Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
in wenigen Sätzen, zu welchen Schlussfolgerungen Sie in den Staaten gekommen sind. War es Mord?«
    »Ich bin ziemlich sicher, dass es Mord war. Ich kann den Bericht schreiben.«
    »Das brauchen Sie jetzt nicht, das können Sie auch übermorgen oder in drei Tagen noch erledigen. Was für ein Mord?«
    »Vermutlich eher der Mord eines Einzeltäters als des Geheimdienstes der Vereinigten Staaten. Auch wenn die Behörde so überempfindlich reagierte, denke ich, es handelt sich nicht um eine Riesenverschwörung. Ich würde sagen, jemand wusste, dass Cheng zwanzigtausend Dollar in bar besaß. Als Überbrückung in eine neue Existenz. Dieser Jemand wollte das Geld und hat Cheng dafür vom Dach gestoßen. Die Einzelheiten sprechen eine eindeutige Sprache. Allerdings habe ich einen sehr großen Fehler gemacht und …«
    »Keine Diskussion über Fehler. Wir beide fahren jetzt in Ihre Wohnung.«
    »Aber Sie müssen mich nicht …«
    »Doch, mein Junge, das muss ich. Und das will ich auch.«
     
    Vor dem Haus wartete ein Dienstwagen, einer von der dunklen, großen Sorte, die Dehner nicht mochte, weil sie statt des Herstellerzeichens ein WICHTIG! auf der Kühlerhaube zu tragen schienen.
    »Keine Knochenbrüche?«
    »Ein paar angeknackste Rippen. Dieser Zwi, Zwi Goldberg, war ganz fantastisch. So einer von der Sorte, die schon alles in Ordnung gebracht haben, noch ehe du ein Wort gesagt hast. Irre, der Typ.«
    »Wir haben seine Adresse«, sagte Sowinski. »Diese Leute sind das Salz der Erde. Irgendwann, wenn Sie eine Pause machen können, müssen Sie in eine kleine Privatklinik.«
    »Warum denn das?«
    »Rein versicherungsrechtlich, verstehen Sie. Wir sind da sehr genau. Und dann noch einmal zu unseren Psychologen.«
    »Davon habe ich gehört, das nennt man wohl den Reinigungsdienst.«
    Der Fahrer war schnell, gefährlich schnell.
    »Ist es Ihnen gelungen, sich in die Lage des Ermordeten zu versetzen?«
    »Oh ja. Es gab Augenblicke, da habe ich an ihn gedacht wie an einen engen Verwandten, da war fast keine Barriere mehr. Ist das normal in solchen Fällen?«
    »Ja, es kommt vor, und es hilft enorm. Diese Leute, die Sie verprügelt haben und die nach Sissy Pistor fragten, was waren das für Typen?«
    »Schläger«, antwortete er einfach. »Und wer ist diese Sissy Pistor?«
    »Eine Kollegin von Ihnen. Ich erzähle Ihnen die Geschichte, wenn wir aus diesem Schlamassel heraus sind.«
    »Was für ein Schlamassel denn?«, fragte Dehner interessiert.
    »Wir wollen wissen, wer eine Atombombe kauft, wie jeder Dienst. Aber das vergessen Sie bitte schnell wieder.«
    »Natürlich.«
    Es wurde plötzlich laut, weil der Fahrer das Fenster herunterließ, ein Blaulicht nahm, es auf das Dach setzte und ein Horn zuschaltete, ehe er das Fenster wieder schloss. Er erklärte: »Wir haben Staus vor uns.«
    »Schon in Ordnung«, sagte Sowinski und wandte sich wieder Dehner zu. »Wenn Sie in irgendeiner Form Hilfe brauchen, rufen Sie mich einfach an. Und zögern Sie nicht damit.«
    »Ja«, sagte Dehner. »Ich verstehe nicht, warum sie mich nicht angerufen hat.«
    »Kann es nicht sein, dass Sie nicht erreichbar waren?«
    Dehner dachte kurz nach. Ja, das konnte sehr gut sein. Als er zuletzt mit ihr telefoniert hatte, musste es bei ihr Spätnachmittag gewesen sein. Wahrscheinlich also wenige Stunden vor ihrem Tod.
    »Wir müssen da vorn rechts rein«, sagte er.
    Der Fahrer schaltete Blaulicht und Horn aus und brachte den Wagen vor dem Mietshaus, in dem Dehner mit seiner Mutter lebte, zum Stehen.
    »Es dauert eine Weile«, sagte Sowinski zu dem Fahrer.
    Sie fuhren mit dem Aufzug hinauf, Dehner nahm seinen Schlüssel und schloss die Wohnungstür auf. Es roch nicht nach Tod. In der Diele lag ein Zettel für ihn. Werrelmann hatte geschrieben: »Tut mir leid, mein Junge!«
    Dehner ging in das Zimmer seiner Mutter.
    Da lag sie auf ihrem Bett und sah sehr schön aus und sehr ruhig.
    Er ging zu ihrem Bett und sagte mit zittriger Stimme: »Was machst du nur für einen Scheiß? Kaum bin ich weg, machst du Scheiß!« Er beugte sich zu ihr herunter und küsste sie auf die Stirn. Dann trat er drei Schritte zurück und betrachtete sie. »Ich habe sie gar nicht so klein in Erinnerung.«
    »Das ging mir bei meinem Vater genauso«, bemerkte Sowinski leise.
    Er nahm alles wahr, all die kleinen Dinge auf den Regalen, den erstaunlich hohen Stapel an Büchern neben dem Bett auf dem Fußboden, eine Tüte mit Lakritzbonbons, eine Thermoskanne, erschreckend viele Medikamente auf

Weitere Kostenlose Bücher