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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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kurzgestutzten Bart unterstrichen die kräftige Form des Kinns. Sein Sohn und Erbe William stand neben ihm, von kräftigem Körperbau und auch sonst seinem Vater ähnlich. Sofern auch der jüngere Sohn Philip anwesend war, mußte er sich unter den Anhängern der Gegenseite befinden. Neben dem Grafen von Gloucester und dessen Sohn erkannte Cadfael Humphrey de Bohun und Roger von Hereford. Darüber hinaus waren die Anwesenden seinen Blicken entzogen, wohl aber hörte er Stimmen und erkannte auch einige davon, die er gelegentlich schon vernommen hatte.
    Bischof de Clinton eröffnete die Sitzung mit einem Willkommensgruß an alle Gäste, die guten Willens waren.
    Wie er zugesagt hatte, sprach er als Herr des Hauses, dem er in seiner Eigenschaft als Abt wie auch als Bischof vorstand, das Verbot aus, im Versammlungssaal und bei Gottesdiensten Waffen zu tragen. Dann übergab er das Wort an Heinrich von Blois, den jüngeren Bruder des Königs und Bischof von Winchester. Die hohe gebieterische Stimme dieses Mannes hatte Cadfael nie zuvor gehört, doch beeinflußten dessen Worte das Leben der Engländer seit Jahren auf geistlicher wie auf weltlicher Ebene.
    Es war nicht das erste Mal, daß Heinrich von Blois versuchte, seinen Bruder Stephen und seine Base an einen Tisch zu bringen, damit sie zu einer beide Seiten zufriedenstellenden Einigung gelangten. Zumindest sollte der kriegerischen Auseinandersetzung Einhalt geboten werden, und sei es um den Preis der Teilung des Königreichs.
    Allerdings mußte man bei einer solchen Lösung weiterhin damit rechnen, daß es hier und da zu Ausbrüchen von Gewalt kam. Bislang war seinen Bemühungen kein Erfolg beschieden gewesen, und was auch immer er sich davon versprechen mochte, er ging diesen erneuten Versuch mit der gewohnten Tatkraft und Zielstrebigkeit an. Seiner Zuhörerschaft malte der Bischof das beklagenswerte Bild eines durch sinnlosen Hader verwüsteten Landes aus, in dem Jahre des Kampfes keiner Seite einen Vorteil verschafft und dem einfachen Volk nichts als schmerzliche Verluste eingetragen hatten. Er machte deutlich, daß keine der Parteien diesen Krieg gewinnen oder verlieren konnte und es daher keine andere Lösung gab, als sich zu einigen. Sein beredter Vortrag war pointiert und knapp.
    Alle hörten ihm zu - das aber hatte man auch früher schon getan. Nur hatte man ihn entweder nicht verstanden oder ihm nicht geglaubt. Jedem war bekannt, daß er bisweilen der eigenen Position unsicher gewesen war und einmal dem einen und dann dem anderen Lager zugeneigt hatte. Jetzt forderte er beide Parteien mit gleichem Nachdruck auf, zur Besinnung zu kommen. Als er mit erhobener Stimme endete, zum Zeichen, daß er auf eine Antwort wartete, trat ein kurzes Schweigen ein, dem sich fast greifbar entnehmen ließ, daß beide Parteien eifersüchtig auf den besseren Ausgangspunkt lauerten. Das verhieß nichts Gutes!
    Schließlich nahm die Kaiserin mit weithin tragender stählern klingender Stimme die Herausforderung an.
    Cadfael überlegte, daß ihr Stephen den Vortritt nicht aus taktischen Erwägungen überlassen hatte, wie man hätte annehmen können, denn der erste, der spricht, wird nur allzu bald vergessen. Sondern es geschah wohl aus seiner unverbesserlichen Ritterlichkeit heraus, mit der er Frauen behandelte, sogar diese. Maud wies, zunächst nicht ohne eine gewisse vorsichtige Zurückhaltung, auf ihr Recht hin, das Wort in dieser und jeder anderen Versammlung zu ergreifen, bei der es um England ging. Sie bemühte sich, nicht alle Trumpfkarten sogleich offen auf den Tisch zu legen und erinnerte die Anwesenden in für ihre Verhältnisse bemerkenswert zurückhaltender Weise daran, auf welch beklagenswerte Art vor Jahren der alte König Heinrich beim Untergang des Weißen Schiffes vor der Hafeneinfahrt von Barfleur in der Normandie den einzigen ihm verbliebenen legitimen Sohn verloren hatte.
    Damals sei sie unbestrittene Erbin seines Königreichs geworden. Diesen Rechtsstatus habe König Heinrich bekräftigt, als er alle hohen Adligen des Landes zusammenrufen ließ, um ihnen seinen Willen darzulegen und ihnen den Treueid auf ihre künftige Monarchin abzunehmen. Diesen hätten sie zwar geleistet, sich aber später geweigert, eine Frau als Herrscherin anzuerkennen und sich dann ohne größeres Zögern auf Stephens Seite geschlagen, als er sich rasch und entschlossen des Thrones und der Krone bemächtigt hatte. Auf dieses kleine Samenkorn der Uneinigkeit gehe der ganze Unfriede und die

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