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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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Gesicht und schrie einen Namen: Ethne!, und er richtete sich auf – und seine Augen waren weit geöffnet.
    Irgendwo in der Ferne hörte er Donner. Der Donner sprach. Er rief seinen Namen. Ein neues Gesicht schob sich zwischen die Phantome seines Traumes. Es wurde größer und verdrängte die anderen. Das Gesicht des Fremden aus der Hochebene. Er sah jede Falte in diesem Gesicht.
    Ein harter Mund, eine Nase gekrümmt wie ein Falkenschnabel, weiße Narben auf weißer Haut, Augen wie Mondsteine, aber heiß und glänzend, das lange, silberne Haar zu einem verschlungenen Stammesknoten aufgesteckt und mit der goldenen Kette eines Kriegers zusammengehalten.
    Hände schüttelten ihn und schlugen ihm ins Gesicht. Der kleine Drache zeterte und flatterte mit den Flügeln. Er war mit einer Leine an das Kopfende der Liege angebunden, sonst hätte er dem Fremden sicher die Augen ausgekratzt.
    Heath holte Atem in einem langen, zitternden Seufzer und sprang.
    Er hätte den Mann umgebracht, der ihn seiner kurzen Zeit des Friedens beraubt hatte. Er versuchte es, während die Schiffer und die Kapitäne und die Steuerleute und die Tanzmädchen zusahen. Aber der Hochländer war ein starker Mann, stärker als Heath selbst in seinen besten Tagen gewesen war. Und bald lag Heath keuchend auf dem Holzgestell, ein kranker Mann, ein Mann, der keine Kraft mehr besaß.
    Der Fremde sprach: »Man sagt, du habest das Mondfeuer gefunden.«
    Heath starrte ihn aus seinen drogenumnebelten Augen an und gab keine Antwort.
    »Man sagt, du seist David Heath, der Erdmensch, der Kapitän der Ethne. «
    Heath gab immer noch keine Antwort. Der rostrote Fackelschein malte tanzende Lichter und Schatten auf seine Haut. Er war immer ein schlanker, drahtiger Mann gewesen. Jetzt war er ausgemergelt; die Knochen in seinem Gesicht traten mit schrecklicher Deutlichkeit unter der gespannten Haut hervor. Sein schwarzes Haar und sein verfilzter Bart waren von weißen Strähnen durchzogen.
    Der Hochländer musterte Heath mit bewußter Verachtung.
    »Ich bin der Meinung, sie lügen.«
    Heath lachte. Es war kein angenehmes Lachen.
    »Nur wenige haben je das Mondfeuer erreicht«, fuhr der Venusier fort. »Das waren die Starken, die Männer ohne Furcht.«
    Nach einer langen Zeit flüsterte Heath: »Sie waren Narren.«
    Er redete nicht mit dem Hochländer. Er hatte ihn vergessen. Sein dunkler Blick war auf etwas gerichtet, das nur er allein sehen konnte.
    »Ihre Schiffe verrotten in den Schilfbänken der Oberen Seen. Die kleinen Drachen nagen an ihren Gebeinen.« Heaths Stimme war langsam, rauh und tonlos. »Jenseits des Meeres der Morgenopale, jenseits der Schilfbänke und der Wächter, durch den Drachenschlund und weiter, immer weiter – ja, ich habe es gesehen, wie es aus den Sümpfen aufstieg, aus dem Ozean-der-nicht-aus-Wasser-ist.«
    Ein Zittern überkam ihn und schüttelte seine mageren Glieder. Er hob den Kopf, als bereite ihm das Atmen Schmerzen, und der lodernde Fackelschein hob sein Gesicht aus dem Schatten hervor. In der riesigen Halle war es totenstill. Kein Laut, kein Rascheln war zu hören.
    »Die Götter wissen, wo sie jetzt sind, die starken, tapferen Männer, die durch das Mondfeuer gingen. Die Götter wissen, was sie jetzt sind. Keine Menschen mehr – wenn sie noch leben.«
    Er senkte den Kopf. »Ich war nur am Rand. Nur im äußeren Bereich.«
    In der völligen Stille hörte man den Hochländer lachen. »Ich glaube, daß du lügst«, sagte er.
    Heath hob nicht einmal den Kopf.
    Der Venusier beugte sich über ihn und rief laut, damit ihn der Erdmensch selbst über die Distanz von Drogen und Wahnsinn hinweg verstehen konnte:
    »Du bist wie die anderen, die wenigen, die zurückgekehrt sind. Doch keiner von ihnen hat länger als eine Jahreszeit weitergelebt. Sie starben oder nahmen sich selbst das Leben. Wie lange hast du überlebt?«
    Er packte Heath an der Schulter und schüttelte ihn grob. »Wie lange hast du gelebt?« schrie er, und der kleine Drache kreischte und zerrte an seiner Leine.
    Heath stöhnte. »Eine Ewigkeit«, flüsterte er. »Durch alle Höllen.«
    »Drei Jahreszeiten«, fuhr der Venusier fort. »Drei Jahreszeiten und einen Teil einer vierten.« Er ließ Heath los und trat zurück. »Du hast das Mondfeuer nie gesehen. Du kanntest den Brauch, du wußtest, wie man mit den Männern umging, die das Tabu brachen, bis sich die Strafe der Götter erfüllte.«
    Ein dumpfes, zorniges Knurren erhob sich im Palast der Tausend Freuden.
    Heats

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