Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
fasste besitzergreifend ihren
Arm und folgte Kurts stämmiger Statur, als dieser sich den
Weg durch die Menge bahnte. Eine kleine Menschentraube
war um irgendetwas herumgeschart, und als Kurt die Leute
brüsk beiseiteschob, fiel Laurens Blick auf ein Automobil.
Sie hatte in Raleigh schon das eine oder andere Auto gesehen, aber noch keins in Coronado. Die anderen offenbar
auch nicht, denn das Gefährt sorgte für Gesprächsstoff.
»Es ist ein Oldsmobile. Mit einem Benzinmotor«, prahlte
Kurt. »Was halten Sie von einer kleinen Spazierfahrt, Lauren?«
Das Automobil war ein Traum, die Karosserie lackschwarz mit Rot abgesetzt, die Innenpolsterung aus
schwarzem Leder. Die Reifen waren auf roten Speichenrädern aufgezogen. Zwei Messinglaternen flankierten die
Kotflügel, Hupe und Anlasserkurbel waren ebenfalls aus
Messing.
»Ich ... ähm ...«
»Ich bin sicher, Ihr Gatte«, meinte er gedehnt, »hat nichts
dagegen. Oder, Jared?«
Jared war sich gewärtig, dass die Umstehenden jedes Wort
verfolgten. Er grinste breit. »Das wird Lauren bestimmt
großen Spaß machen. Komm, mein Schatz, ich helfe dir.«
Sie sah die verkniffenen Linien um seinen Mund, als er ihr
höflich die Tür aufhielt. Jeder Protest wäre jedoch zwecklos
gewesen.
Kurt stellte sich vor die Motorhaube und betätigte mit einem Riesenbrimborium die Kurbel. Der Wagen sprang mit
einem Mordsgetöse an. Kurt hastete zur Fahrerseite und
quetschte sich neben Lauren auf den Fahrersitz. Unbewusst
zog sie ihren Rock von seinem massigen Schenkel weg. Er
löste die Bremsen, und das Vehikel tuckerte los. Lauren sah
sich skeptisch zu Jared um, der Kurts Rücken mit Blicken
zu durchbohren schien.
Kurt nahm die Straße, die zum Fluss führte, und fuhr eine
Weile am Ufer entlang. Sie überquerten eine schmale Brücke und setzten den Weg auf der anderen Seite fort. Die
Baumreihen zu beiden Seiten des Ufers versperrten den
Festteilnehmern die Sicht auf das schnittige Gefährt. Mit Jared am Steuer hätte ihr die Fahrt sicher Spaß gemacht, aber
bei Kurt fühlte Lauren sich entsetzlich unbehaglich.
»Und? Wie finden Sie es?«, fragte er dicht an ihrem Ohr.
»Oh, es ist durchaus angenehm.«
Sie rutschte noch mehr von ihm weg. Er lenkte den Wagen über die unbefestigte Straße, und Lauren war froh, dass
er nicht weiter versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln.
»Ich würde gern zurückfahren«, äußerte sie. »Jared macht
sich sonst Sorgen.«
Er lachte freudlos. »Mich brauchen Sie wirklich nicht zum
Narren zu halten, Lauren. Ihre so genannte Ehe ist eine
fingierte Geschichte. Sie schlafen in getrennten Schlafzimmern, stimmt`s?«
»Meine Ehe geht Sie absolut nichts an, Mr. Vandiver«,
versetzte sie eisig. Ihre Wangen glühten. Er schenkte ihr einen kurzen, abschätzigen Blick, drehte dann jedoch um und
fuhr zurück, wo die Menge sie schon feixend erwartete. Jared lehnte an einem Baum und rauchte lässig einen Zigarillo. In seinen Augen glitzerte Mordlust.
Kurt schob sich aus dem Automobil. Wollte Lauren beim
Aussteigen helfen. Und vergaß in seiner Hektik, den Motor
auszustellen. Jared näherte sich betont locker dem Gefährt
und sprang auf den freien Fahrersitz.
»Das nennen Sie Autofahren, Vandiver?« Er rammte den
Gang ein. Lauren zuckte erschrocken zusammen, als der
Wagen aufheulte und fast mit Kurt zusammengestoßen wäre, der sich mit einem eher missglückten Hechtsprung in
Sicherheit brachte. Alles ging so schnell, dass er mit verblüfft geöffnetem Mund seinem Oldsmobile hinterherschaute, das mit Karacho davonbrauste. Die Menge lachte
hysterisch und amüsierte sich voll auf seine Kosten.
Jared entpuppte sich als geborener Rennfahrer. Er nahm
Kurven mit halsbrecherischer Geschwindigkeit, umfuhr geschickt jedes Schlagloch. Sie umfuhren mehrmals den Platz,
bis Lauren schwindlig war. Sie klammerte sich an Jareds
Arm, aus Angst, dass sie von ihrem Sitz auf die Stra ße kegeln könnte. Schließlich bog er auf eine der Alleen ein, die
aus dem Stadtkern führte.
Der Wind fuhr ihr ins Gesicht, ihr Hut flog nach hinten,
zog und zerrte an den Haarnadeln, mit denen er befestigt
war. Sie hätte ihn abgenommen, mochte Jared aber nicht
loslassen.
Er lachte ausgelassen, wie ein übermütiger Schuljunge,
der seinem Lehrer einen besonders lustigen Streich gespielt
hat. »Hast du das Gesicht gesehen, Lauren, hmm? Diese
Missgeburt! Dem werde ich zeigen, wie man Auto fährt.«
Der Hut war ihm in den Nacken gerutscht, die blond gesträhnten Haare
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