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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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dann machte er sich aus dem Staub. Seine Mutter zog ihn also allein groß, und vieles spricht dafür, dass sie sich prostituierte, wenn sie nichts zu essen hatten. Angeblich steht er heute noch auf und schlägt zu, wenn jemand darauf zu sprechen kommt, obwohl er bereits an die siebzig ist. Er gründete als junger Mann eine chemische Reinigung, eröffnete dann eine Filiale, dann noch eine Filiale und noch eine und so weiter. Irgendwann besaß er zweihundert chemische Reinigungen und die gesamte Technik dazu. Schließlich verkaufte er das ganze Unternehmen mit erheblichem Gewinn und ging nach Orlando, Florida. Wir haben keine Ahnung, was er in den folgenden sechs Jahren tat. Irgendjemand hat das seine dunkle Phase genannt, und immer wieder taucht der Verdacht auf, dass er in Prostitution investierte. Es konnte ihm allerdings nie etwas nachgewiesen werden. Als er wieder auftauchte, hatte er plötzlich eine Ehefrau, einen Drachen, der eifrig über seine Finanzen wachte. Diese Ehefrau hat er heute noch, und sie hat einen ganz üblen Ruf, weil sie so gnadenlos und hart ist. Marshall stieg irgendwann ins Ölgeschäft ein. Er macht alles langsam, aber gründlich, und was er anfasst, wird zu Gold. Ach so, ja, Kinder haben sie keine. Alle paar Jahre kürt er einen neuen Prinzen, der aber sofort aus dem Haus gejagt wird, wenn er etwas tut, was Mami und Papi nicht behagt.« Esser sah in die Runde, er lächelte. »Und jetzt das, was wahrscheinlich interessanter ist. Er ist der Typ, der sagt, Schwule sind krank. Eine Schwulenehe ist etwas Unvorstellbares. Er hat die Einstellung, dass man diese Pest mit Stumpf und Stiel ausrotten muss. Dass das für Lesben ebenso gilt, ist klar. Seiner Meinung nach ist Gott in Amerika zu Hause, und Amerika sind die Vereinigten Staaten. Wie in der Bibel festgelegt, hat die Arche Noah von jedwedem Getier ein Pärchen überleben lassen und uns zur Pflege übergeben. Die Welt, wie wir sie kennen, besteht seit etwa sechstausend Jahren vor Christi Geburt, Adam und Eva gab es selbstverständlich wirklich, und Darwin war völlig irregeleitet. In seinen Augen hat der amerikanische Präsident nur einen großen Fehler gemacht, nämlich zweihunderttausend GIs zu wenig in den Irak geschickt zu haben.«
    »Hat er auch was Menschliches?«, fragte Sowinski.
    »Hat er. Man sagt ihm nach, dass er jede Frau, die ihm gefällt, zum Beischlaf auffordert, wobei das seine Frau angeblich nicht sonderlich stört. Der Mann hat gelegentlich Asthmaanfälle, die seine Frau Luftschnäppchen nennt.«
    »Und er jagt Krokodile?«, fragte Krause.
    »Richtig. Und zwar nachts. Wir haben den Film hier, er ist ausgesprochen kitschig. Der Mann hockt angeschnallt auf einem erhöhten Sitz in einem Boot mit Elektromotor, legt an, zielt – hat natürlich ein Laserzielgerät – und sagt angesichts der Beute belehrend in die Kamera: Man muss die Zahl der Bestien gering halten! Dann erwähnt er noch, dass sein Gewehr natürlich eine Spezialanfertigung ist und zwanzigtausend Dollar gekostet hat.«
    »Was weiß man über sein Kapital?«, fragte Sowinski.
    »Er wird auf etwa acht Milliarden geschätzt, das schwankt selbstverständlich je nach Betrachter. Er ist ein guter Steuerzahler und hat Einfluss auf das Doppelte. Gemeint ist: Wenn er alles in den Topf wirft, was er bewegen kann, dann dürfte das einer Summe von etwa fünfzehn Milliarden entsprechen, denn wie immer bei solchen Typen verfügt er über Industrieanlagen, Plantagen, Immobilien auf der ganzen Welt. Und angeblich hat er sogar Einfluss bei De Beers, dem Diamantenhaus in Südafrika. Er ist also einer von dieser Sorte US-Amerikaner, die nicht müde werden zu betonen: Alles ist machbar!«
    »Ist er fromm?«, fragte Krause.
    »Kann man so sagen. Er zeigt sich öfter bei Erweckungsgemeinden, die laut jubelnd irgendwelche Bekehrungsfeste für irgendwelche Penner feiern, die dank ihres neu erwachten Glaubens endlich begriffen haben, worauf es ankommt im Leben. Insgesamt ein richtig markiger, amerikanischer Held.«
    »Kommt man an den Mann ran?«, fragte Krause.
    »Kaum, er wird ständig abgeschirmt. Er verkörpert einfach zu viel Macht. Bei Leuten wie ihm verlangen die Versicherungen hordenweise Bodyguards.«
    »Wir brauchen diesen Amerikaner eigentlich auch nicht«, sagte Sowinski. »Wir brauchen Ben Wadi. Wer macht das?«
    »Müller«, bestimmte Krause. »Und ich muss noch bei Wally vorbeischauen, ich hab es ihr versprochen. Wie sieht es mit Dehner aus?«
    »Wieder da«, sagte Sowinski.

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