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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Gitarristen mit geringer Schulbildung, der an einer Haltestelle in Asbury Park ungeduldig auf den Bus wartete, der ihn wieder nach Manhattan bringen würde.
    Während Bruce an der Küste eine ruhige Kugel schob, arbeiteten sich Mike Appel, Jimmy Cretecos und Bob Spitz fieberhaft durch ihre Adressbücher, um unter ihren Freunden und Kollegen jemanden zu finden, der ihnen helfen konnte, Kontakt zu einer Plattenfirma zu knüpfen. Sie telefonierten. Sie raspelten Süßholz. Sie fragten nach, fragten abermals nach, und dann begannen sie förmlich zu betteln. »Jemanden wie ihn haben Sie noch nie gehört«, beteuerte Appel wieder und wieder. »Wenn Sie zu verstockt sind, um ihn sich wenigstens einmal anzuhören, wird Ihnen das noch einmal leidtun.«
    Wochen vergingen. All ihre Bemühungen führten zu nichts. Appel, der sich so leicht nicht unterkriegen ließ und ziemlich forsch war, beschloss, einen kühnen Schritt zu wagen. Wenn die kleinen Fische keine Lust hatten, Bruce eine Chance zu geben, würde er Clive Davis direkt kontaktieren, den Chef von Columbia Records. Als er erfuhr, dass Davis nicht in der Stadt war, versuchte er, sich an den Namen irgendeines hohen Tiers bei Columbia zu erinnern, das die Befugnis haben konnte, selbst einen Vorstellungstermin zu vereinbaren. Und da fiel ihm nur einer ein.
    »Okay«, sagte er, »dann rufen wir eben John Hammond an.«
    Hammond war der Mann, der 1961 Bob Dylan für Columbia unter Vertrag genommen hatte – nachdem er zuvor bereits Billie Holiday, Count Basie, Benny Goodman und Pete Seeger entdeckt und zu Columbia geholt hatte. Er war damals schon eine Legende und galt als echter Visionär in der amerikanischen Musikindustrie. Sein Ruf kam nicht von ungefähr, und man war fraglos gut beraten, ihm mit Respekt und Hochachtung zu begegnen. Das jedenfalls hätten wohl die meisten Menschen gemacht, wenn sie etwas von ihm gewollt hätten. Als Hammonds Sekretärin Mickey Harris, die den Anruf entgegennahm, klar wurde, dass Appel mit Hammond persönlich sprechen wollte, um ihm irgendeinen unbekannten Singer-Songwriter vorzustellen, ließ sie ihn sofort abblitzen. Für so etwas habe Mr. Hammond keine Zeit, erklärte sie. Appel solle ein Demotape schicken, und sie werde ihren Chef davon in Kenntnis setzen, dass er um Prüfung bitte. Vielen Dank für Ihren Anruf, Mr. Hammond wird sich bei Ihnen melden, falls …
    Doch so schnell ließ sich Appel nicht abwimmeln. Er fuhr fort, nun allerdings in einem etwas bestimmteren Ton. War Columbia nicht das Label, das sich der ehrenwerten Aufgabe verschrieben hatte, die allertalentiertesten Musiker unter Vertrag zu nehmen und Karrieren aufzubauen, die Jahre, ja Jahrzehnte Bestand hatten? Falls dem so sei, beginge sie nämlich einen Fehler – einen sehr großen Fehler, um genau zu sein –, wenn sie Bruce Springsteen ihrem Chef vorenthalte.
    »Ich versuche nur, herauszufinden, ob irgendwer bei Ihnen auch nur einen blassen Schimmer von Musik hat«, fauchte Appel in den Hörer. Cretecos und Spitz, die nur wenige Meter entfernt saßen, waren völlig entgeistert. Das war Harakiri. »Wir machten aufgeregt Handzeichen und zischten ihn an: ›Lass das sein, Mann! Lass das verdammt noch mal sein!‹«, erzählt Spitz. Doch Appel war in seinem Furor nicht mehr zu bremsen, und kein Mensch – ganz sicher nicht irgendeine Sekretärin bei einer Plattenfirma – hätte die Macht besessen, ihm Einhalt zu gebieten. Harris entgegnete etwas, doch Appel hatte sie mit seiner verbalen Attacke derart überrumpelt, dass ihr die Lust, sich mit ihm zu streiten, vergangen war. Als Appel den Hörer auflegte, wandte er sich seinen entsetzten Mitstreitern zu, grinste und sagte: »Das mit Hammond geht klar.«
    Cretecos und Spitz starrten einander an. Schließlich fand Cretecos seine Stimme wieder: »Hast du irgendeinen konkreten Termin?« Doch Appel winkte ab. »Sie rufen in zehn Minuten zurück.« Jetzt blickten Cretecos und Spitz noch ungläubiger drein. »Wir dachten: ›Niemals. Eher friert die Hölle ein, als dass irgendwer von dieser Firma in zehn Minuten zurückruft.‹« Doch tatsächlich klingelte fast genau zehn Minuten später das Telefon. Appel schnappte sich den Hörer und kritzelte etwas in seinen Terminkalender. »Es war Mickey, sie rief aus Hammonds Büro an«, sagt Spitz. »Mike hatte seinen Termin.«
    Als Hammond ein, zwei Wochen später wieder ins Büro kam und einen Blick auf seinen Terminkalender warf, stutzte er bei einem Eintrag für den 2. Mai. Mike

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