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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Menschen das Leben in einer unwirtlichen Welt zu bewältigen versuchen.
    Gefangenschaft, Groll und erzwungene Geduld hatten Oliviers gutes Aussehen noch hervorgehoben und vervollkommnet, die kühn vorspringenden Wangenknochen betont und die glatte Haut poliert wie Elfenbein. Sein glänzendes schwarzes Haar legte sich ihm wie zwei liebende, lebendige, aber fremde Hände um seine Schläfen und hohlen Wangen. Tag für Tag hatte Olivier seinen Leib mit dem Wasser gereinigt, das man ihm brachte, stets darauf bedacht, untadelig dazustehen, wann auch immer sein Feind kommen mochte, ihn anzusehen. Sein Bestreben war es, auf keinen Fall nachzugeben, sich nie zu unterwerfen und - vor allem anderen - keine Bitte zu äußern.
    Diese eiserne Entschlossenheit, weder klein beizugeben, noch sich auf irgendeine Weise einer Verunglimpfung zu beugen, ist wohl ein Erbteil seiner syrischen Mutter und der Heimat im Osten, überlegte Philip, während er ihn weiter musterte. Oder hat er es doch von dem walisischen Mönch, den ich nicht mitgebracht habe? Was für ein Paar die beiden gewesen sein müssen, um einen solchen Sohn zu zeugen.
    »Habe ich mich so sehr verändert?« schleuderte der Gefangene Philips unverrückt starrendem Blick entgegen. Als er sich bewegte, klirrte seine Kette leise.
    »In keiner Weise«, gab dieser zur Antwort und trat auf Armeslänge an ihn heran. Olivier hatte schöne elegante Hände, groß und sehnig. Der Mann, dessen Kehle sie mit sicherem Griff gepackt hielten, dürfte es nicht leicht haben, sich daraus zu befreien. Vielleicht wäre für Olivier die Versuchung und Herausforderung noch unwiderstehlicher gewesen, wenn seine Hände auch Ketten getragen hätten. Denn eine um den Hals des Feindes gelegte dünne Kette hätte dessen Leben wohl noch wirksamer erstickt.
    Aber Olivier regte sich nicht. Es war nicht das erste Mal seit der unwiderruflichen Übergabe Faringdons, daß ihn Philip auf diese Weise ergebnislos in Versuchung geführt hatte. Natürlich wäre der Tod des Angreifers die voraussehbare Folge einer solchen Tätlichkeit gewesen, doch ließ sich nicht sagen, ob das der Grund war, der Olivier davon abhielt.
    »Nein, in keiner Weise.« Trotzdem sah ihn Philip mit erneutem und heftigem Interesse an und suchte nach den kaum wahrnehmbaren Merkmalen der beiden so unterschiedlichen Geschöpfe, die diese anmaßende Vortrefflichkeit hervorgebracht hatten. »Oben ist ein Besucher, der eigens um Euretwillen den Weg hierher gemacht hat.
    Von ihm habe ich Dinge über Euch erfahren, die Ihr vermutlich selbst nicht wißt. Es dürfte höchste Zeit sein, daß Ihr Kenntnis davon erhaltet.«
    Olivier erwiderte Philips Blick wortlos und mit feindseliger Miene. Es überraschte ihn nicht, daß jemand versucht hatte, seinen Aufenthalt auszukundschaften. Er kannte seinen Wert, und ihm war klar, daß es Leute geben würde, die bereit waren, ihn auszulösen. Daß es einem der ihm Geneigten gelungen war, ihn durch glücklichen Zufall oder richtiges Vermuten hier aufzuspüren, überraschte ihn schon eher. Sofern tatsächlich Laurence d'Angers jemanden geschickt hatte, der sich nach seinem verschwundenen jungen Ritter erkundigen sollte, war das ein Schuß ins Dunkle gewesen, der nicht unbedingt hatte treffen müssen.
    »Offen gestanden waren sogar zwei hier, denen gleichermaßen an Eurem Wohlergehen lag«, sagte Philip.
    »Einen habe ich mit leeren Händen davongeschickt, aber er hat gedroht, er werde zurückkehren, um Euch mit Waffengewalt zu befreien. Ich habe keinen Grund zu bezweifeln, daß der junge Mann sein Wort halten wird. Es ist Euer Schwager, Yves Hugonin.«
    »Yves war hier?« Olivier erstarrte, Zorn erfaßte ihn.
    »Wie war das möglich? Wie ist er hergekommen?«
    »Als mein Gast. Ich fürchte, meine Einladung war ein wenig grob. Aber keine Sorge, er ist so wohlbehalten davongeritten, wie er gekommen ist, und gewiß bemüht er sich gerade jetzt in Gloucester darum, ein Heer auf die Beine zu stellen, um Euch hier herauszuholen. Eine Weile war ich der Ansicht, daß ich Grund hatte, ihn als meinen Feind zu betrachten«, sagte Philip nachdenklich, »doch hat sich das als Irrtum erwiesen. Aber selbst wenn nicht, wäre es die Sache nicht mehr wert gewesen.«
    »Schwört Ihr, daß er unbeschadet zu seinen Leuten zurückkehren durfte? Nein, ich nehme das zurück«, sagte Olivier entschlossen. »Ich weiß, daß Ihr nicht lügt.«
    »Jedenfalls nicht Euch gegenüber. Er ist gesund und munter und haßt mich um Euretwillen von

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