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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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in Shrewsbury. Und das tut er auch, sogar die Matutin um Mitternachts Überdies wußte er, wo die Kapelle liegen mußte, denn als man ihn aus seinem Verlies geholt und vom Bergfried zum Rittersaal gebracht hatte, war der Kaplan mit dem Meßbuch in der Hand aus einem düsteren Gang aufgetaucht. Irgendwo dort würde Cadfael, so Gott wollte, auch in jener Nacht vor der Schlacht seine einsame Andacht halten. Ausgerechnet in dieser Nacht würde er seine Gebete gewiß nicht vernachlässigen.
    Die Dunkelheit war Yves hochwillkommen, denn trotz seines Umhangs aus schwerem schwarzen Wollstoff, und obwohl er sich so gut wie geräuschlos bewegte, konnte schon ein Zittern der Luft oder ein bloßer Lufthauch sein Herannahen verraten. Der unbewachsene Hang, den er überqueren mußte, schien sich über Meilen zu erstrecken.
    Aber selbst die kahle Hügelfläche wies Bodenwellen auf, flach zwar, doch hinreichend, damit er unbemerkt den Weg von den Bäumen bis zur Ringmauer und zu dem im Schatten liegenden Winkel unter dem Nordturm zurücklegen konnte, wo sich der gewaltige Rebstock emporrankte. Auch eine geringe Vertiefung im Boden vermag angesichts der unterschiedlichen Schwärze des Schattens eine Art Schutz zu gewähren. Könnte er doch den Kopf des Wächters sehen, der die Mauer zwischen den beiden Türmen abschritt! Doch dafür lag sie noch zu weit entfernt. Nach der Hälfte des Weges würde Yves vielleicht hinreichend zwischen dem festen Baukörper und dem Himmel unterscheiden können, und die Umrisse der Türme und Zinnen erkennen, wenn auch keine weiteren Einzelheiten. Vielleicht gelang es dann sogar, den Kopf des Wächters zu sehen, während dieser auf und ab schritt.
    Noch mehr zu erhoffen war nicht klug, denn in dem Fall würde man auch ihn sehen können.
    Er wickelte den Umhang eng um sich und trat aus dem Schutz der Bäume heraus. Von den Burghöfen aufsteigender Fackelschein zeichnete einen kaum wahrnehmbaren Lichtkreis unter die dichte Wolkendecke. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, ging er darauf zu, wobei ihm die Füße, mit denen er den unsichtbaren Erdboden abtastete, wie einem Blinden als Augen dienten. Er achtete darauf, seine Schritte gleichmäßig zu setzen. Da Windstille herrschte, gingen von den Falten seines Umhangs keine verräterischen Geräusche aus.
    Die schwarze Masse, die gegen den Himmel aufragte, rückte näher heran. Yves' Ohren fingen leise Geräusche auf, die aus einem der Burghöfe aufstiegen oder vom Wachwechsel der Wächter auf den Mauern stammten.
    Einmal flammte unvermittelt eine Fackel auf und eine Stimme rief etwas, als jemand auf die Mauer emporstieg.
    Sogleich ließ sich Yves zu Boden gleiten und bedeckte Kopf und Körper mit dem Umhang. Alles um ihn herum war still, nichts rührte sich. Für den Fall, daß die beiden über den Mauerrand hinausspähten, blieb er reglos und ohne einen Laut von sich zu geben liegen, damit sie nicht einmal einen kaum wahrnehmbaren Hinweis erhielten, daß sich ein Lebewesen näherte. Aber der Mann mit der Fackel stieg rasch wieder in den Burghof hinab, und der Augenblick unmittelbarer Gefahr war vorüber.
    Vorsichtig erhob sich Yves, hielt kurz inne, um Atem zu schöpfen und mit den Augen die Umgebung zu prüfen, bevor er seinen Weg geräuschlos fortsetzte. Jetzt war er nahe genug heran, um den Kopf des Wächters zu erkennen, der zwischen den Türmen auf der Mauer patrouillierte, denn Bewegung ermöglicht auch im Dunkeln die Wahrnehmung des Unsichtbaren. Dort im Winkel von Turm und Mauer begann die Brustwehr; Yves hatte sich dessen vor Einbruch der Dunkelheit noch einmal vergewissert und sich vor allem eingeprägt, an welchen Stellen die knorrigen verholzten Triebe des Rebstocks am hölzernen Wehrgang Halt suchten, der von der steinernen Mauerkrone vorsprang. Es müßte möglich sein, von dort aus auf den Wehrgang zu klettern, während ihm der Wächter auf dem Weg zum anderen Turm den Rücken zukehrte. Und danach?
    Yves trug keine Waffen. Schwert und Scheide nützen beim Klettern wenig, und er hatte nicht die Absicht, Philips Wächter anzugreifen. Sein einziger Wunsch war, unentdeckt in die Burg zu gelangen und die Warnung zu überbringen, um deretwillen er gekommen war. Schließlich galt es, auch eine noch so geringe Möglichkeit zu Aussöhnung und Frieden zu nutzen, sofern es nach dem Debakel von Coventry noch eine solche gab. Ob ihm das gelingen würde, mußte er seinem Einfallsreichtum und dem Zufall überlassen.
    Unterdessen strebte der Wächter auf der

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