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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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in die Tasche, um zu zeigen, daß sie leer war. Dann beugte er sich über die zweite. Joscelin stand breitbeinig da; er schenkte der Durchsuchung kaum Beachtung, und auf seinem stolzen, sonnengebräunten Gesicht lag ein hochmütiges Lächeln. Seine Mutter, dachte Cadfael, würde über die Art, wie er die Hemden behandelte, die sie für ihn genäht hatte, wohl harte Worte finden, wenn er nach Hause kam. Wenn er nach Hause kam...
    Und was, wenn man ihn nach Hause gehen ließ? Was hatte dann das Mädchen zu erwarten, das von der Zofe, die offenbar als eine Art Gefängniswärterin diente, weggebracht und irgendwo eingeschlossen worden war? Bei all dem, was hier verhandelt wurde, war sie die abwesende Zeugin. Niemand fragte sie, was sie wußte oder was sie dachte. Sie war kein Mensch, sondern lediglich eine wertvolle Handelsware.
    Aus der zweiten Satteltasche kamen ein kostbares, aber zerknittertes Festtagsgewand, verschiedene Gürtel und Schwertgehenke, ein blauer Umhang mit Kapuze, weitere Hemden, ein Paar Schuhe aus weichem Leder und ein ebenfalls blaues Paar Strümpfe zum Vorschein. Die Mutter, die ihm diese Kleidung genäht hatte, schien gut zu wissen, was ihrem blonden, blauäugigen Jungen stand. Unter den Kleidungsstücken lag ein in dünne, geschnitzte Holzdeckel gebundenes Buch, das Gebetbuch des jungen Mannes.
    Cadfael erinnerte sich, daß er gesagt hatte, er könne lesen.
    Schließlich zog Prior Robert ein kleines Bündel aus feinem Leinen hervor und begann, es auf seiner Hand zu entfalten.
    Verwundert und anerkennend sah er auf.
    »Es ist ein Medaillon aus einer silbernen Jakobsmuschelschale. Der Besitzer muß einmal zum Schrein des heiligen Jakob nach Compostella gepilgert sein.«
    »Mein Vater hat es mir gegeben«, sagte Joscelin.
    »Das wäre alles. Auch diese Tasche ist leer.«
    Mit einem Triumphschrei trat Domville plötzlich vor. »Und was ist das? Da ist noch etwas in den Stoff eingewickelt - ich habe etwas glitzern sehen...« Er zog an dem herabbaumelnden Ende des Tuches und riß es dem Prior fast aus der Hand. Das silberne Medaillon fiel zu Boden, das Tuch entfaltete sich, und etwas glitzerte und fiel, entrollte sich im Fallen wie eine kleine, goldene Schlange - und vor Joscelins Füßen lagen die golden glänzenden Glieder und die mattschimmernden Perlen des Kolliers.
    Er war wie vor den Kopf geschlagen und starrte sprachlos auf das kleine, kostbare Ding, das ihn anklagte. Als er schließlich aufsah und die Blicke der Umstehenden bemerkte - die hämische Freude Domvilles, die grimmige Zufriedenheit des Sheriffs, die Trauer und Resignation des Abtes und die stumme Anklage aller anderen -, da schüttelte er sich und erwachte aus seiner Erstarrung. Laut schrie er, daß nicht er das Kollier gestohlen habe, daß nicht er es gewesen sei, der es in seinen Sachen versteckt habe. Aber er stritt es nur einmal ab, denn er erkannte sogleich, wie schlüssig dieser Beweis erscheinen mußte und wie zwecklos sein Leugnen war. Er dachte daran, den Degen zu ziehen und sich den Weg freizukämpfen, sah aber den strengen, enttäuschten Blick des Abtes und gab diesen Gedanken wieder auf. Nein, nicht hier! Er hatte geschworen, innerhalb dieser Mauern keine Waffe zu gebrauchen. Im Augenblick blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich zu fügen. Draußen vor dem Kloster würde es etwas anderes sein, und je mehr er sie in Sicherheit wiegte, desto weniger Vorsichtsmaßnahmen würden sie treffen. Stumm und widerstandslos ließ er sich von dem Sergeant und seinen Männern festnehmen.
    Sie nahmen ihm sein Schwert und seinen Dolch ab und hielten ihn an beiden Armen fest, aber da sie so zahlreich waren und er nicht an Flucht zu denken schien, machten sie sich nicht die Mühe, ihn zu binden. Domville sah mit einem bösen Lächeln zu, ließ sich jedoch nicht herab, sich zu bücken und das Schmuckstück aufzuheben. Simon ließ die Zügel des Grauschimmels los, eilte herbei und hob das Kollier für seinen Herrn auf. Dabei warf er Joscelin einen unsicheren, ängstlichen Blick zu, sagte aber kein Wort. Die Picards betrachteten das Ganze mit offensichtlicher Genugtuung. Ein Hindernis war aus ihrem Weg geräumt, und zwar - wenn Domville darauf drängte - für immer. Ein solcher Diebstahl, der darüber hinaus auch noch mit einem Treuebruch verbunden war, auch wenn der Dieb zum Zeitpunkt seiner Tat bereits aus den Diensten seines Herrn entlassen war, konnte einen Mann das Leben kosten.
    »Ich verlange, daß er die ganze Strenge des

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