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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Minuten formierten sich die gesamten Polizeikräfte von Middletown in voller Kampfmontur auf dem Hügelkamm rund um den Clearwater Pool. »Es war wie in einem Western«, erinnert sich Van Zandt. »Ich schaute auf und sah all diese Jungs in ihren Kampfanzügen. Und irgendwann marschierten sie los.« Schlagstöcke schwingend stürmten sie Richtung Bühne, wo Bruce und die Band gerade die ersten Akkorde des letzten Songs für diesen Abend anstimmten: »He’s Guilty«. Ausgerechnet.
    »Woran ich mich erinnere ist, dass Leute unten im Publikum Gras rauchten, und irgendwer versuchte, sie hopszunehmen«, sagt Bruce. »Sie warfen den Cop in den Pool, und damit fing alles an.«
    Bruce und Thompson stimmten gerade die erste Strophe an: »We’re here to try this boy for his crime/Jury all got up in their chairs/He’s guilty! He’s guilty! Send that boy to jail!« »Die Band rockte, was das Zeug hielt, und das Publikum war völlig aus dem Häuschen«, erinnert sich Bill Alexander, der während der Semesterferien bei Steel Mills Stage Crew mithalf. Plötzlich fiel die PA aus: Die Cops hatten den Stecker gezogen und damit den Verstärkern den Saft abgedreht – allerdings auch den Lüftern und Ventilatoren, die die überhitzte Elektronik kühlten. Einer der Techniker schlich mutig um die Beamten herum und steckte den Stecker wieder ein. Mit einem wilden Schrei von Bruce legte die Band sofort wieder los.
    Polizeichef McCarthy raste vor Wut, als er sah, dass die Hippies seinen Männern die Stirn boten und sich seinen Anweisungen widersetzten. Es schien ihm wohl die effektivste Lösung zu sein, gleich die gesamte Truppe zu verhaften. Blitzschnell bekamen die Mitglieder der Stage Crew Handschellen angelegt und wurden ziemlich unsanft in die Mannschaftswagen gepfercht, die mitten auf der Route 36 mit laufenden Motoren bereitstanden. Alexander, dem es irgendwie gelungen war, sich dem Zugriff der zahllosen Arme des Gesetzes zu entziehen, huschte hinter die Bühne, wo er unglücklicherweise mit einem weiteren Cop, der ziemlich geladen war, zusammenstieß. Er packte Alexander beim Schlafittchen und deutete auf die Verstärker.
    »Polizeichef McCarthy will, dass diese Dinger abgestellt werden!«
    »Und wie soll ich das machen?«, blaffte Alexander zurück. »Ihr habt all unsere Techniker verhaftet!«
    »Das interessiert mich einen Scheißdreck!«
    »Mann, sind Sie ein Arsch!«
    Ob das nun eine zutreffende Feststellung war oder nicht, die Reaktion ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten. Im Nu klickten die Handschellen und ein fleischiger Unterarm drückte Alexander gegen die Wand. »Sie sind verhaftet!«, schnauzte ihn der Cop an.
    »Wie lautet die Anklage?«
    Eine lange, schwere Taschenlampe knallte gegen Alexanders Stirn.
    »Da hast du deine Anklage.«
    Auf der Bühne rockten Bruce, Van Zandt, Thompson und Hazlett indessen unverdrossen weiter, bis die Polizei den Saft erneut abdrehte und die Musik damit endgültig zum Schweigen brachte. Was erstaunlicherweise jedoch nicht im Geringsten dazu führte, dass Bruce’ Kontakt zur Menge abriss. Er stand immer noch mitten auf der Bühne, die Arme über den Kopf gereckt, klatschend, und schmetterte: »He’s guilty! He’s guilty! Send that boy to jail!«
    Tom Cohen, Gitarrist in einer anderen von West gemanagten Band, verfolgte das Geschehen aus dem Publikum heraus. »Plötzlich herrschte ein totales Chaos. Wir dachten, die Revolution breche gleich hier und jetzt aus.« Wogegen letztendlich aber vor allem eines sprach: Niemand konnte seinen Blick von Bruce abwenden. »Es gab keine Musik mehr, es gab keinen Strom«, sagt Joe Petillo. »Und trotzdem hatte er immer noch Tausende von Menschen fest im Griff.«
    Von der Bühne aus betrachtet war diese Erkenntnis ebenso aufregend wie beängstigend. »Das war das erste Mal, dass uns bewusst wurde, wie viel Macht die Band über das Publikum hat«, so Thompson. »Da wurden Menschen verletzt, unser Equipment wurde beschädigt. Aber es sah aus, als wären die Zuschauer bereit, alles zu tun, was wir von ihnen verlangten.« Bruce’ Meinung nach taten sie das bereits. »Wir waren junge Rock’n’Roll-Punks«, sagt er. »Es lag zwar alles Mögliche in der Luft, aber wir waren tatsächlich nur an der Musik interessiert … Ich wollte wirklich nur weiterspielen. Was anderes hatte ich gar nicht im Sinn.«
    Anders die Polizei von Middletown. »Die Beamten sprangen auf die Bühne«, erzählt Bruce. »Sie schrien jeden an und fuchtelten mit ihren

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