch
nicht ausstehen konnte. Carson Wells erkundigte sich am
ersten Abend höflich, wie es Lauren auf Keypoint gefallen
habe. Inzwischen war er wohl ein regelmäßiger Gast bei
Tisch.
Jared schwieg mürrisch und trank zu viel beim Essen.
Olivia lobte die Vandivers über den grünen Klee, weil sie
sich erfolgreich für den Bau der Eisenbahnlinie nach Coronado eingesetzt hatten. Das Datum für den feierlichen ersten Spatenstich würde in Kürze bekannt gegeben.
»Wenn wir ein bisschen Glück mit dem Wetter und den
Arbeitern haben, wird die Bahnlinie nächstes Jahr um diese
Zeit fertiggestellt sein.«
»Wie schön für dich«, grummelte Jared in sein Glas.
»Ich dachte, das wäre auch in deinem Sinne«, fuhr Olivia
ihn an.
Er schob seinen Stuhl zurück und erhob sich leicht
schwankend. »Ich erzähl dir jetzt mal, was absolut nicht in
meinem Sinne ist. Diese unsäglichen Vandivers haben neulich in Keypoint rumgeschnüffelt. Ich war nicht da, sonst
hätte ich ihnen die Meinung gegeigt. Die sollen sich gefälligst auf das Gebiet beschränken, wo das Kraftwerk gebaut
wird. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?« Eine
dunkle Zornesröte hatte sich seines Gesichts bemächtigt,
seine topasfarbene Iris glühte wie die einer Katze in der
Dunkelheit.
»Ja, Jared. Ich hab ihnen dies ausdrücklich nahegelegt.
Und sie werden sich bestimmt daran halten«, beruhigte Olivia ihn. Ungnädig schnaubend füllte er sein Glas nach und
goss sich Whiskey über seine zittrige Hand.
Das einzig Positive für Lauren war tatsächlich Elenas Baby. Die kleine Isabela wurde ihr vorgestellt, als sie an Elenas wogenden Brüsten trank. Lauren war schockiert über
die Freizügigkeit der jungen Mutter, der das kein bisschen
peinlich schien. Rosa betrachtete das Idyll mit großmütterlichem Stolz. Isabela hatte kohlschwarze Haare, ihre schokoladenbraunen Augen waren von dunklen Wimpern umkränzt.
Rosa, Elena und ihr Baby teilten sich das kleine Zimmer,
das von der Küche abging. Wenn Elena im Haus ihre Arbeit
verrichtete, war Rosa somit gleich zur Stelle, sobald ihre
Enkelin schrie. Man war sehr darauf bedacht, Olivia nicht
zu stören.
Lauren ärgerte sich darüber, dass Carlos von seiner Familie getrennt war. Sie nahm sich fest vor, Jared zu bitten,
Elena und das Kind nach Keypoint zu schicken. Gloria wäre
gewiss froh um eine Haushaltshilfe.
Die junge Frau war erstaunt, wie rasch Elena sich von ihrer Niederkunft erholte. Die Wöchnerinnen in der Pfarrei
hatten tagelang das Bett gehütet, bevor sie sich wieder ihren
häuslichen und gesellschaftlichen Aufgaben widmen konnten.
Umso besorgter war Lauren, als sie eines Nachmittags im
Treppenhaus auf Elena traf. Die Mexikanerin stützte sich
schwer atmend auf das Geländer, unfähig, einen Fuß vor
den anderen zu setzen.
»Elena, was hast du?« Sie eilte dem Mädchen zu Hilfe.
»Ich bin nur müde, das ist alles«, meinte Elena
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