Bruder Cadfaels Buße
das nicht tun, Kaiserliche Hoheit!« rief er mit einer Stimme, die König Davids gemessene Worte förmlich in Fetzen riß. »Ich habe Euch eine starke Festung angeboten und die Freiheit eines ehrenhaften Kriegers, mit dem Ihr Eure Streitkräfte verstärken könnt - nicht aber die Möglichkeit, einen Mann zu töten, um den Graf Robert bis an sein Lebensende trauern würde.
Nehmt ihn gefangen, aber übergebt ihn dem Grafen, überlaßt ihm zu regeln, was zwischen ihm und seinem Sohn steht. Das wäre gerecht. Was Ihr plant, dürft und könnt Ihr nicht tun!«
Sie war aufgesprungen, wutentbrannt, aber nach außen hin beherrscht. In ihren Augen war Yves' Verhalten nichts als ein belangloses Aufbegehren, das sie leichthin beiseite wischen konnte. Dazu brauchte sie ihn nicht einmal zu vernichten, außerdem war er ihr zur Zeit noch nützlich. Er hatte schon früher beobachten können, wie sie zürnend andere Unglückliche erniedrigte. Jetzt, als das Feuer ihn zu versengen drohte, wich er trotz seines Zorns davor zurück.
»Du sagst mir, was ich tun kann und soll, Knabe? Deine Schuldigkeit ist es, zu gehorchen, und das wirst du tun, oder du findest dich in einem schlimmeren Verlies wieder als zuvor, wo dich schwerere Ketten drücken werden.
Marschall, ruft sogleich Salisbury, Reginald und Redvers zur Beratung und sorgt dafür, daß die Kriegsbaumeister alle Belagerungsmaschinen bereit halten, die sich rasch transportieren lassen. Sie sollen noch vor unserem Aufbruch auf den Weg gebracht werden. Morgen mittag muß die Vorhut unterwegs und die Hauptstreitmacht abmarschbereit sein. Ich gebe nicht eher Ruhe, bis der Verräter hängt, und das muß binnen weniger Tage geschehen.
Sucht Leute, die den Weg nach La Musarderie und die Umgebung von Greenhamsted gut kennen, wir werden sie brauchen.« Mit den Worten: »Und Ihr wartet im Vorzimmer, bis man Euch ruft«, wandte sie sich flammenden Blicks erneut an Yves. »Ihr sagt, Ihr könnt Pläne der Burg zeichnen - beweist es, jetzt gleich. Gebt Euer Bestes!
Sofern Ihr schwache Stellen der Verteidigung kennt, nennt sie. Seid dankbar, daß ich Euch die Freiheit und Eure heile Haut lasse - und merkt Euch, wenn Ihr nicht leistet, was Ihr versprochen habt, werdet Ihr beides verlieren. Jetzt geht - mir aus den Augen!«
11. Kapitel
un blieb nichts übrig, als gute Miene zu den Ereignissen zu machen. Man mußte das Beste aus der Situation herausholen und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln das Schlimmste zu verhindern trachten. Yves' Entschlossenheit, nach La Musarderie zurückzukehren und sich bis an die Grenzen des Möglichen am Kampf um die Befreiung Oliviers zu beteiligen, war unverändert — er würde tun, was in seinen Kräften stand, um den Angriff voranzutreiben. Er verbrachte einige Stunden der Nacht damit, Pläne der Burg zu zeichnen und so gut er konnte abzuschätzen, wie weit sich das gerodete Gelände um sie herum erstreckte. Er berücksichtigte auch die Entfernung, über die hinweg die Belagerungsmaschinen angreifen mußten und bezeichnete die Stelle der Ringmauer, an der sich unter Umständen eine Bresche schlagen ließ, weil man dort seinen Beobachtungen zufolge einen Schaden instandgesetzt hatte. Mochte die Kaiserin die Burg in Besitz nehmen, sobald Olivier aus der Gefangenschaft befreit und in Sicherheit war. Den Burgherrn durfte sie jedoch nicht töten, soweit Yves das verhindern konnte. Wagemutigere als er, wie auch Personen in höheren Positionen, hatten die Entscheidung der Kaiserin in Frage gestellt. Sie aber hatte aufbrausend erklärt, Graf Robert sei durch Philips Verrat ebenso tödlich gekränkt wie sie selbst und werde gewiß nicht zögern, Philips Tod zu billigen. Gleichwohl trieb sie rücksichtslos jeden zur Eile an, damit die Sache in Angriff genommen wurde, bevor ihr Bruder etwas von diesen Plänen erfuhr. Sie hatte keine Angst vor Robert und war auch nicht bereit einzuräumen, daß ihr ohne ihn keine erfolgreiche Unternehmung gelang. Auch war bekannt, daß sie ihn in der Öffentlichkeit gelegentlich ebenso anmaßend und hochfahrend gedemütigt hatte wie andere zuvor. Ihr Ziel war es also offenkundig, Tatsachen zu schaffen, an denen sich nichts mehr ändern ließ, um ihre Überlegenheit mit einer eigenen unverwechselbaren Tat zu bekräftigen, die niemand verhindern durfte: Philip sollte sterben, bevor Robert eingreifen konnte. Gewiß war sie in all den Jahren, in denen sie ihn benutzt hatte und auf ihn angewiesen war, auch eifersüchtig auf ihn gewesen und
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