Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
Wetter mitspielte. Die Bewohner von Austin fieberten dem Ereignis geradezu entgegen. Die Musikkapellen probten, die Honoratioren der
Stadt feilten an ihren Reden zum Festauftakt. Man organisierte Spiele, mitten im Park wurde eine Tribüne aufgebaut
und mit Girlanden und bunten Fähnchen geschmückt.
Während Jareds Abwesenheit verbrachte Lauren die meiste Zeit allein. Das Schockerlebnis mit ihm am Thanksgiving-Abend saß tief. Damit hatte er einmal mehr die dunkle
Seite seines Charakters bewiesen. Natürlich war sein angestauter Ärger in erster Linie auf den Besuch der Vandivers
zurückzuführen gewesen. Er hatte seelenruhig mit ansehen
müssen, wie Kurt ihr nachstellte, und sich in seinem ohnmächtigen Zorn hemmungslos betrunken. Es hatte zwangsläufig zum Eklat kommen müssen.
Sie schauderte im Nachhinein bei der Erinnerung an seinen Gesichtsausdruck. Wie er sich über sie gebeugt hatte,
sein Gesicht eine verzerrte Imitation von zärtlicher Hingabe. Er hatte ihr körperlichen Schmerz zufügen wollen, stattdessen jedoch ihre Psyche verletzt. Wenn sie ihn hassen
könnte, wäre vieles einfacher. Aber sie liebte ihn, und deshalb schmerzten seine Demütigungen noch mehr.
Bevor er gegangen war, hatte er sanft ihr Haar gestreichelt, und sie wäre beinahe schwach geworden. Sein leidvoller Blick hatte Reue und Bedauern ausgedrückt. Hatte er
sich entschuldigen wollen? Und, weil sein männlicher Stolz
es verbot, keinen Ton über die Lippen gebracht?
Das Klavier war wohl nur ein unvollkommener Ersatz für
seine Wertschätzung und Zuneigung, dachte sie. Sicher, es
war ein schönes, ein großzügiges Geschenk, trotzdem hätte
sie viel darum gegeben, wenn Jared sich mit ihr versöhnt
hätte.
Irgendwann begriff sie, dass ihr Mann davor zurückscheute, sie um Entschuldigung zu bitten. Damit wäre ihm vermutlich ein Zacken aus der Krone gebrochen. Dafür hatte er
ihr das teure Klavier als Friedensangebot geschickt.
Lauren spielte jeden Tag. Da sie monatelang nicht geübt
hatte, waren ihre Finger anfangs steif und ein bisschen ungelenk auf den Tasten. Nach einer Woche klappte es allerdings schon wieder ziemlich gut.
Eines Nachmittags, beim Klavierspiel, ritt Jared auf Charger in den Hof. Er griff in die Zügel, lauschte der Musik.
Glitt aus dem Sattel und warf Pepe mit einem abwesenden
Nicken die Zügel zu.
Geschmeidig nahm er die Treppe zum Hauptportal. Er
wollte ihr Spiel nicht stören. Zudem plagte ihn ein rabenschwarzes Gewissen. Du lieber Himmel! Immerhin war er
haarscharf an einer Vergewaltigung vorbeigeschrammt! Er
machte sich bittere Vorwürfe, quälte sich mit Selbsthass.
Wie würde sie bei ihrem Wiedersehen reagieren? Wahrscheinlich blitzschnell ihre Röcke raffen und entsetzt flüchten. Er konnte es ihr nicht verübeln.
Von der Eingangshalle aus lief er auf Zehenspitzen in den
Salon, höllisch darauf bedacht, dass seine Sporen nicht klirrten. Lauren gewahrte ihn spontan, als er in die Türöffnung
trat. Dort stand ihr Mann, der Mann, der sie in ihrem
Schlafzimmer bedrängt hatte, schoss es ihr blitzartig durch
den Kopf. Nur dass er an jenem Abend ein arrogantes Ekelpaket gewesen war. Heute sah er aus wie ein schüchterner
kleiner Junge, der etwas ausgefressen hatte. Ihr Herzschlag
beschleunigte sich, ihre skeptische Reserviertheit schmolz
dahin wie Eiskristalle in der Sonne.
»Jared!«, rief sie. Ein Strahlen glitt über ihre Züge. Sie
sprang auf und lief zu ihm. »Danke für das Klavier. Damit
hast du mir eine Riesenfreude gemacht. Tausend Dank.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn sanft auf
beide Wangen. Er war wie vom Donner gerührt über diesen
Empfang. Sprachlos schaute er in ihre strahlenden grauen
Augen. Und las weder Vorwurf noch Ärger oder Skepsis darin. Er war völlig baff.
Ihre Hände ruhten leicht auf seinen Schultern. Er sog ihren vertrauten Duft ein. Ihr Teint schimmerte rosig zart. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, einladend, erwartungsvoll.
Er war überwältigt.
Er drückte sie unsicher an sich, als fürchtete er, sie könnte
sich gegen seine Umarmung sträuben. Und stöhnte erleichtert auf, als sie sich willig an ihn schmiegte. Jared umschlang sie fester, grub sein Gesicht in ihre glänzende
Haarfülle. Er fand ihre Lippen, und sie waren nachgiebig
weich. Mutiger geworden, kitzelte er ihre Unterlippe mit
seiner Zungenspitze.
»Jared«, hauchte sie, ehe sein Zungenspiel jeden weiteren
Laut erstickte. Er küsste sie wild und
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