Bruder Cadfaels Buße
die Bischöfe zugleich erreicht, daß innerhalb dieser Mauern ein gewaltiger Hexenkessel von Haß und Böswilligkeit ins Brodeln geriet und unendliche Möglichkeiten zu künftigem Verrat geschaffen waren.
»Noch mehr Intrigen werden geknüpft, noch mehr Ränke geschmiedet werden, um einen Vorteil zu erlangen«, sagte Hugh bekümmert. »Wenn sich hier zwei insgeheim verabredet hatten, während die hohen Herren der Andacht beiwohnten, haben sie sicherlich Unfrieden im Schilde geführt. Was können wir hier noch tun? Hattest du nicht die Absicht, einen Blick auf de Soulis' Habseligkeiten zu werfen? Laß uns mit dem Bischof sprechen.«
»Alle Habe, die der Getötete mit sich führte«, sagte der Bischof, »befindet sich hier in meiner Obhut, und ich warte darauf, daß mir sein Bruder aus Worcester Anweisungen für die Beisetzung gibt. Ich zweifle nicht daran, daß er dazu befugt ist. Sofern Ihr glaubt, daß uns eine nähere Betrachtung seiner Besitztümer Aufschlüsse über die Umstände seines Todes zu geben vermag, sollten wir uns darum bemühen. Wir dürfen nichts unversucht lassen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Ist es Eure feste Überzeugung, daß der junge Mann, von dem wir zu dem Toten gerufen wurden, die Tat nicht selbst begangen hat?« fügte er besorgt hinzu.
»Nach allem, was ich über ihn weiß«, antwortete Hugh, »ist er zu Trug oder Heimtücke so unfähig wie nur einer. Ihr habt am Tag unserer Ankunft miterlebt, wie er aus dem Sattel gesprungen und stracks von Angesicht zu Angesicht auf seinen Feind zugestürmt ist. Das entspricht seinem Wesen eher. Außerdem trug er keine Waffe bei sich, als de Soulis aufgefunden wurde. Gewiß, Ihr kennt ihn nicht so gut wie Bruder Cadfael und ich - wir aber sind uns seiner völlig sicher.«
»Es kann auf keinen Fall schaden festzustellen«, räumte der Bischof ein, »ob das Gepäck de Soulis' etwas enthält, das ein Licht auf seine Absichten nach seiner Abreise oder auf irgendwelche Pläne wirft, die er hatte.
Vielleicht findet sich ein Brief oder etwas anderes, das uns weiterbringt. Nun denn! Die Satteltaschen befinden sich hier in der Sakristei.«
Darüber hinaus stand noch de Soulis' Pferd im Stall, ein gutes Reittier, das wie alle anderen irdischen Güter dem jüngeren Bruder in Worcester übergeben werden sollte.
Eigenhändig öffnete der Bischof die Riemen der ersten Satteltasche und stellte sie auf eine Bank. »Einer der Brüder hat sie gepackt und aus dem Gästehaus hergebracht. Seht sie Euch an.« Da er für diese Gegenstände verantwortlich war, ging er nicht fort, sondern sah aufmerksam zu, während die beiden Brien de Soulis' Habe untersuchten.
Was da vor ihren Augen auf der Bank ausgebreitet lag, erwies sich als gleichermaßen spartanisch wie geordnet.
Offenkundig war der Tote ein ordentlicher Mensch gewesen, der mit wenig Gepäck reiste. Neben Hemden und Beinkleidern zum Wechseln sowie einer gutbestückten Börse hatte er nur das Wichtigste mit sich geführt, was ein Mann an persönlichen Dingen brauchte. Ein lederner Beutel in der zweiten Satteltasche enthielt in einer mehrfach unterteilten Schachtel Feuerstein, Zunder, Wachs und ein Petschaft. Kein Herr von Stand würde eine längere Reise ohne sein persönliches Siegel antreten. Hugh hielt es auf der flachen Hand, damit der Bischof es begutachten konnte. Das scharf herausgearbeitete Wappen zeigte zwischen zwei Weidenruten einen Schwan mit gebogenem Hals, der den Kopf nach links wandte.
»Sein Wappen«, bestätigte Hugh. »Wir haben es auf der Schnalle seines Schwertgürtels gesehen, als wir den Leichnam hereintrugen. Da war es natürlich erhaben gearbeitet und seitenverkehrt. Das ist alles.«
»Nein«, sagte Cadfael, während er mit den Fingern an den Nähten der leeren Satteltasche entlangtastete, »hier unten befindet sich noch ein kleiner Gegenstand.« Er zog ihn heraus und hielt ihn ins Licht. »Noch ein Petschaft!
Warum sollte ein Mann auf einer Reise zwei davon mit sich führen?«
In der Tat: warum? Wer sich zwei Petschafte anfertigen ließ und beide mitnahm, lief Gefahr, eines davon zu verlieren, wobei es einem Feind oder einem Fälscher in die Hände fallen und auf mancherlei Weise zum Nachteil des Eigentümers mißbraucht werden konnte.
»Es sind verschiedene«, sagte Hugh unvermittelt und trat mit dem Fund ans Fenster, um ihn genauer zu betrachten. »Eine Eidechse - wie ein kleiner Drache - nein, ein Salamander, denn hier sind einzelne züngelnde Flammen.
Die Einfassung ist
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