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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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behauenen Stämmen hinab und versank bis an die Knöchel im Schlamm der Straße. Er ging zwischen den Reihen der Häuser aus Schlamm und Schilfgeflecht hindurch, ein gebrochener Mann, der sich allein in der Nacht auf einer fremden Welt seinen Weg suchte.
    Er bog in einen Seitenweg ein, der zum Kai hinabführte. Sein Fuß glitt im tieferen Schlamm am Wegrand aus und er stürzte mit dem Gesicht nach unten. Er versuchte, noch einmal hochzukommen, dann lag er still und sank langsam tiefer in den satten, schwarzen Brei. Der kleine Drache, der auf seiner Schulter ritt, kreischte und kratzte, aber er hörte ihn nicht.
    Er merkte nicht mehr, wie der Mann aus der Hochebene ihn ein paar Sekunden später aus dem Schlamm fischte samt Drachen und ihn hinab zu den dunklen Wassern des Meeres trug.
     

2.
     
    Eine Frauenstimme sagte: »Gib mir den Becher.«
    Heath spürte, wie man seinen Kopf hob, und dann rann der schwarze, belebende Geschmack venusischen Kaffees wie flüssiges Feuer durch seine Kehle. Nachdem der alte Kampf gegen die Angst und Wirklichkeit des Erwachens überstanden war, holte er tief Luft und schlug die Augen auf.
    Er lag in seiner eigenen Koje in seiner eigenen Kabine an Bord der Ethne. Ihm gegenüber saß der hochgewachsene Venusier geduckt unter dem roten Bogen des Oberdecks auf einer geschnitzten Kiste. Neben Heath saß eine Frau und blickte zu ihm herab.
    Es war immer noch Nacht. Der Schlamm, der an ihm klebte, war noch feucht. Sie mußten sich verdammt Mühe gegeben haben, dachte er, ihn wieder zu Bewußtsein zu bringen.
    Der kleine Drache flatterte herbei und ließ sich auf seiner Schulter nieder. Er streichelte seinen schuppigen Nacken und beobachtete seine Besucher.
    Der Mann sagte: »Kannst du jetzt reden?«
    Heath zuckte die Schultern. Seine ganze Aufmerksamkeit galt im Augenblick der Frau. Sie war groß, aber nicht zu groß, jung, aber nicht zu jung. Sie war langbeinig, besaß breite Schultern, und sie bewegte sich auf eine offene, freie Art. Sie trug eine kurze Tunika aus ungefärbter Spinnenseide, deren Schattierung genau mit der ihres weichen, welligen Haares übereinstimmte, das ihr auf den Rücken fiel – ein reines, helles Silber, hier und da von einem metallisch grünen Glitzern durchsetzt.
    Ihr Gesicht war eines, das kein Mann so schnell vergaß. Es war warm und aufgeschlossen für alles, was zu einer Frau gehört – Leidenschaft und Lachen und Zärtlichkeit. Aber etwas war mit ihm geschehen. Irgend etwas hatte ihm einen bitteren, mürrischen Ausdruck gegeben. Doch trotz des Grolls, der darin lag, und der tiefen Verbitterung und der Härte war es irgendwie voll kindlichem Trotz, mit erschrecktem, verlorenem Blick.
    Heath erinnerte sich vage an eine Zeit, in der er versucht hätte, das Rätsel dieses zwiespältigen Gesichts zu lösen. Eine längst vergangene Zeit, bevor Ethne kam.
    »Wer seid ihr, und was wollt ihr von mir?« fragte er sie.
    Er sah dem Mann mit unverhohlenem Haß ins Gesicht. »Hat dir der Spaß, den du in Kalrunas Schenke mit mir gehabt hast, noch nicht gereicht?«
    »Ich mußte sichergehen«, antwortete der Fremde. »Sicher, daß du nicht gelogen hattest – was das Mondfeuer betrifft.«
    Er beugte sich vor, die Augen zu Schlitzen zusammengezogen. Er saß sprungbereit. Sein Rücken war gekrümmt wie ein gespannter Bogen. Im Schein der Hängelampe sah man, wie unter der Haut seines harten, narbigen Gesichts die Muskeln zuckten. Ein Mann, der in Eile ist, dachte Heath, einer, dem die Zeit unter den Nägeln brennt.
    »Und was interessiert das dich?« fragte Heath zurück.
    Es war eine törichte Frage. Heath wußte schon, was kommen mußte. Sein ganzes Innere zog sich in sich selbst zusammen. Er wartete.
    Der Fremde wich einer Antwort aus. Statt dessen sagte er: »Du kennst den Kult, der sich ›Wächter der Mysterien des Mondes‹ nennt?«
    »Der älteste Kult auf der Venus und einer der mächtigsten«, meinte Heath mehr zu sich selbst. »Auch einer der seltsamsten, auf einem Planeten, der gar keinen Mond hat. Das Mondfeuer ist ihr Symbol der Göttlichkeit.«
    Die Frau lachte. »Obwohl«, warf sie ein, »sie es nie gesehen haben.«
    Der Fremde fuhr fort: »Auf der ganzen Venus weiß man von dir, David Heath. Das Wort geht um. Auch die Priester haben von dir gehört – die Kinder des Mondes. Sie haben ein besonderes Interesse an dir.«
    Heath wartete und schwieg.
    »Du gehörst den Göttern für ihre eigene Rache«, erklärte der Fremde. »Aber die Rache ist ausgeblieben.

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